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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot
Autoren: Tommy Jaud
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schon!«
    »Echt?«
    »Ja! «
    »Mhhhh ...«
    Für eine Weile schweigen wir. Ich halte das Trikot noch einmal hoch und sehe, dass Flik, Paula und Phil mit einem dicken schwarzen Stift auf der Rückseite unterschrieben haben. Ich schlucke und lege das Trikot so vorsichtig zurück in den Karton, als könne es kaputtgehen. Dann blicke ich zu Paula, die ihre Augen nicht von mir genommen zu haben scheint.
    »Und was soll ich jetzt machen?«, frage ich. »Hast du einen Paula-Tipp? So einen, der funktioniert. Ich meine, irgendwie bin ich ja ... also ...«
    »Am Arsch?«
    »Ja!«
    »Das sehe ich auch so.«
    »Na, dann ...«
    Ich erhebe mich und gehe zum Fenster. Passend zu meiner Stimmung hat mir die Graphikabteilung von Gott den Hinterhofhimmel in ein tristes Grau eingefärbt. Auf einem Balkon, gute fünfzig Meter entfernt, steht ein Arzt in einem weißen Kittel und raucht. Vielleicht sieht er mich ja, wenn ich winke, und verschreibt mir einen Eimer Antidepressiva? Ich drehe mich wieder um zu Paula.
    »Was soll ich machen?«
    »Sei einfach mal eine Weile kein Vollidiot!«
    »Oh! Das ist gut. Das ist ein guter Tipp!«
    »Siehste? Jetzt bist du schon wieder ein Vollidiot!«
    »Tschuldige!«
    »Schon okay ...«
    Ich zünde mir noch eine Zigarette an und versuche, möglichst viel Nikotin auf einmal zu inhalieren. Angeblich braucht das Gift ja nur ein paar Sekunden von der Lunge ins Hirn, wo es dann seine beruhigende Wirkung entfaltet. Ich warte, doch es geschieht nichts.
    »Wie geht das denn, dieses Nicht-Vollidiot-Sein?«
    »Keine Ahnung, was meinst du denn, wie's geht?«
    »Die Welt umarmen, die Menschen lieben, immer lächeln?«
    »Vollidiot! «
    »Täglich beten, viel Obst essen und keine Zigarettenstummel auf Kinderspielplätze werfen?«
    »Auch Vollidiot!«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Dann weiß ich's nicht! Sag's mir!«
    »Es würde zum Beispiel schon mal helfen, wenn du mal eine Sekunde am Tag nicht nur an dich denkst.«
    »Soll ich dir meinen Peugeot leihen?«
    »Du weißt, was ich meine!«
    »Ja«, sage ich ruhig. »Vermutlich weiß ich, was du meinst! «
    Ich schaue noch mal zum Balkon mit dem Arzt. Er ist weg.
    »Was hast du denn gemacht, die ganze Zeit?«, will Paula wissen.
    »Passanten gezählt und die Wohnung ausgemessen, hauptsächlich! «
    Schweigen.
    »Aber du weißt doch, wie groß sie ist.«
    »In Quadratmetern schon, aber nicht in Fuß!«
    »Oh!«
    Wir schauen uns schweigend an.
    »Hast du heute schon was vor, Simon?«
    Ich schüttle meinen Kopf.
    »Wir würden heute gerne was mit dir unternehmen!«
    »Mit mir??«
    »Ja, mit dir! Oder willst du an so einem wichtigen Geburtstag Passanten zählen?«
    »Eigentlich nicht!«
    Paula steht auf und nimmt ihre Jacke vom Stuhl.
    »Also. Hast du eine Idee für deinen großen Abend? Irish Pub oder so?«
    Ich bin verwirrt. Das geht mir denn doch alles zu schnell. So viele Informationen in so kurzer Zeit: Feuerwehr, Geburtstag, Vollidiot, und dann wollen auch noch Leute mit mir feiern!
    »Pub ist doof!«, sage ich.
    »Wo dann?«
    »Ich ruf dich an und sag Bescheid!«
    »Okay«, sagt Paula und geht ein paar Schritte zu dem, was einmal eine Tür war.
    »Und ... wir fänden es alle ganz gut, wenn du ausnahmsweise mal auftauchst, wenn wir uns wegen dir treffen!«
    »Ich hab's kapiert. Und du? Wohin gehst du?«
    »Auf die Arbeit. Sagst du mir Bescheid, wo wir uns treffen?«
    »Ich sag Bescheid!«, sage ich.
    »Gut! Und ... das wird schon alles wieder!«
    »Danke fürs Geschenk!«
    Ich schiebe die Tür auf, Paula drückt mich noch einmal ganz fest, und dann ist sie weg. Das ist der Punkt, an dem ich beschließe, meinen Geburtstag zu feiern.
    DAS GURKENRENNEN
    Der kleine Mann ist mein erster Gast an diesem Abend. Statt seines schwarzen Aktenkoffers hat er einen Kasten Kölsch mitgebracht. Ich gebe ihm die Hand.
    »Das ist ja eine Überraschung!«, stottere ich.
    »Na aber hallo«, lacht der kleine Mann und will meine Hand gar nicht mehr loslassen. »Ist das ein Schalke-Trikot, was Sie da anhaben?«
    »So ähnlich«, sage ich und beobachte, wie der kleine Mann versucht, die Tür wieder zu schließen.
    »Kaputt!«, sage ich.
    »So was!«, sagt der kleine Mann, bevor er sein Jackett ablegt. »Das ist das erste Mal, dass ich von jemandem eingeladen werde, dem ich den Strom abstellen wollte! Aber herzlichen Glückwunsch erst man.«
    Ich bedanke mich, wir stellen den Bierkasten auf den Balkon und machen die ersten beiden Flaschen auf. Was zum Teufel ist hier los? Wie kommt der
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