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Vollmondstrand

Vollmondstrand

Titel: Vollmondstrand
Autoren: Petra M Klikovits
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hatte ihr dünnes, brünettes Haar nach hinten geworfen. Die fein gezeichneten Lippen leicht geschürzt und ihre Augen auf einen Punkt jenseits des Horizonts gerichtet.
    »Das spürt man einfach. Einmal hat er mich gefragt, ob ich mich noch mit meinem Ex treffe. Das hätte er nicht getan, wenn er nichts von mir wollte!«, hatte sie in den warmen Nachthimmel triumphiert.
    Ein angenehmes Abendessen am Donaukanal hätte es werden sollen. Mit einer lieben Freundin. Aber Anastasia hatte sich nicht daran gehalten. Gut, sie war immer schon ein eigener Typ gewesen, sensibel eben. Dieser Umstand hatte ihre Freundschaft auch lebendig gehalten: alles zu bequatschen, zu hinterfragen und über frühere Zeiten zu lachen.
    Seit ihren Schwindelanfällen gab es mit Anastasia aber leider nichts mehr zu lachen. Sie verstieg sich in Liebesfantasien, als wollte sie den Großglockner in High Heels besteigen.
    »Weißt du, er ist seit Urzeiten schon mit dieser Frau zusammen. Da tut er sich halt schwer mit einer anderen. Das versteh ich. Er will ja – aber er kann nicht.«
    Rosa, beschwingt von der lauen Nacht, hatte die Klarheit des Abendhimmels in sich aufgenommen und gekontert: »Na, dann viel Spaß im Bett!«
    Schweigen hätte man nun erwartet. Aber Anastasia hatte, scheinbar völlig unbeeindruckt, ihr urwienerischstes »Na geh!« als Gegengift ins Rennen geschickt.
    Das war’s gewesen. Mehr wollte Anastasia nicht hören als ihre Version von der Liebe. Auf Rosa hatte dieser Umstand eine seltsame Wirkung gehabt. Ganz langsam war sie aufgestanden, hatte die Freundin wortlos in den Arm genommen und unter ihren Händen die mageren Schultern ein wenig zusammensacken gespürt.
    Marti hatte Rosa am Tag ihres Kennenlernens in den Arm genommen und seither konnte sie es weitergeben … Ach, Marti!
    Sie parkte den Wagen und überprüfte die umstehenden Autos. Lang war das her.

6
    »Maria! Schön, dass du auch da bist.« Rosa umhalste ihre liebste Freundin, als hätten sie sich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Der Club war voll. Die Musik begann wieder zu spielen, und Maria musste die Stimme erheben, um sich Gehör zu verschaffen: »Hallo, du! Bist du noch fit heute?«
    »Jaja, es geht. Die Patienten sind das Wenigste.«
    »Ich habe geglaubt, du hast es verlernt im Urlaub, das Zuhören und Einfühlen. Gestern hast du nicht sehr begeistert geklungen. Aber das mit der Öno­psychologie – das müssen wir im Auge behalten!«, zwinkerte Maria. »Ich brauch heut ein Achtel vom Kollwentz, auf der Stelle!«
    Rosa lachte. »Vielleicht einen ›Tatschler‹? Wie alt darf er denn sein?«
    »Ach, das spielt keine Rolle, trinkreif muss er sein!«, antwortete Maria mit einem Grinsen. Ihre leuchtenden Sommersprossen ließen sie zuweilen wie die erwachsene Version von Pippilotta Viktualia erscheinen, fand Rosa. So wie jetzt eben. Für Rosa war es wunderbar, ihre Maria zu kennen, bei der sie so sein konnte, wie sie eben war.
    Wortlos swingten sie zur Musik. Das Licht war sanft, die Menschen um sie herum bewegten sich wie in Trance. Chris spielte Keyboard und Rosa spürte langsam eine Wärme im Bauch aufsteigen, die nicht vom Wein kam. Sie dachte: Egal, auch wenn ich noch nicht am Ziel bin, unterwegs sein ist auch schön.
    Ihr fiel das letzte Gespräch mit Maria ein, bevor sie auf Urlaub gefahren war. »Habe ich dir schon von der Psycho-Geschichte erzählt, die mir nicht mehr aus dem Kopf geht?« Sie waren am Ufer des Sees gesessen und ließen die Füße vom Steg ins Wasser baumeln. Die Sonne versprühte ein Spektrum von Orangerot bis Flamingorosa, ein ganz normaler Abend vor dem Gelsenansturm.
    »Nein, aber du wirst sie mir gleich erzählen«, antwortete Maria.
    »Eine alte, gescheite Frau mit demselben Beruf wie ich soll an ihrem Sterbebett verkündet haben: ›Sagt allen, ich habe mich selbst nicht gelebt!‹« Rosa hielt einen Moment lang inne, dann blickte sie der Freundin direkt in die Augen: »Was sagst du dazu?«
    »Ach, Rosa«, antwortete Maria, »ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.« Sie kratzte die eingetrockneten Farbreste von ihren Fingern. »Vielleicht wäre ihr das nicht passiert, wenn sie … gemalt hätte? Oder musiziert? Ich habe keine Ahnung!« Während sie zu Ende sprach, blickte Maria in Richtung ihres Handgelenks und sprang auf. »Du, ich muss los! Morgen habe ich Nachtdienst, da weiß ich nicht, ob ich zum Schlafen komme.« Sie war aufgestanden und auf ihr Fahrrad geklettert. »Mach’s gut, Süße!«
    »Du auch, wie viele
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