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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Kolenda
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Kurt Schöne, der dich
begleitet, der war mir sofort unheimlich. Er hat die Fotos bestimmt an sich genommen
und kann mich nun mein ganzes unglückliches Leben lang damit erpressen. Wären wir
damals zusammengestoßen, dann wären wir jetzt alle drei tot!«
    »Moment,
Wanda, was meinst du damit?«
    »Nichts
Besonderes«, sagte sie. »Nur dass ich in dem Auto saß, das euch beinah frontal gerammt
hat. Ich habe euch wirklich nicht gesehen, ich hatte es schrecklich eilig. Für die
Feier im Museum wollte ich etwas Hübsches und Preiswertes kaufen. Das hatte ich
Roman versprochen. Dabei war es egal, was ich anhatte, Roman hat es sowieso nicht
mehr sehen können, wegen dem tödlichen Unfall. Verflixt, muss ich immer so viel
Pech haben!«
    Einige Minuten
lang hörte ich mir ihr Gejammer ruhig an und zuckte nicht mal mit der Wimper. Dann
stellte ich Edys Kiste auf den Tisch, um sie noch mal zu durchsuchen. Wanda schielte
auch hinein. Mit einem Freudenschrei holte sie die Fotoserie heraus, die ich als
Dokumentation des Abtransports eines Lenin- oder Stalindenkmals identifiziert hatte.
In Wahrheit handelte es also sich um die Verladung der überdimensionalen Papstskulptur
auf einen Kleinlaster.
    »Warum fehlt
der Skulptur der Kopf? Ihr habt sie doch erst später auseinandergesägt«, fragte
ich irritiert.
    »Die Statue
bestand aus zwei Teilen, den Kopf konnte man einfach abnehmen und als Büste hinstellen.«
    »Was machen
wir nun, Wanda?«
    Wir saßen
ratlos da und blickten uns an. Und plötzlich prustete ich los. »Weißt du, Wanda,
eigentlich muss ich dir danken, dass du mich von Jan befreit hast. Mit uns wäre
es nie gut gegangen. Nur Bigos schmeckt nach dem Aufwärmen besser, meine alte Liebe,
fürchte ich, hätte mir den Magen verdorben.«
    Eine herrliche
Erkenntnis, ich atmete tief durch, ich fühlte mich federleicht. Die wertvollen Erinnerungsfotos
schenkte ich Wanda und versprach, keinem auch nur ein Wort davon zu erzählen.
    Wanda küsste
die Bilder, dann zerrte sie an ihrem Handgelenk, um ihre Rolex abzunehmen. »Nimm
die Uhr, bitte. Ich bin dir so dankbar, Valeska. Ich bin so glücklich mit Jan.«
    Nachdem
ich die Uhr und dann auch noch ihre Perlenkette abgelehnt hatte, schlug sie ein
Wochenende in einem Firstclass-Swingingclub vor. Zu dritt. Wir beide und Jan. Das
dürfte ich ihr nicht abschlagen, sonst wäre sie massiv gekränkt. Ich versprach ihr,
zumindest darüber nachzudenken.
     
    Nachdem Wanda gegangen war, rief
ich Jan an. »Ich weiß, was mit deiner Papstskulptur passiert ist.«
    »Tatsächlich.
Du weißt es also. Die schlaue Valeska.« Seine Stimme klang so frostig, dass ich
das Fenster aufriss, um warme Luft ins Zimmer zu lassen. Sonst hätte ich mich noch
erkältet.
    »Also, hör
zu, wenn du die Obstplantage doch noch …«
    »Nein. Der
Obstfliege bin ich nicht gewachsen. Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht
für dich.«
    Er lachte
verächtlich. »Für Jan Linde gibt’s keine schlechten Nachrichten.«
    »Tja, wie
du meinst. Die schlechte Nachricht lautet: Deine Papstskulptur ist unwiederbringlich
verloren gegangen.«
    »Du lügst.
Und die gute Nachricht?«
    »Die gute:
Die Papstskulptur wird hin und wieder in anderen Formen auftauchen. Als Kerzenständer,
Briefbeschwerer, Aschenbecher. Natürlich erst nach dem Einschmelzen.«
    »Woher weiß
du, dass man sie eingeschmolzen hat?«
    »Was sollte
man sonst mit so vielen unförmigen Metallteilen machen?«
    Jan lachte.
Es war kein freudiges Lachen. »Und du weißt auch, wer es war?«
    »Ja, natürlich.
Zwei Wanderdiebe.«
    »Was, wer
waren die Diebe?«
    Fünf Sekunden
lang dachte ich nach, dann sagte ich: »Sie haben Ihre Visitenkarte hinterlassen.
Ich sehe eben in meiner Handtasche nach. Hier ist sie nicht … Da auch nicht. Na,
so ein Pech auch! Ich habe die Karten verlegt.«
    Schweigen
im Hörer, dann lachte er noch grässlicher als vorhin. »Du hast gewonnen. Du wolltest
mich bloß aufziehen, Valeska. Du hast selbst keinen blassen Schimmer.«
    »Doch, die
Personen sind dir gut bekannt.«
    Abrupt hörte
er auf zu lachen. »Du meinst, ich kenne sie?«
    »Ja.«
    »Also, wenn
du mich erpressen willst …«, setzte Jan in einem schroffen, beleidigten Ton hinzu.
    Warum sollte
ich mir das anhören? Ich legte auf.
    Die Operation
›Trüffelschwein‹ war beendet.
     
    Unten im Speiseraum wartete Kurt
auf mich. »Und?«, fragte er. »Hattest du Erfolg?«
    »Mehr als
das! Ich brauche kein Haarspray mehr, damit meine Frisur voluminös ist. Mir stehen
die
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