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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot
Autoren: Tommy Jaud
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engen Pullover und schwarze Pumas. Auch sonst wirkt sie irgendwie verän-dert. Oder einfach nur keine Brille und 5000 Watt weniger im Föhn?
    »Simon! Ich hab schon gedacht, du willst mich nicht sehen!«, beschwert sie sich leicht angezickt. Ich setze mich zu ihr auf die Lehne, finde es aber irgendwie komisch, meine Ex-Chefin in meinem Single-Sessel zu sehen.
    »Glückwunsch erst mal!«
    Weil ich noch immer auf der Lehne sitze und die Eule im Sessel, verläuft die Umarmung etwas umständlich.
    »Ich hab dich echt gar nicht gesehen«, entschuldige ich mich. »Bist du schon lange hier?«
    »Eine Stunde, fast!«
    Jetzt weiß ich, was anders an der Eule ist! »Kontaktlinsen?«, frage ich.
    »Seit gestern!«
    »Ah ... und andere Frisur auch, oder?«
    »Seit vorgestern!«
    Weil ich annehme, dass Frauen nach derartig tief greifenden Veränderungen des Erscheinungsbildes sehr sensibel auf jede Art von Kritik reagieren, mache ich ihr das Kompliment, dass sie jetzt nicht mehr so komisch aussieht wie vorher.
    »War irgendwie Zeit für einen Wechsel. Ist noch ein bisschen ungewohnt, aber ich fühl mich viel wohler!«
    »Steht dir auch viel besser als die riesige Brille«, schieße ich nach.
    »Die hab ich noch mit meinem Ex ausgesucht!«
    Der Typ muss sie gehasst haben!
    »Als ihr noch zusammen wart oder danach?«
    »Du bist also immer noch der Alte ...«
    Wir gehen in die Küche, um was zu trinken, und ich frage sie vorsichtig, ob sie noch viel Ärger gehabt hätte wegen meiner Handygeschichte. Die Betonbullen seien noch einmal da gewesen und hätten ein paar Sachen gefragt, sonst sei alles beim Alten. Ich bin heilfroh, dass ich nie eine Telefonnummer von den beiden Hackfressen gespeichert habe, sonst stünden sie jetzt auch hier mit ihren albernen Kunstlederköfferchen und ihren verschmierten Fielmann-Brillen. Ich finde eine Flasche mitgebrachten Sekt im Kühlschrank und beginne, den Verschluss aufzuknibbeln.
    »Das tut mir Leid, wie das alles gelaufen ist für dich, aber letztendlich...«
    »Ist meine Schuld, kein Problem, ich weiß ...«
    Mit einem schwachen Plopp kann ich den Korken lösen und schenke uns ein.
    »Das war manchmal ganz schön schwer, deine Chefin zu sein!«, seufzt die Eule.
    »Kann ich mir vorstellen. Ich hätte dich lieber irgendwie anders kennen gelernt! «
    Wir stoßen an.
    »Ja«, sage ich. »Jetzt direkt leicht war's nicht mit uns. Du warst immer so ... na ja ... halt so chefig.«
    »Aber für mich ist es leicht, so einem Hühnerhaufen wie euch was zu sagen, oder wie?«
    »Vermutlich nicht!«
    Die Eule entdeckt meine abgelaufene Packung Maggi-Fix für Broccoli, die immer noch an der Spüle liegt. »Hä? Ideal auch für Blumenkohl?«, fragt die Eule.
    »So isses«, sage ich, »man kann das Zeug auf beides schütten, Broccoli und Blumenkohl!«
    Die Eule schüttelt den Kopf.
    »Das ist ja totaler Unsinn! Dann könnten die ja gleich draufschreiben Maggi-Fix für Blumenkohl, ideal auch für Broccoli! «
    Ich schaue sie an, als hätte sie gerade verkündet, dass Thüringen eine eigene Weltraumstation ins All schießen will.
    Flik geht mit einer Bierflasche an uns vorbei und zwinkert mir zu. Ich versuche, ihm in den Hintern zu treten, bin aber zu langsam. Die Eule kichert und schenkt sich Sekt nach.
    »Was hast du denn die ganzen Tage gemacht?«, will sie wissen. »Ans Telefon gegangen bist du jedenfalls nicht. Ich hab's nämlich auch ein paar Mal versucht!«
    »Warum das denn?«
    »Vielleicht, weil ich wissen wollte, wie's dir geht!«
    »Echt?«
    »Ja! «
    »Das hätte ich nicht gedacht!«
    »So ist es aber. Ich weiß, wir haben uns oft gezofft und so, aber ... na ja, ist komisch auf der Arbeit ohne dich!«
    »Mhhh ...!«
    »Wie geht's dir denn jetzt?«
    »Beschissen. Ich hab am Fenster Leute gezählt, die an der Bäckerei vorbeilaufen, und wie viele Füße es vom Balkon bis zum Wohnzimmerfenster sind. Bekloppt, oder?«
    »Bei mir sind's 56!«, sagt die Eule.
    »Jetzt wirklich?«
    »Wenn ich's dir doch sage.«
    »Große Wohnung?«
    »Kleine Füße!«
    Sie hebt einen Fuß in die Höhe und lacht. Meine Fresse. Die ist ja mindestens so verrückt wie ich.
    So wie ich.
    Mein Herz flüstert: »Guck doch mal!«, und ein heimeliges Gefühl pirscht sich heran.
    Die Eule?
    »Simon, jetzt guck doch mal!«, zischt mein Herz. JAHAAA!!! Ich guck ja schon!
    So wie ich.
    Irgendetwas passiert in diesem Augenblick. Irgendwas, auf das ich reagieren sollte. Ich muss was machen, da gibt es kein Vertun, am besten sofort. Die
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