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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr
Autoren: Stephenson Neal
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Umwelt-Aktivisten. Pardon: GEA International. Dort bin ich als professionelles Arschloch angestellt, ein Naturtalent, an dem ich schon seit der zweiten Klasse viel Freude habe -
    damals lernte ich, wie ich meinem Lehrer mit Hilfe einer Stablampe Migräneanfälle bescheren konnte. Ich könnte weitere Beispiele aufzählen, eine kleine Führung durch die Galerie der gebrochenen und erbosten Autoritäten veranstalten, die im Lauf der Jahre versucht haben, mich zu unterrichten, zu lenken, zu belehren, zu bessern und zu unterdrücken, aber das klänge nach Angabe. Ich bin gar nicht so furchtbar stolz darauf, eine geborene
    Nervensäge zu sein. Aber Geld nehme ich durchaus
    dafür.
    Ich trug mein Rad vier Treppen hoch und tat damit das Meine, um fit zu bleiben. Die senkrechten Teile der
    Stufen waren mit GEA-Aufklebern bepflastert, und so
    hatte man immer in einem Meter achtzig Entfernung
    einen Spruch vor Augen: RETTET DIE WALE und
    irgendwas mit ROBBENBABYS. Wenn man's in den
    vierten Stock geschafft hatte, war man außer Atem und voll indoktriniert. Ich schloß mein Rad an einen
    Heizkörper, denn man weiß ja nie, und trat ein.
    An der Rezeption saß Tricia. Leicht bescheuert, aber nett, hat komische Vorstellungen vom guten Ton am Telefon, findet mich okay. »Scheiße«, sagte sie.
    »Was?«
    »Also, das glaubst du nicht.«
    »Was?«
    »Der zweite Wagen.«
    »Der Transporter?«
    »Ja. Wyman.«
    »Wie schlimm ist es denn?«
    »Das wissen wir nicht. Er steht noch irgendwo am
    Straßenrand.«
    Ich nahm der Einfachheit halber an, daß es ein
    Totalschaden war und daß Wyman rausgeschmissen oder
    wenigstens so weit degradiert werden mußte, daß er nicht mal mehr in einem gea-Wagen sitzen durfte. Erst vor drei Tagen war er mit unserem Subaru losgefahren, um
    Isolierband zu kaufen, und hatte es geschafft, auf einer Parkfläche, die nicht größer war als ein Tennisplatz, den Betonsockel eines Lichtmasts mit solcher Wucht zu
    rammen, daß der Wagen im Arsch war. Seine
    fünfzehnminütige Erklärung war ernstgemeint, aber man konnte ihr leider nicht folgen, und als ich ihn bat, einfach ganz vorne anzufangen, hielt er mir vor, ich sei zu linear.
    Jetzt hatte er also den zweiten Wagen zu Schrott
    gefahren. Das nationale Büro würde wahrscheinlich
    davon hören. Er tat mir fast leid.
    »Wie ist das passiert?«
    »Er glaubt, daß ihm auf der Schnellstraße der Gang
    rausgesprungen ist - jedenfalls fuhr er plötzlich
    rückwärts.«
    »Wie das? Die Kiste hat doch Automatik?«
    »Von so was läßt sich Wyman nicht entmündigen.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Keine Ahnung. Ich glaube, er hat Angst
    herzukommen.«
    »Nie im Leben. Du hättest vielleicht Angst
    herzukommen. Ich hätte vielleicht Angst herzukommen.
    Aber Wyman nicht. Weißt du, was der macht? Der
    schneit demnächst putzmunter hier rein und fragt, ob er die Schlüssel vom Omni haben kann.«
    Gott sei Dank hatte ich alle Schlüssel vom Omni, außer meinem eigenen, eingesackt und zu Klump geschlagen.
    Und wenn ich ihn parkte, machte ich die Motorhaube auf, nahm die Verteilerkappe raus und steckte sie in die
    Tasche.
    Man könnte meinen, daß sich Mitglieder der GEA-
    Streitmacht - die Meister der Heimlichkeit, die Geißeln der Industrie - von einer fehlenden Verteilerkappe oder fehlenden Autoschlüsseln nicht allzulang daran hindern ließen, einen Wagen wieder flottzumachen. Waren das
    nicht die Leute, die die Sowjetunion mit einer kleinen Invasion überrascht hatten? Hatten sie nicht ein angeblich manövrierunfähiges, streng bewachtes Schiff aus
    Amsterdam geklaut? Sausten sie nicht mit PS-starken, von Ballonkaugummi und Haarklemmen
    zusammengehaltenen Zodiacs über die Ozeane, um
    unschuldigen Meeressäugern zu Hilfe zu kommen?
    Nun, manchmal taten sie das. Aber nur ein paar von
    ihnen hatten diese Talente, und im Büro Nordost war ich der einzige. Die anderen - wie Wyman - tendierten dazu, Exstudenten der Anglistik zu sein, die angesichts von Objekten mit sich bewegenden Teilen eine hysterische Hilflosigkeit befällt. Sprich von Nocken oder
    Dichtmanschetten, und sie schmettern dir einen
    Protestsong entgegen. Für sie war es Schwarze Magie, daß ich die Verteilerkappe aus dem Omni nahm.
    »Und Fotex hat dreimal angerufen. Die wollen echt mit dir reden.«
    »Worüber?«
    »Der Typ möchte wissen, ob sie den Betrieb heute
    einstellen sollen.«
    Gestern hatte ich beim Gespräch mit irgendeinem
    Kriecher von Fotex genuschelt, daß ich sie lahmlegen würde. Aber in
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