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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr
Autoren: Stephenson Neal
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Wirklichkeit ging ich morgen nach New Jersey, um jemand anders lahmzulegen, und so konnte
    Fotex auch weiterhin nach Herzenslust Phenole, Phthalate, Aceton, diverse Lösungsmittel, Kupfer, Blei, Quecksilber und Zink in den Bostoner Hafen einleiten -
    wenigstens bis ich zurückkam.
    »Sag ihnen, daß ich in Jersey bin.« Damit ließ ich sie im Ungewissen; Fotex hat auch dort ein paar Betriebe.
    Ich ging in mein Büro, wobei ich durch einen
    scheunenartigen Raum kam, in dem die meisten anderen GEA-Leute zwischen halbfertigen Transparenten und
    kaputten Zodiacteilen saßen, Kräutertee tranken und in Telefone sprachen:
    »500 ppm, ja? Klingt gut.«
    »Aber bringen Sie das bitte nicht ganz hinten unter Vermischtes.«
    »Laichen die in Mündungsarmen?«
    Ich war keiner von den GEA-Vertretern, die damit
    angefangen hatten, daß sie in Neufundland orange Farbe auf Robbenbabys sprühten oder im Südpazifik von
    französischen Kommandos bewußtlos geprügelt wurden.
    Ich bin so reingerutscht, arbeitete schwarz für GEA, als ich noch meinen Job bei Mass Anal hatte. Ich deckte -
    reines Glück zum Teil - eine große Umweltsauerei auf, bevor mein Boß merkte, was für eine ungeheure
    Nervensäge ich sein konnte. Ich flog bei Mass Anal und stieg bei GEA ein. Mein Gehalt reduzierte sich um die Hälfte, und meine Magengeschwüre verschwanden.
    Theoretisch konnte ich wieder Zwiebelringe bei IHOP
    essen, im sechsten Fast- food-Himmel, aber praktisch konnte ich es mir nicht leisten.
    Meine Funktion bei Mass Anal hatte darin bestanden, das zu erledigen, was außer der Reihe anfiel. Manchmal war es echte Industriespionage - einen Laufschuh zerlegen, um zu sehen, welche Kleber verwendet wurden -, aber meistens lief es darauf hinaus, daß ich Leitungswasser für die ängstlichen Yuppies analysierte, die es nach Boston Mitte zog, heimlich Umweltbewußte, die ihre Babys
    nicht mit aromatischen Kohlenwasserstoffen und ihre
    Saabs nicht mit verbleitem Benzin vollfüllen wollten.
    Aber dann kam eines Tages dieser Typ im Jogginganzug und wurde an mich verwiesen; alles, was keinen
    Nadelstreifenanzug trug, wurde an mich verwiesen. Er schwenkte eine leere Frittentüte, und ich hatte einen Moment lang Angst, daß ich abchecken sollte, ob da
    Dioxin drin war oder irgendein anderer Öko-Alptraum.
    Mein Gesichtsausdruck entging ihm nicht. Ich sah
    wahrscheinlich skeptisch und gereizt aus. Ich sah
    wahrscheinlich wie ein Arschloch aus.
    »Tut mir leid mit der Tüte. War das einzige, was ich unterwegs finden konnte.«
    »Was ist da drin?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Ich meine, was ist da ungefähr drin?«
    »Erde. Aber wirklich komische Erde.«
    Ich nahm die Tüte und leerte sie über der Comic-Seite des Globe aus. Der Jogger gab eine Art verächtliches Schnauben von sich, als könne er es nicht fassen, daß ich so chemische Untersuchungen machte. Es sieht sehr
    beeindruckend aus, wenn man die Probe in ein frisches Becherglas kippt, aber es geht schneller, wenn man sie einfach auf Spiderman und Bloom County schüttet. Ich nahm den Zahnstocher aus dem Mund und begann die
    Klümpchen auseinanderzusortieren.
    Aber das war nur eine Zugabe, denn ich wußte bereits, was mit dieser Erde nicht stimmte. Sie war grün und lila und rot und blau. Das wußte der Jogger auch; er wußte nur nicht, warum. Mir dagegen war es ziemlich klar:
    Boden verseucht mit Schwermetallen, dem Teufelszeug, aus dem Pigmente und Farben hergestellt werden.
    »Joggen Sie in Sondermülldeponien, oder was?« fragte ich.
    »Soll das heißen, daß das Zeug gesundheitsschädlich
    ist?«
    »Das kann man wohl sagen. Sehen Sie das gelbe
    Klümpchen hier? Muß Cadmium sein. Das ist mal als
    Giftgas getestet worden, im Ersten Weltkrieg. Schmilzt schon bei 321 Grad, hat auch keinen hohen Siedepunkt, und den Dampf hat man ein paar Leute einatmen lassen.«
    »Was passiert da?«
    »Geht auf die Hoden. Die werden brandig.«
    Der Jogger hielt die Luft an und trat samt seinem
    Hodenpaar von meinem Tisch zurück. Eins der
    Probleme, wenn man mit mir zusammen ist, besteht
    darin, daß ich aus jedem Thema eine toxische
    Horrorstory machen kann. Ich habe zwei Freundinnen
    und einen Job verloren, weil ich zur Unzeit ein
    Verzeichnis der Inhaltsstoffe vorgelesen und mit
    Anmerkungen versehen habe.
    »Wo haben Sie das gefunden?« fragte ich.
    »Sweetvale College. Direkt auf dem Campus. Da gibt's ein Wäldchen mit einem Teich und einem Joggingpfad.«
    Ich, ein Absolvent der Boston University, versuchte mir
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