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Vollmondstrand

Vollmondstrand

Titel: Vollmondstrand
Autoren: Petra M Klikovits
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bedeuten?
    »Bitte, ich heiße jetzt Valeria Knoll und bin Lebenstrainerin, aber, ja, Rosa, wir kennen uns von früher.«
    »Ich habe mir gleich gedacht, die Stimme kenne ich doch! Wie geht’s dir denn?« Rosa klang jetzt definitiv verwundert.
    »Du, ich hab so urviel zu tun, alle wollen contracten.«
    »Aha, und was ist mit deinem Kosmetiksalon? Da hattest du doch interessante Angebote wie ›Schlaf dich schlank‹ …, ›Knackfrisch mit 50‹ …, ›Traumschön über Nacht‹, die würden langsam interessant werden.«
    »Das ist lange vorbei! Weißt du, das Coachen ist jetzt echt meins. Das mache ich zusammen mit meiner Schwiegermutter.« Die Stimme am Telefon geriet geradezu ins Singen.
    »Verstehst du dich jetzt mit ihr?« Rosas Stimme blieb in der Zwischenzeit am Boden. Eine musste das ja tun.
    »Wir sind die besten Freundinnen! Wir haben eine Praxis im Ersten.«
    »Ach, wo?«
    »Gleich über dem Donaukanal!«
    Rosa hielt kurz inne. »Du meinst, im Zweiten?«
    »Das klingt halt nicht so gut, es ist ja – quasi in der Innenstadt, deshalb nennen wir das so!«
    »Aha.«
    »Und du, hast du noch deine Praxis?« Knolli drang zum Grund ihres Anrufs vor.
    »Ja, genau.«
    »Und wie läuft’s so?«
    »Gut.«
    »Woher kommen die Leute, wer schickt sie dir?«
    »Das geht mittlerweile über Mundpropaganda. In 17 Jahren spricht es sich herum, wenn es jemandem etwas gebracht hat.«
    »Dann könntest du mir vielleicht mal jemanden schicken?«
    Na, hoffentlich macht sie keine Rückführungen, dachte Rosa, als sie nach dem Telefonat Tee aufsetzte. Die landen sonst völlig verstört bei mir. So wie einst diese Klientin, die nicht abzubringen war von ihrem Wunsch, zu erfahren, warum sie so gerne Popcorn aß.
    Eine Frau mittleren Alters war ihr damals gegenübergesessen, adrett gekleidet und auf den ersten Blick unscheinbar. Nach der Rückführung war sie erneut in die Praxis gekommen. Unruhig war sie inzwischen geworden und die Haare klebten in feuchten Strähnen am Kopf. Während ihrer Erzählung war sie Rosas Blick ausgewichen.
    »Also, ich weiß es jetzt! Ich bin in meinem früheren Leben ausgewandert nach Amerika; 1932 mit dem Schiff von Hamburg aus. Auf der Bahnfahrt dorthin haben sie mir mein Portemonnaie gestohlen. Na, was glauben Sie, ich bin auf der Reeperbahn gelandet, um das Geld für die Überfahrt zu verdienen. Ich sag’s Ihnen, das alles zu spüren in der Rückführung, wie die betrunkenen Matrosen über mich hergefallen sind, pfui, das war wirklich schrecklich! Als ich endlich alles für die unterste Schiffsetage zusammenhatte, war ich froh, dort wegzukommen. Nur, ich war schwanger, das habe ich aber erst am Schiff bemerkt. Was soll ich Ihnen sagen? Das Schiff hat die ganze Zeit geschaukelt, mir war die ganze Zeit zum Speiben. Der einzige Lichtblick, als ich in New York an Land gegangen bin, waren ein paar Körndln Popcorn, die mir jemand aus Mitleid in die Hand gedrückt hat. Und wenig später bin ich bei der Geburt von Zwillingen gestorben. Das alles zu spüren, ich sag’s Ihnen! Seither mach ich nachts kein Auge mehr zu.«
    Sie hatte während ihrer Erzählung unablässig an den Augen gewischt, sodass diese hummerrot zu leuchten begonnen hatten.
    »Und, war’s das wert? Ich meine, gekommen sind Sie ja, um sich das Rauchen abzugewöhnen …«, hatte Rosa damals vorsichtig nachgehakt.
    »Ja, aber wenigstens weiß ich jetzt, warum ich nur Popcorn mag und keine Chips!«

5
    Rosa beschloss, den Abend nicht allein zu verbringen. ›Nach dem ewigen Kümmern um andere hab ich schließlich ein bisschen Spaß verdient‹, war ihr Motto. Sie startete den Wagen und fuhr los. Da erklang ein rhythmisches Piepen.
    ›Er meldet sich nicht! Ich halt das nicht aus!‹, las Rosa auf dem Display ihres Handys, als sie den Weg zum Club einschlug.
    »Anastasia, oh Gott«, entschlüpfte es ihr. Nicht jetzt! Es ist doch schon alles gesagt. Alles, was sie zu hören bereit war.
    Sie lenkte ihren Mini schärfer um die Kurve, als sie vorgehabt hatte. Das kleine Gefährt verträgt aber auch keine Spontaneität, dachte sie grimmig. Vielleicht sollte ich doch auf etwas Größeres umsteigen, auf ein richtiges Auto, wie Saab-Fahrer Marti es zu nennen pflegte. Aber halt, wo war ich? Anastasia, richtig. Ich habe versucht, Klartext mit ihr zu reden. Beim letzten Treffen, als sie erzählt hatte, der gegenwärtige PWW (Prinz-wider-Willen) brauche lediglich Zeit.
    »Er liebt mich, ich spür das, die Art, wie er mich ansieht und so.« Anastasia
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