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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Wilderer.“
    „Wilderer?“
    „50 Millionen Pflanzen pro Jahr: So hoch ist die Nachfrage des Westens nach der Teufelskralle. Da die Bevölkerung in dieser Region bettelarm ist, machen sich die Leute auf die Suche nach wild wachsenden Pflanzen. Sie graben sie aus und verkaufen sie für ein paar Namib-Dollar an Großhändler. Jahr für Jahr exportiert Namibia 1 000 Tonnen getrocknete Teufelskrallen. 80 Prozent davon sind gewildert.“
    Ich betrachtete die kleine rote Blüte. Hübsch sah sie aus, inmitten der grünen Dornenbüsche.
    „Trotzdem ist vieles von dem, was in Deutschland verkauft wird, wertloses Zeugs“, fuhr Haberer fort, „weil es zwei Arten der Teufelskralle gibt: Harpagophytum procumbens und Harpagophytum zeyheri. Diese kann selbst ein Fachmann kaum unterscheiden, geschweige denn der Wilderer. Da es bei zeyheri mit der Heilwirkung nicht weit her ist, sind viele Teufelskrallenpräparate schlicht und einfach wirkungslos. Bei der Kultivierung ist die Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.“
    Ich drückte dem Professor meine Schaufel in die Hand. „Bin überzeugt“, sagte ich. „Anbau ist prima. Blutblasen sind es nicht.“
    Bruno zwinkerte mir zu, ging zum Geländewagen und kehrte mit ein paar Flaschen eiskaltem Bier zurück.
    „Den Inhalt da rein“, sagte er, und deutete auf meine Steakwampe, „die Flasche gegen die Blasen drücken.“
    Ich sag's ja immer: Auf einen gestandenen Rinderzüchter kann man sich in Notsituationen verlassen.

3. Vom Waterberg ins Nyae Nyae Conservancy
    Nach einem weiteren gemütlichen Steakabend am Lagerfeuer standen wir wieder einmal mitten in der Nacht auf, um einen Ballonversuch zu starten. Dieses Mal blies der Wind so stark, dass selbst Rolf die Unmöglichkeit des Unterfangens einsah. Daher befanden wir uns schon kurz nach fünf Uhr auf der Piste. Das war auch gut so, denn die heutige Etappe hatte es in sich. Nachdem Bruno mir am Abend erzählt hatte, dass er seit einiger Zeit ein Teufelskrallen-Projekt mit San-Buschleuten im Grenzgebiet zwischen Namibia und Botsuana unterhielt, warf ich kurzerhand meine Pläne über den Haufen. Was ist schon das Reisen, das Leben, ohne Spontanität?
    Der Lebensraum der San lag nach der Beschreibung von Bruno in der Nähe des Ortes Tsumkwe, den wir lange auf der Karte suchen mussten. 1961 gegründet, lebten dort im Umkreis von 120 Kilometer rund 3 000 San. Genaue Zahlen gibt es nicht. Die San sind sowohl bei der schwarzen wie auch der weißen Bevölkerung unbeliebt. „Khoi San“ bedeutet in der Sprache der Herero „Hundescheiße“, und entsprechend werden die kleinen, friedliebenden Menschen behandelt. Ihr Drama ist eines der Dramen dieser Welt, die uns am Verstand der Menschheit zweifeln lassen. Ich war glücklich bei der Aussicht, eine Zeit lang mit dem ältesten Volk unserer Erde leben zu dürfen.
    Unser Tagesziel hieß Grootfontein, ein Städtchen mit wechselvoller Geschichte. Der Name bedeutet „große Quelle“. Namenspaten waren Buren, die sich auf der Flucht vor den Engländern im Jahr 1884 aufgrund des Wasserreichtums der Gegend hier niederließen. Die Herero nennen die Gegend „Otjiwanda Tjongue“, Leopardenhügel. Und bei den Buschmännern der Khoi San ist der Ort unter dem Namen „Gain!!laub“ bekannt. Das bedeutet „große Schlange“, und bezieht sich auf die Pythonschlangen in den Sümpfen rund um die Quellen. Auch die Deutschen waren da und hinterließen ein paar Namen: Noch heute kann man durch die „Moltkestraße“ und die „Gausstraße“ spazieren, und außerdem die Kanäle besichtigen, die der Militärarzt Dr. Kuhn im Kampf gegen die Malaria anlegen ließ. Dann gibt es noch zwei Bäckereien mit den Namen Jakob und Steinbach, und es gibt das „Kraal Steakhouse“, auf dessen Speisekarte eines zu finden ist: Steaks in allen Variationen. Dort saßen wir, verschwitzt und dreckig, nach 14 Stunden staubiger Fahrt.
    „Tja“, sagte Rolf, „in dem Fall nehm’ ich wohl ein Steak.“
    Ich dachte an Horsts Fleischkur und schüttelte matt den Kopf. In den achtziger Jahren war das modern gewesen, als die Leute alles aßen, was die Brigitte- Diät ihnen vorschrieb: Fleisch, bis es zu den Ohren heraus quoll. Oder Eier, Brot und Schneckennudeln, als Brigitte den rasanten Kurswechsel einleitete. Ich bin eher für die Luft- und Liebe-Kur, doch im „Kraal Steakhouse“ in Grootfontein war die Zeit stehen geblieben. Hier stand man in Nibelungentreue zur Fleischdiät, und als ich schüchtern nach anderen Speisen
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