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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr
Autoren: Stephenson Neal
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unbekannte Dämpfe in den
    Keller eingeleitet, Ulmen und Ahornbäume als Brennholz gefällt und unsere Zimmer frisch gestrichen. Dann
    behauptet er, er wolle dieses Loch zukünftigen Mietern zeigen und darum sollten wir gefälligst saubermachen.
    Und zwar sofort.
    An diesem Morgen wachte ich davon auf, daß kleine
    grüne Kürbisse unter den Rädern seines Kombis
    zerplatzten. Anschließend stolperte Roscommon aus dem Wagen und riß unser Federballnetz runter. Als er wieder fort war, stand ich auf und ging los, um mir den Globe zu kaufen.
    Bei meiner Rückkehr schmurgelte Frühstücksspeck in
    der Pfanne und erfüllte das Haus mit gasförmigen
    polyzyklischen Aromaten - bei weitem mein liebstes
    Karzinogen. Vor dem Herd stand Bartholomew. Mit dem
    seichten, schielenden Blick des unfreiwillig Wachen sah er sich in der Glotze ein Heavy-Metal-Video an. Er hatte einen aufgeblasenen Plastikbeutel in der Hand, der die halbe Küche einnahm. Mein Hausgenosse verwendete
    wieder mal Lachgas bei offener Flamme; kein Wunder,
    daß er keine Augenbrauen hatte. Als ich reinkam, hielt er mir einladend den Beutel entgegen. Normalerweise mag ich kein Lachgas auf nüchternen Magen, aber ich kann Bart nichts abschlagen, also nahm ich den Beutel und inhalierte, so tief ich konnte. Ich hatte einen süßen Geschmack im Mund, und fünf Sekunden später ging in
    meinem Hirn so was wie ein halber Orgasmus los.
    Auf dem Bildschirm schnallten pudelköpfige Rocker
    einen Cheerleader auf eine Dämmplatte, die mit einem Pentagramm verziert war. Weit weg sagte Bartholomew:
    »Pöyzen Böyzen, Mann. Echt heiß.«
    Es war noch zu früh für Gesellschaftskritik. Ich
    schnappte mir die Fernbedienung.
    »Jetzt gibt's keine Stooges«, sagte Bart warnend. »Ich hab' schon nachgeschaut.« Aber ich hatte bereits ins Kabelfernsehen umgeschaltet, wo zwei priemende alte
    Knacker auf einem sauberen Fluß im Süden
    dahinschipperten und demonstrierten, wie man einem
    komatösen Fisch Starthilfe gibt.
    Tess tauchte aus dem Teil des Hauses auf, in dem die Frauen wohnen und die Klos sauber sind. Sie kniff die Augen zusammen, weil es so hell war, und betrachtete mit finsterem Blick unser blubberndes Aas in der Pfanne und unseren Kubikmeter Lachgas. Sie wühlte im
    Kühlschrank nach selbstgemachtem Yoghurt. »Könnt ihr euch das Zeug nicht mal abgewöhnen?«
    »Das Fleisch oder das Gas?«
    »Am besten beides. Was ist denn giftiger?«
    »Sangamons Prinzip«, sagte ich. »Je einfacher das
    Molekül, desto besser die Droge. Also ist Sauerstoff die beste Droge. Nur zwei Atome. Die zweitbeste ist
    Lachgas - nur drei Atome. Die drittbeste Äthylalkohol -
    neun Atome. Danach hast du's mit vielen Atomen zu
    tun.«
    »Und?«
    »Atome sind wie Menschen. Wenn sie in Massen
    auftreten, weißt du nie genau, was sie anstellen. Es ist mir zu Ohren gekommen, Tess, daß du mich in der
    ganzen Stadt als Müsli-James-Bond bezeichnest.«
    Tess blieb unbeeindruckt. »Wer hat dir das gesagt?«
    »Wenn jemand so glückliche Wendungen prägt, spricht
    sich das immer rum.«
    »Ich hab' mir gedacht, es würde dir Spaß machen.«
    »Sogar ein Vollidiot wie ich merkt, wenn was sarkastisch gemeint ist.«
    »Wie möchtest du denn lieber genannt werden?«
    »Toxin-Spiderman. Weil Spiderman chronisch pleite ist und nie jemand ins Bett kriegt.«
    Tess sah mich schräg an, womit sie andeuten wollte, daß es für beide Probleme einen Grund gab. Bart brach das Schweigen. »Scheiße, Mann, Spiderman ist dafür
    wenigstens gesund. James Bond hat garantiert Aids.«
    Ich ging nach draußen und folgte Roscommons
    Reifenspuren über den Hof. Alle Kürbisse waren
    zermanscht, aber das war mir egal. Was sollte ich mit Kürbissen? Die wichtigen Dinge - Mais und Tomaten -
    wuchsen an Zäunen oder hinter Schutthaufen, und da
    kam er mit seinem Kombi nicht ran.
    Wir hatten Roscommon nie gefragt, ob wir hier, auf dem Größten Hinterhof von Boston, einen Garten anlegen
    durften. Was ihm, da dieser Garten eigentlich nicht
    existieren durfte, das Recht gab, querdurch zu fahren.
    Gärten brauchen bekanntlich Wasser, und die
    Wasserkosten sind in unserer Minimiete schon mit drin, also nehmen wir ihn praktisch aus mit unserem Garten.
    Der Hof war mindestens viertausend Quadratmeter groß und lag versteckt in einer Art Nische, die durch
    Brightons hirnrissige Straßenführung entstanden war.
    Nicht mal Unkraut schaffte es, in dieser Wüste aus Beton und zerbröseltem Backstein zu wachsen. Als wir mit dem Garten anfingen,
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