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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)
Autoren: Maria Kolenda
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ich alles tragen kann. Hauptsache teuer. Wissen
Sie, was das Kleid gekostet hat?«
    Dabei sah
sie mich so freudig an, dass ich nachfragte. Nachdem sie den Preis genannt hatte,
pfiff ich anerkennend und sagte, das Geld würde mir zumindest für ein halbes Jahr
meinen Vermieter vom Leibe halten.
    Mit Sorge
betrachtete sie nun das Kleid. »Finden Sie es so hässlich? Oder zu groß für mich?«
    »Oh nein.
Das Kleid ist gerade richtig. Ganz locker geschnitten, da passt noch einiges rein.
Sie werden an Ihren Aufgaben noch wachsen. Wenigstens bis zum neunten Monat.«
    Sie kräuselte
ihre kleine Nase. »Das hat sich erledigt, ich bin nicht schwanger, ich dachte, ich
wäre es. Zum Glück hat Jan gesagt, dass ihm das nichts ausmacht. Er liebt mich eben.«
    »Ich gratuliere,
Wanda. So was passiert nicht jeden Tag.«
    Etwas an
meiner Stimme musste ihr verdächtig vorgekommen sein, denn sie zog eine traurige
Grimasse. »Oje. Sie sind sauer, dass ich gewonnen habe.«
    »Von einem
Wettbewerb wusste ich gar nichts. Sonst hätte ich eine Dopingkontrolle verlangt.«
    »Nein, nein,
bitte. Ich nehme nichts mehr, seitdem … Nur ab und zu ein Gläschen, aber jetzt auch
nicht mehr. Ganz ehrlich, Frau Lem. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen alles erzählen.«
    »Ich höre.«
    »Ich heiße
Wanda Czarnecka, geboren …«
    »Nein, warum
sind Sie zu mir gekommen?«
    Sie sagte,
sie habe sich bei Herrn Schöne unter falschem Namen angekündigt, sonst hätte ich
sie bestimmt zum Teufel gejagt, nach all dem, was passiert war. Sie habe die Anzeige
gelesen und gedacht, es sei eine gute Gelegenheit, um mich besser kennenzulernen.
Der Spruch ›Carpe diem‹ habe ihr so gut gefallen, sie hoffe, ich werde ihr noch
mehr in dieser Richtung erzählen.
    Menschen,
die meine Klugheit schätzen, erscheinen mir immer sofort sympathisch. Ich versicherte
Wanda, dass ich froh sei, mit Jan nicht ernsthaft angebändelt zu haben.
    Daraufhin
bot sie mir das Du an. Sie habe sofort gewusst, wir würden uns mögen. Wie Schwestern.
Wir seien uns ähnlich, wie zwei Erythrozyten. Das sah ich zwar etwas anders, aber
ich bin ja eine umgängliche Person, und gegen einen Bruderschaftsdrink hatte ich
noch nie etwas einzuwenden. Ich öffnete zwei Flaschen Bier. Meine neue Freundin
Wanda trank glucksend aus ihrer Flasche, lehnte sich entspannt in ihrem Stuhl zurück
und lächelte selig. Zum wiederholten Mal erzählte sie, wie glücklich sie nun sei.
Mit Jan. Langsam hing mir ihre Glückseligkeit zum Halse heraus.
    Angriffslustig
stellte ich fest: »Die Umstellung von einer trauernden Witwe auf eine reiche, frisch
verliebte Erbin ist beneidenswert glatt und schnell verlaufen, Wanda.«
    Eine Weile
seufzte sie gefühlvoll. »Natürlich war ich mit Roman auch sehr glücklich. Besonders
am Hochzeitstag. Alle waren neidisch auf mich. Für seine Bürgermeisterwahl haben
wir viele Fotos gemacht. Eine Woche später war allerdings schon Schluss mit lustig.
Getrennte Kassen, getrennte Schlafzimmer. Wir lebten wie Charles und Diana, die
von England. Ich war die Gattin, aber geschlafen hat er mit anderen Frauen.«
    »Was? Dein
Ehemann hatte die ganze Zeit eine Geliebte?«
    »Nicht nur
eine.«
    »Hast du
sie alle gekannt?«
    »Also, Valeska,
ich habe ein gutes Gedächtnis, aber so viele Namen kann ich mir wirklich nicht merken.
Roman war ständig unterwegs. Alleine oder in Begleitung. Manchmal mit Alix Robotka.
Sie haben sich sogar bei uns zu Hause getroffen.«
    »Nein! Alix?«
    »Oh doch!«
    »Hast du
sie in flagranti erwischt?«
    »Ja, in
flagranti, das klingt so schön. In flagranti«, wiederholte sie begeistert. »Leider
nicht. Jetzt ist es zu spät dafür. Alix schleicht bis heute um mein Haus. Eines
Tages werde ich sie abfangen, und dann reden wir. Worüber? Egal, eine Frage wird
mir noch einfallen. Beinahe hätte ich sie erwischt, als sie Rosen aus meinem Garten
klauen wollte. Dummerweise bin ich an dem Tag in Eile gewesen, ich musste sofort
weg, ich war mit Edy verabredet.«
    »Du warst
bei ihm? Wann?«
    »Na, wann?«
Sie tippte mit dem Finger an ihre Stirn. Die grauen Zellen ließen sich damit allerdings
nicht sofort aktivieren. »Wann? Wann war das, zum Henker! Das war so ein heißer
Tag.«
    »Dieser
Monat?«
    »Vorletzte
Woche war das!«
    »Bist du
ganz sicher?«
    »Aber ja,
klar. Zuerst habe ich dich gesehen, Valeska. Du bist ins Haus gegangen. Dann habe
ich mich hinter einem Baum versteckt und gewartet, dass du endlich rauskommst. Du
bist aber ganz lange im Haus geblieben. Kein
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