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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Kolenda
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Stadtrand
ersteigert, um dort irgendwelchen stinkenden Müll zu deponieren. Direkt daneben
liegt das Hotel des besagten Neffen. Aber ich erzähle Ihnen schon zu viel.«
    »Nein, ich
danke Ihnen, Inspektor.«
     
    Schnell legte ich auf, meine Hände
waren feucht vor Aufregung. Dass ich mit einem Lügner und Betrüger eine Beziehung
gehabt hatte, konnte ich gerade noch verkraften. Aber mit einem Mörder: nein!
     
    Am Nachmittag saßen wir am Gartentisch
vor der Pension.
    Kurt lehnte
sich zurück und zupfte den Kragen seines Tropenhemdes zurecht. »Du warst sehr mutig,
Valeska.«
    »Danke.
Du hast auch sehr klug gehandelt.«
    »Ja, finde
ich auch.«
    Es wehte
ein sanfter Wind, die Luft roch angenehm nach Heu, schweigend schauten wir zur Bergkette.
    »Frisches
Bier«, ertönte die Stimme der Pensionswirtin.
    »Frischer
Kuchen«, stimmte eine Männerstimme ein. Herr Kochmann, der Exmann, erschien mit
einem Tablett. Es war endlich mal was anderes zu essen, ein Pflaumenkuchen, gebacken
von einem gelernten Bäcker.
    »Ja, die
Liebe« sagte ich. »Schlimmer als Windpocken. Kommt überraschend, blüht auf und danach
kannst du an nichts anderes mehr denken. Insbesondere, wenn du dein vernarbtes Gesicht
im Spiegel erblickst.«
    »Sie sind
so romantisch, Frau Lem«, seufzte die Pensionswirtin. »Hätte ich nicht vermutet.«
    Ihr Exgatte
schlug mit der Hand auf den Tisch, dass die Gläser klirrten. »Alle Frauen sind romantisch
und schwach.«
    Um seine
Exfrau war es nun geschehen. Ihr kräftig geschminktes Gesicht zeigte keine Regung,
die dicke Abdeckschicht machte es unmöglich, aber ihre Augen sprachen Bände. Verliebt
blickte sie zu ihm auf und flüsterte: »Das Zimmer oben. Habe ich dir die Zimmerdecke
gezeigt? Nein? Die ist ganz hübsch. Aus Lindenholz.«
    Der Mann,
der kein Versager mehr war, sondern ›ein kühner Mörder, den man keiner Tat überführen
konnte‹, brummte: »Aus Lindenholz? Das glaube ich nicht. Komm, Frau, wir gehen ins
Haus. Das müssen wir untersuchen.«
    Sie ging
kichernd voraus, er folgte ihr.
    »Wie schafft
er das bloß?«, fragte Kurt. »Der Mann hat doch die Hände eines Pianisten.«
    »Ich war
es«, gestand ich bescheiden. »Ich habe ihm beigebracht, wie man auf den Tisch haut,
ohne sich die Handknöchel zu brechen.«
    Ben schlenderte
auf mich zu, legte seinen Kopf auf meine Knie und fixierte mit dem linken Auge den
Kuchen auf meinem Teller.
    »Das tut
man nicht«, sagte Kurt.
    »Was?«
    »Den Hund
mit Kuchen am Tisch füttern.«
    Die Ratschläge
anderer Menschen nahm ich ernst, also stellte ich meinen Teller auf den Rasen und
lehnte mich in meinen Sessel zurück. So konnte ich nicht sehen, was mit dem Kuchen
passierte.
    »Hallo!«,
ertönte es von der Gartenpforte. Inspektor Kowalski schritt auf uns zu mit einem
dicken Ordner unterm Arm. »Ich habe einige Fragen. An Herrn Schöne.«
    Kurt streckte
sich. »Aber selbstverständlich, Herr Kowalski. Fragen Sie nur.«
    »Sie machen
es mir wirklich nicht leicht. Ein Unbekannter hat gegen Sie Anzeige erstattet. Sie
sollen eine Heiligenfigur aus einer Kirche entwendet haben. Es ist nicht zu fassen.«
Der Inspektor ließ sich mit einem Seufzer in einen der Gartensessel nieder. »Ein
deutscher Bürger kommt nach Polen, um Dorfkirchen zu plündern. Wo haben Sie Ihr
Diebesgut versteckt? In Ihrem großen Auto?«
    »Inspektor
Kowalski«, sagte ich erbost. »Was soll das? Haben Sie etwa die Aktenordner verwechselt?«
    »Herr Schöne
weiß genau, wovon ich rede.«
    Kurt stand
auf.
    Inspektor
Kowalski sprang auf die Füße. »Eine Flucht ist zwecklos.«
    »Folgen
Sie mir bitte ins Haus, Herr Inspektor.«
    Bevor ich
einen klaren Gedanken fassen konnte, kamen sie zurück. Inspektor Kowalski trug eine
große, unförmige Tasche unterm Arm. »Da haben wir sie.« Er holte eine Holzfigur
aus der Tasche und legte sie behutsam auf den Tisch. »Der heilige Franziskus, vor
zwei Wochen gestohlen. Für Ihr Wohnzimmer, Herr Schöne?«
    »Ich habe
ihn gerettet! In letzter Minute.«
    »Gerettet?
Wovor?«
    »Vor einer
Reise nach Italien, Russland oder Amerika, Käufer für geklaute Antiquitäten gibt’s
überall.«
    »Ja, recht
interessant. Ein Deutscher, und so fantasievoll. Wirklich erstaunlich. Fahren Sie
fort.«
    »Also«,
Kurt räusperte sich, »den Dieb, der die Figur aus der Kirche entwendet hat, konnte
ich nicht stellen, aber den Hehler habe ich aufgespürt. Zusammen mit Frau Lem.«
    »Aha, so
drehen wir die Sache um.« Der Inspektor kratzte sich am Kopf. »Obwohl,
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