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Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung

Titel: Vollstreckung - Sturm, A: Vollstreckung
Autoren: Andreas M. Sturm
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Nach einer kurzen Untersuchung meinte er: »Ungefähr seit einer Stunde tot, länger auf keinen Fall. Der Todeskampf war auch nicht lang, sonst hätte er mit seinen Schuhen oder Händen Spuren im Staub hinterlassen. Das ist bei dieser Wunde auch nicht verwunderlich. Scheinbar hat jemand mit einem spitzen Gegenstand sein Rückenmark durchtrennt, sein Licht wurde innerhalb ganz kurzer Zeit ausgeknipst. Genaues kann ich erst nach der Untersuchung sagen, mein detaillierter Bericht liegt morgen Mittag vor.«
    »Wieso erst mittags«, wunderte sich Karin, »es ist gerade 13 Uhr.«
    »Weil ich heute Abend eine Verabredung mit einer sehr hübschen Blondine habe und es hoffentlich sehr spät wird. Da schlafe ich morgen etwas länger.«
    Karin winkte ab: »Also dann eben morgen Mittag« und rief dem davoneilenden Doktor noch schnell »Tschüss« hinterher.
    »Der ist aber süß«, meinte Sandra, »aber schon vergeben und außerdem zu jung für mich.«
    »Wenn du den möchtest, ziehe eine Nummer, der Doktor ist nicht vergeben, er sammelt Eroberungen. Und wieso zu jung? Ihr müsstet im selben Alter sein, er ist dreißig.«
    »Hm. Rehaugen! Dreißig Jahre! Ich wusste, dass ich dich lieben würde. Leider ist mein dreißigster Geburtstag schon vier Jahre Geschichte.«
    »Da hast du dich gut gehalten.«
    »Das liegt daran, dass ich keine grauen Haare habe und mir keinen Bart stehen lasse.«
    Karin lächelte kurz, während sie sich Latexhandschuhe überzog: »Okay. Zurück zur Tagesordnung, ich schlage vor, du filzt den Golf und ich sehe mir das Opfer an.«
    Diesen Teil ihres Jobs mochte Karin ganz und gar nicht, immer wenn sie einen toten Menschen durchsuchte, kam sie sich wie eine Leichenfledderin vor. Sie wusste, dass dieses Gefühl Quatsch war – die Arbeit war wichtig und musste getan werden – aber dennoch konnte sie es nie ganz abschütteln. Das wenige Blut, das aus der Nackenwunde gesickert war, hatte sich mit dem Wasser, welches aus der Waschhalle kam, vermischt. Dann war die hellrote Flüssigkeit in die Schleuse, neben welcher der Kopf des Toten lag, geflossen.
    Gründlich inspizierte Karin alle Taschen des Opfers. Die Kleidungsstücke waren alle feucht geworden. Ein Taschentuch, das er in seiner Hosentasche hatte, ließ sie für die KTU dort stecken. Die Brieftasche und den Schlüsselbund nahm sie an sich. Als sie die Untersuchung der Kleider des Toten abgeschlossen hatte, setzte sie sich ohne Umstände auf das Gras neben der Waschbox und studierte den Inhalt der Brieftasche. Danach gönnte sie sich einen kurzen Moment, um mit geschlossenen Augen ihr Gesicht von der Sonne bescheinen zu lassen. Mit Mühe riss sie sich nach fünf Minuten von der angenehmen Wärme los und ging zu Sandra. Sie schaute in das offene Beifahrerfenster des Golfs und bemerkte erfreut, dass auch Sandra bei der Arbeit Handschuhe trug. Aber wenn es nötig gewesen wäre, die Arbeit ihrer neuen Partnerin zu beaufsichtigen, dann hätte Haupt ihr ein Zeichen gegeben. In dieser Beziehung war auf ihren Chef Verlass.
    »Also, ich fange an«, sagte Karin. »Es handelt sich um einen Joachim Lehmann, geboren 1966. Ein Raubmord war es mit Sicherheit nicht, es sei denn, der Täter ist gestört worden. In der Brieftasche des Opfers befinden sich etwas über 230 Euro, Fahrerlaubnis und Visitenkarten. Sonst enthält sie allerdings nichts. Was ich komisch finde, denn wenn ich an mein Portemonnaie denke, da sammelt sich doch ganz schön was an. Zudem habe ich noch ein Taschentuch und einen Schlüsselbund gefunden. Wenn wir hier fertig sind, fahren wir zu der Adresse, die auf den Visitenkarten steht, und probieren die Schlüssel.«
    Sandra, die ebenfalls die Untersuchung abgeschlossen hatte, krabbelte vom Fußraum vor den Rücksitzen hoch, schnaufte und fasste ihre Untersuchungsergebnisse zusammen: »Der Wageninhalt ist total unpersönlich. Im Kofferraum und den Türfächern nur das Übliche: Warndreieck, Scheibenkratzer, Verbandskasten. Diese Sachen sehen neu und unbenutzt aus. Der einzige persönliche Gegenstand ist diese Pistole, eine
Sig Sauer
, neun Millimeter. Wenn er die zur Selbstverteidigung hatte, war der Nutzen sehr begrenzt.«
    Karin drehte eine Runde um den Golf, wobei sie ihn kritisch musterte. »Ist dir der Widerspruch zwischen der Kleidung des Opfers und seinem Auto aufgefallen?«, fragte Karin, um ihre Frage gleich selbst zu beantworten: »Seine Schuhe sind Marke
Allen Edmonds
, die Lederjacke sieht ebenfalls sauteuer aus, von der
Longines
am
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