Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition)
Autoren: Lea Nicolai
Vom Netzwerk:
 
    Die Bewerbung
    Paris, im Februar 2012
    Posteingang: An die Redaktion des WizzQuizz
    Von: ravenna.doré@mail.fr
    An: [email protected]
    Datum: 7. Februar 2012 (bei Vollmond)
    Betreff: Bewerbung für das Quiz der Zauberer
    Sehr geehrtes Medium,
    hiermit bewerbe ich mich als Kandidatin für Ihre Rateshow. Ich weiß, dass Sie persönlich die Teilnehmer auswählen, und ich würde wirklich wahnsinnig gerne am WizzQuizz teilnehmen.
    Mein Name ist Ravenna Doré. Ich bin 24 Jahre alt, wohne in Straßburg und bin eine Hexe. Das wollten Sie doch vor allem wissen – ob ich etwas mit Magie zu tun habe. Also: Ich bin eine Tormeisterin. Das Seltsame daran ist: Noch vor ein paar Monaten hätte ich so etwas niemals von mir behauptet. Damals hätte ich vehement abgestritten, überhaupt etwas mit Magie zu tun zu haben.
    Aber die Dinge ändern sich. Tatsächlich hat mein Leben sogar eine ziemlich dramatische Wendung genommen. Und Magie spielte dabei die entscheidende Rolle.
    Aber von Anfang an: Meine besondere Gabe ist die Tormagie, das heißt, das Aufspüren und Durchschreiten von Zeittoren. Das klingt jetzt vielleicht etwas ungewöhnlich … na ja, das ist es wohl auch. Tatsächlich gibt es nur sehr wenige Hexen mit dieser Fähigkeit. Meine Gabe ist sogar so ungewöhnlich, dass ich total überrascht war, als es zum ersten Mal passierte. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, dass ich überhaupt ein Talent für Magie besitze. Bis die Sache mit dem Tor geschah.
    Wie es ist, wenn man durch ein Zeittor fällt? Wie soll ich dieses Gefühl am besten beschreiben? Es ist, als würde man in die Tiefe stürzen, kommt aber nie unten an. Als wäre man ein Korken, der an die Wasseroberfläche rauscht. Der Körper besitzt kein Gewicht. Die Zeit rast nur so an einem vorbei, während man selbst stillsteht. Es ist auf jeden Fall sehr merkwürdig.
    Das erste Tor jedenfalls beförderte mich auf direktem Weg ins Jahr 1253. Sie haben richtig gelesen: ausgehendes Hochmittelalter, Königreiche, Ritter, Schwerter – und natürlich Zauberinnen. Die Sieben – ein mächtiger Hexenzirkel – nahm mich auf und bildete mich in den magischen Künsten aus. Angesichts meiner Ahnungslosigkeit war das wirklich eine gute Idee.
    Denn mit der Gabe der Tormeisterin macht man sich nicht nur Freunde. Um es kurz zu machen: Beliar, ein mächtiger Nekromant und Dämonenfürst, war hinter mir her. Er wollte meine Macht für seine dunklen Zwecke nutzen und setzte alles daran, den Zirkel der Sieben zu zerstören.
    Am Anfang war ich total ahnungslos und ziemlich überfordert von den Ereignissen, die da auf mich einstürzten. Bis zu dem Tag, an dem ich plötzlich im Mittelalter aufwachte, war ich fest davon überzeugt gewesen, nur meine kleine Schwester hätte die Gabe geerbt.
    Yvonne (so heißt sie) hat es leider gar nicht gut aufgenommen, dass ich in diesen Zeittunnel fiel. Meine Schwester ist sehr ehrgeizig, was Magie angeht. Und sie weiß absolut alles über Hexen. In Straßburg hatte sie sogar ihren eigenen Zirkel und erforschte die Zauberkunst. Aber Orakelsprüche, Teekräuter und Mondkalender – das ist nicht so mein Ding.
    Ich bin eher praktisch veranlagt, ein bodenständiger Typ. Dachte ich jedenfalls.
    Bis ich in dieses Zeittor geriet und eine der Sieben wurde. Ohne es zu wollen, schnappte ich meiner Schwester dadurch die größte Chance ihres Lebens weg. Die Gelegenheit, von der sie immer geträumt hat: selbst einem echten, mittelalterlichen Hexenzirkel anzugehören!
    Klar, dass Yvonne immer noch ziemlich sauer auf mich ist. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen: Ich habe das nicht mit Absicht getan. Ich bin unfreiwillig in dieses Abenteuer hineingestolpert und habe mehr als einmal bereut, dass ich an jenem Nachmittag auf dem Odilienberg ausgeritten bin. Im Grunde kann ich froh sein, dass ich mit heiler Haut davongekommen bin.
    Und damit komme ich auch schon zum eigentlichen Grund, warum ich mich für die Show bewerbe: Meine Schwester wird seitdem vermisst. Seit Mittsommer fehlt jede Spur von ihr. Yvonne hatte sich einer Gruppe von Leuten angeschlossen, die einen ziemlich schlechten Einfluss auf sie ausübten.
    Verstehen Sie mich nicht falsch: Meine Schwester ist ein wirklich liebenswerter Mensch, hübsch, lustig, neugierig und offen. Aber sie ist auch sehr leicht zu beeinflussen. Wenn sie etwas sieht, das ihr gefällt, muss sie es haben – und zwar sofort. Ich hoffe sehr, dass sie Ihre Sendung anschaut. Eine Quizshow, bei der es ausschließlich um Magie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher