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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot
Autoren: Tommy Jaud
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Frage ist nur: Was? Was zum Teufel macht man, wenn man an seinem 30sten Geburtstag plötzlich das Gefühl hat, dass endlich die Richtige vor einem steht? Direkt vor der Nase?
    Ganz einfach. Man kratzt seinen ganzen Mut zusammen und schaut zu, dass man sofort Land gewinnt.
    Natürlich war das Geschrei groß, als wir plötzlich einfach so abgehauen sind. Doch was kümmert mich das Gezeter der Unwissenden? Es mag klingen wie ein flacher Spruch aus einem billigen Western, aber manchmal muss man einfach exakt das tun, was einem der Bauch sagt. Ganz besonders dann, wenn man plötzlich haargenau weiß, was alles schief gelaufen ist. Und wenn man dann noch die Chance hat, all dies innerhalb kürzester Zeit zu beenden, dann ist es halt mal scheißegal, wenn man um fünf Uhr morgens besoffen seine eigene Geburtstagsparty verlässt.
    Wir sind angekommen. Langsam lasse ich den Wagen ausrollen. Als er schließlich zum Stehen kommt, mache ich den Motor aus und blicke in den Rückspiegel.
    »Jenny Schlund, du geile Sau!«
    Grinsend zünde ich mir eine Zigarette an.
    »Ein Glücksbringer warste nicht gerade!«
    Ich ziehe den Reißverschluss meiner Daunenjacke hoch, steige aus und lasse meinen Blick über die gewaltige Betonfläche schweifen. Es hat schon etwas Gespenstisches, wenn von dreitausend Ikea-Parkplätzen exakt ein einziger besetzt ist. Besetzt von meinem kleinen, gelben Peugeot, meinem Single-Sessel und mir. Ein rasierklingenscharfer Wind schneidet mir durch Gesicht und Hände, als ich den Kofferraum öffne und Jennylund behutsam entlade.
    Ich schlage den Kofferraumdeckel zu und schleppe den schweren Sessel mit unsicheren Trippelschritten einige Parkplätze weiter. Sanft streiche ich ein letztes Mal über die Lehne. Dann erst hole ich das Benzin. Der Sessel saugt sich schnell und problemlos voll. Meine Benzin-Botschaft auf den Asphalt zu gießen ist wegen des eisigen Windes allerdings schon schwieriger. Als der Kanister schließlich leer ist, hole ich meine Digitalkamera und mein rotes Feuerzeug aus dem Wagen. Dann zünde ich den Sessel an. Ein zunächst noch kleines Flämmlein frisst sich recht forsch durch den Bezug hoch zur Lehne.
    Um bessere Fotos machen zu können, steige ich auf mein Autodach. Als ich hinunterblicke, brodeln bereits große, wütende Flammen aus dem Sessel, fest entschlossen, den Ursprung meines Unglücks ganz und gar zu verschlingen. Direkt davor lodern die tennisplatzgroßen Buchstaben 30 C. In wenigen Stunden schon werden die ersten ah-nungslosen Mittelklassefamilien in ihren finanzierten Mini-Vans über ein unbedeutendes Häuflein Jennylund-Asche hinwegrollen.
    Ich mache insgesamt drei Bilder. Das Schönste schicke ich gleich morgen an den großnasigen Verkäuferzwerg, der mir mit seinem bekackten Sessel das Leben zur Hölle gemacht hat. Eine anonyme E-Mail-Adresse hab ich ja schon: [email protected].
    Jetzt haben mich die kleinen Männer da, wo sie mich immer haben wollten. Pünktlich mit 30.
    Herzlich willkommen in Singlephase fünf.
    ENDE
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