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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Kolenda
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Haare zu Berge, wenn ich nur daran denke, was ich erfahren habe.«
    Mein Bericht
war lang, ich erzählte alles, na, fast alles. Kurt machte große Augen. »Aber warum
dachten wir beide, dass auf dem Foto Lenin oder Stalin zu sehen ist?«
    »Wegen dem
Ausmaß der Skulptur. Sie war mindestens zwei Meter hoch.«
    »Jan Linde
ist ein sehr gläubiger Mann«, sagte er voller Achtung. »Leider hat er augenblicklich
ein Problem mit seiner neuen Freundin. Du hast ihm den Namen des Diebes sicherlich
nicht vorenthalten, oder?«
    »Doch. Und
du wirst auch darüber schweigen.«
    »Aber wieso?«
    »Mit Herrn
Linde und seinen Geschäften die Ehe einzugehen, wird für Wanda Strafe genug sein.
Was anderes, Kurt: Erinnerst du dich an die Frau, die uns auf dem Weg hierher beinahe
über den Haufen gefahren hat?«
    »Ja, die
alte Bäuerin.«
    »Stimmt,
aber sie war nicht alt und keine Bäuerin, sondern es war Wanda.«
    »Auch das
noch!« Er betupfte mit einem Feuchttuch sein erhitztes Gesicht.
    »Da ist
noch eine Kleinigkeit.«
    »Ja?«
    »Alix war
die Geliebte von Roman Czarnecki.«
    »Nein!«
    »Doch, doch,
glaub mir.«
    »Das heißt,
zwei Stunden nachdem ihr Liebhaber tödlich verunglückt war, machte sie mir Avancen?
Sind alle polnischen Frauen so kaltblütig?«
    »Nicht kaltblütig,
sondern flexibel.«
    »Ich war
für sie nichts weiter als ein billiger Ersatz?«
    »Nimm es
nicht so tragisch, warum gleich billig? Sie hat sich eine fette Finanzspritze von
dir erhofft. Die Restaurierung ihres Schlosses ist noch nicht beendet, sie hat keinen
Cent mehr. Das Schönheitsinstitut ist pleite. Nicolai schaffte es nicht, eine reiche
Ehefrau ins Boot zu holen. Jetzt muss sich die arme Frau erneut auf die Suche machen.«
    Kurt knöpfte
alle Taschen seiner Tropenjacke sorgfältig zu. Einige Minuten ließ er sich dafür
Zeit, dann räusperte er sich. »Dass sich Alix von meinem angeblichen Namen von Schöneberg
am meisten angezogen fühlte, das habe ich überwunden, aber nun das noch.«
    Jetzt war
ich an der Reihe mit tröstenden Worten. »Kurt, vergiss nicht, dass du eine wichtige
Rolle für sie gespielt hast.«
    »Meinst
du wirklich?«
    »Du hast
ihr geholfen, die Trauerzeit zu überstehen.«
    Wortlos
stand er auf und ging mit Ben spazieren. Vermutlich hatte er seinen Glauben an die
besänftigende Wirkung der Natur noch nicht aufgegeben.
    Bei der
Rückkehr am Abend sah er viel besser aus.

16.
     
    Als ich am nächsten Morgen zum Frühstück
hinunterging, war Kurt bereits weg. Die Pensionswirtin sagte, Herr Schöne habe von
einem Antiquitätenhändler einen Anruf bekommen und sich sofort auf den Weg gemacht.
Er sei sehr aufgebracht gewesen. Und sie wisse aus Erfahrung, sagte die Wirtin,
wenn Männer so aussehen, dann würden ganz schlimme Dinge passieren. Sie bot mir
ihren kleinen Lieferwagen an, falls ich ihm nachjagen wollte. Sie wusste nämlich
genau, wohin er wollte, denn er hatte sie nach dem Weg gefragt. Sein Ziel war ein
Hotel, das von einem Privatinvestor aus Schweden gebaut wurde. Derzeit stünden die
Arbeiten still, da die Umweltbehörde Schwierigkeiten mache. Sie hätten sich noch
nicht über die Höhe der Schmiergelder geeinigt, vermutete die Wirtin und beschrieb
mir den Weg.
    An Gefahren
hatte ich mich inzwischen gewöhnt, ich stieg in ihren klapprigen Transporter und
fuhr los.
    Nach einer
Stunde erreichte ich eine weitläufig angelegte Baustelle, die einsam in der Landschaft
an einer befahrenen Straße lag. Ein zerbeulter Audi stand vor einem geschlossenen
Tor, ich parkte daneben. Eine Weile brauchte ich, um meinen Puls auf ein niedriges
Level zu bringen. Der Tag war verdammt heiß, und das Bremspedal im Lieferwagen hatte
während der Fahrt nicht immer funktioniert. Dann stieg ich aus. Weit und breit war
kein Mensch zu sehen. Eine unbewachte Baustelle? Oder hatte man alles, was nicht
niet- und nagelfest war, bereits weggetragen? Für mich galt: Hauptsache unauffällig
bleiben. Wie eine harmlose Spaziergängerin bückte ich mich nach einer Kuhblume,
dann pflückte ich noch eine Margerite. Ich bewegte mich an dem Zaun entlang, der
das Gelände umschloss. Mit einem dicken Blumenstrauß in der Hand kam ich am hinteren
Teil der Baustelle an. Ich war nun so weit von der Straße entfernt, dass die Autos
kaum zu hören waren, und vernahm plötzlich Stimmen. Sie drangen aus einem Wohnwagen
auf dem Baustellengelände. Aha, jetzt höchste Aufmerksamkeit. Ein paar vorsichtige
Schritte und ich fand ein Loch im Zaun, bückte mich und quetschte
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