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Von Menschen und Monstern

Von Menschen und Monstern

Titel: Von Menschen und Monstern
Autoren: William Tenn
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tanzte, sang er:
     
    Ich bin Eric das Auge,
    Eric das offene Auge,
    Eric das elektrische Auge,
    Eric das weiter sehende, klarer sehende,
    weniger zahlende Auge.
    Eric der Sucher.
    Ich will an der Spitze der Krieger marschieren
    und für sie sehen,
    Und sie werden zuversichtlich sein und siegen.
    Denn sie haben Eric den Sucher,
    der sie führt und ihnen den Weg weist.
     
    So sang er, während er unter den Glühlampen der großen Haupthöhle vor der Menschheit tanzte, von seiner Berufung. Er sang und sprang und wirbelte herum, und die geschlossene Schar der Menschheit sah ihm zu, klopfte mit Händen und Füßen den Takt und bildete den Chor zu seiner Litanei des Triumphes.
    Dann stieß Franklin der Vater vieler Diebe ein lautes Knurren aus. Der Lärm erstarb. Zitternd kam Eric zum Stehen. Sein Körper war in Schweiß gebadet.
    »Das alles ist Zukunftsmusik«, mahnte Franklin. »Vorher mußt du noch deinen Raubzug bestehen. Darüber wollen wir jetzt sprechen.«
    »Ich werde in die Höhle der Bestien gehen«, verkündete Eric seinem Häuptling mit stolz zurückgeworfenem Kopf. »Allein werde ich mich in ihre Höhle wagen, nur von meinem Mut und meinen Waffen begleitet, wie es einem Krieger geziemt. Ohne Rücksicht auf die Gefahr werde ich sie bestehlen. Und was ich stehle, werde ich zum Nutzen der Menschheit heimbringen.«
    Franklin nickte und gab die formelle Antwort: »Das ist lobenswert. Was gelobst du, den Bestien zu stehlen? Bei deinem ersten Raubzug mußt du dich im voraus verpflichten und diese Verpflichtung getreulich erfüllen.«
    Jetzt war's soweit. Hilfesuchend schielte Eric zu seinem Onkel. Thomas der Fallensprenger starrte in die entgegengesetzte Richtung. Eric fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Ich gelobe einen Raubzug der dritten Kategorie«, sagte er mit leise bebender Stimme.
    Das Ergebnis übertraf sämtliche Erwartungen. Franklin der Vater vieler Diebe kreischte auf. Er sprang vom Thronhügel und glotzte Eric ungläubig an.
    »Dritte Kategorie hast du gesagt? Die dritte? «
    Eric nickte.
    Franklin wandte sich an die Häuptlingsfrau Ottilie. Beide blinzelten durch die Riegen der Menschheit zu Thomas dem Fallensprenger, der gleichmütig im Kreise seiner Mannen stand.
    »Was soll das, Thomas?« fragte der Häuptling schroff. »Versuchst du, mich hereinzulegen? Was bezweckst du mit dem Blödsinn von der dritten Kategorie?«
    Thomas der Fallensprenger sah ihn sanftmütig an. »Ich? Ich versuche gar nichts. Der Junge hat das Recht, seine Kategorie selbst zu bestimmen. Wenn er sich für die dritte Kategorie entscheidet, ist das seine Sache. Was habe ich damit zu tun?«
    Der Häuptling funkelte ihn böse an. Dann wandte er sich zu Eric um und sagte kurz angebunden: »Schön. Du hast gewählt. Nimm dir die dritte Kategorie. Und jetzt wollen wir feiern.«
    Für Eric war alles verdorben. Wie hatte er sich auf seine Jünglingsweihe gefreut! Jetzt aber war er offenbar in irgendeine gefährliche und unsaubere Bewegung geraten, die innerhalb der Menschheit um sich griff.
    Beim Häuptling war er damit in Ungnade gefallen. Für gewöhnlich drehte sich das Tischgespräch der Menschheit um den Jungkrieger, der sich im ersten Raubzug bewähren sollte. Bei diesem Mahl jedoch beschränkte sich der Häuptling auf die unerläßlichen Worte an einen Jungkrieger. Immer wieder schweiften seine Blicke von Eric zu Thomas dem Fallensprenger.
    Die restliche Menschheit fühlte die gespannte Atmosphäre, und es wollte sich keine rechte Fröhlichkeit einstellen.
    Selbst die Kinder verhielten sich erstaunlich ruhig. Sie bekamen das Essen, über das die Weiber ihre Zauberformeln gesprochen hatten, bedeutend früher als üblich vorgesetzt. Dann krabbelten sie an ihre Plätze und stopften sich voll, ohne die weit aufgerissenen Augen von den Eltern zu wenden.
    Eric war ehrlich erleichtert, als Franklin der Vater vieler Diebe gebieterisch rülpste, sich streckte und auf den Boden der Höhle legte. Innerhalb weniger Minuten war er eingeschlafen und schnarchte laut.
    Die Nacht hatte offiziell begonnen.
     

 
4.
     
    Sobald der Häuptling erwacht war, gähnte und damit das Ende der Schlafenszeit verkündete, brach die Truppe Thomas des Fallensprengers auf.
    Eric, der offiziell nach wie vor der Einzige hieß, trug den kostbaren Lendengurt der Männlichkeit im Tornister, den die Weiber für eine eventuell mehrere Tage dauernde Expedition vorbereitet hatten. Zwar sollten sie vor der nächsten Schlafenszeit zurückkehren, aber wenn
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