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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot
Autoren: Tommy Jaud
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in ein Glas, gebe Zucker dazu und ein bisschen Wasser. Dann rühre ich das Ganze um und kippe es runter. Es schmeckt zum Kotzen. Vielen Dank, Herr Carnegie. Ich stelle das Glas zur Seite und heize den Ofen vor, für mein Schlemmerfilet Blattspinat. Dann schlurfe ich zurück ins Wohnzimmer, setze mich auf mein Total Gym und rauche eine Zigarette. Ich nenne die Übung Upper Nicotine Push.
    Als ich zehn Minuten später den tiefgefrorenen Schlemmerfilet-Klotz auf den Rost lege, klopft es wieder an der Tür.
    Tock, tock, tock.
    Können die mich nicht einmal im Jahr in Ruhe lassen? Ich schleiche zum Türspion. Davor stehen Flik und Paula, begleitet von zwei Männern in Feuerwehruniform. Was soll das denn jetzt? Es brennt doch nix! Und das Wasser hab ich auch wieder abgedreht!
    Tock, tock, tock.
    In Zeitlupe schleiche ich in mein Schlafzimmer und schließe leise die Tür. Dann krabble ich unter die Decke und gehe in meine neu entwickelte Rollschutzhaltung. Selbst durch die Decke und die beiden Türen kann ich Fliks Stimme hören. Er klingt noch ein wenig unentspannter als am Morgen.
    »Simon, mach auf, du Idiot!«
    Eine andere Männerstimme ruft: »Herr Peters, sind Sie zu Hause?« Ich schüttle mit dem Kopf und ziehe die Beine noch ein wenig fester an. Weil ich nämlich für fremde Männerstimmen in Uniformen schon gar nicht zu Hause bin.
    »Wenn Sie nicht öffnen, müssen wir die Tür aufbrechen!«, ruft die Männerstimme.
    Das ist mir natürlich auch nicht recht. Mir wird klar, dass ich irgendetwas machen muss, damit die Situation nicht eskaliert. Ich schiebe meinen Kopf unterm Bett vor und schreie, so laut ich kann: »Keiiiiiiin Feuer!«
    Das hat gesessen! Stille. Dann ruft Flik noch einmal »Simon?« und macht wieder tock, tock, tock. Ein paar Sekunden später macht ein Gerät Krrrrrrzzzzzttttt, und dann quietscht irgendwas. Und dann ist Fliks Stimme ganz nahe.
    »Siiiimon! Bist du da? Simon?«
    Die Männerstimme ruft noch einmal »Herr Peters?«.
    Steif wie ein tiefgefrorenes Schlemmerfilet in seiner Aluschale liege ich in meinem Bett. Wenn ich ganz still bin und mich nicht bewege, dann verschwinden die Stimmen ja vielleicht wieder. Ich atme auch nicht mehr, vorsichtshalber.
    »Der Ofen ist an«, höre ich Paula sagen, und Flik stöhnt: »Dann muss er ja wohl irgendwo sein!«
    Ich halte noch immer die Luft an. Ein paar Sekunden schaffe ich noch. Die können mich gar nicht finden. Dann reißt mir jemand die Decke weg, und ich blicke in die verdutzten Gesichter von Flik und Paula.
    »Und? Alles klar?«, frage ich lachend, als würde ich den beiden in der Mittagspause begegnen. Dann bekomme ich von Flik eine geschossen.
    Endlich!
    VOLLIDIOT
    Eine bedrückende Stille hat sich über meine kleine Küche gelegt. Paula und ich sitzen am Esstisch. Das heißt, sie sitzt und raucht. Ich sitze einfach nur. Das Einzige, was ich höre, ist das Uhrwerk meiner Küchenuhr.
    Klack, klack, klack.
    Sekunden wie Ohrfeigen. Ich starre durch Paula und die Stille hindurch in ein schummriges Nichts. Wenn ich nicht wüsste, dass ich in meiner Küche sitze und meine beste Freundin Paula mir gegenüber, ich würde wetten, ich wäre gar nicht hier.
    Klack, klack, klack.
    Ich wünschte, die Sekunden wären Wochen. Dann würde sicher viel schneller alles besser werden. Vielleicht kommt Flik ja zurück und scheuert mir noch eine. Doch der ist gegangen und hat seine Männerstimmen in Uniform gleich mitgenommen. Geblieben ist sein buntes Paket, eine 300-Euro-Rechnung der Feuerwehr und Paula in einem weißen Top mit Glitzersteinchen. Miami Beach steht drauf. Warum nicht? Klingt ja auch besser als Eisenhüttenstadt.
    Ich hab nicht die Spur einer Idee, was ich sagen soll. Dann rückt Paula ihren Stuhl zurecht, atmet tief durch und sagt:
    »Ist das jetzt so, wie du dir deinen 30sten vorgestellt hast?«
    »Wie?«, frage ich irritiert. Völlig entgeistert starre ich Paula an.
    Klack, klack, klack.
    Ich springe auf und schalte mein Handy ein. Endlose Sekunden später vermeldet das Display den 14. Dezember. Das ist mein Geburtstag, da gibt's kein Vertun.
    »Oh!«, sage ich nur, dem Ereignis reichlich unangemessen. Dann kratze ich mich am Kopf und gucke zu Paula, die mich anschaut, als wäre ich ein Alien, der gerade durch die Dunstabzugshaube in die Küche gekrochen ist und nun auf dem Ceran-Kochfeld hockt.
    »Nee, oder?«, stöhne ich.
    »Doch!«, sagt Paula, steht auf und umarmt mich. Ich lege das Handy weg und drücke sie ganz fest zurück.
    »Herzlichen
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