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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr
Autoren: Stephenson Neal
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verbrachten Bartholomew, Ike und ich zwei Tage damit, uns da durchzuackern. Wir füllten
    unsere Parzelle mit Humus auf und warfen den Schutt auf Haufen. Weitere Haufen waren nach dem Zufallsprinzip über den Größten Hinterhof vo n Boston verteilt. Hin und wieder sprengte Roscommon eine seiner Besitzungen,
    tauchte mit einem geleasten Kipper auf, fuhr im
    Rückwärtsgang durch den Garten, durchs Federballnetz und über diverse Gartenmöbel und hinterließ einen neuen Haufen.
    Ich hoffte nur, daß er nicht versuchte, hier Giftmüll zu deponieren. Ich hoffte, daß das nicht der Grund für
    unsere billige Miete war. Denn wenn er hier Giftmüll deponierte, würde ich mich gezwungen sehen, die Pest über ihn und sein Haus zu bringen. Ich würde seine
    Bankkonten plündern, seine Latifundien brandschatzen, seine Pferde notzüchtigen und seine Kinder in die
    Sklaverei verkaufen. Die komplette Toxin-Spiderman-
    Nummer. Und dann würde ich das abgebrannte Alter ego werden müssen, der Toxin-Peter-Parker. Ich würde eine richtige Bostoner Miete zahlen müssen, tausend Dollar im Monat, und keinen Platz zum Federballspielen haben.
    Peter Parker ist der Typ, der von einer radioaktiven Spinne gebissen wurde - von der Toxin-Spinne, wenn
    man so will - und Spiderman wurde. Norma lerweise ist er ein Nichts. Keine Mäuse, kein Prestige, keine Zukunft.
    Aber wenn du versuchst, ihn in einer dunklen Gasse
    auszurauben, macht er Hackfleisch aus dir. Die Frage, die er sich immer wieder stellt, ist: »Gleichen die Momente der Befriedigung, die ich als Spiderman erlebe, den
    ganzen Scheiß aus, den ich als Peter Parker über mich ergehen lassen muß?« In meinem Fall lautet die Antwort ja.
    In der finsteren Frühzeit meines Lebens, als ich bei Massachusetts Analytical Chemical Systems - kurz Mass Anal - arbeitete, besaß ich noch den klassisch-elementaren VW-Bus. Aber ein Peter-Parker-Typ kann
    sich in dieser Stadt keine Kfz-Versicherung leisten, also bewege ich mich jetzt mit dem Fahrrad fort. Nachdem
    ich die Comics gelesen, Kaffee getrunken und Barts
    Speckkohle gebunkert hatte - nichts geht über ein
    schwarz in schwarzes Frühstück -, schwang ich mich auf mein kampferprobtes, geländegängiges Stahlroß und fuhr die paar Kilometer zur Arbeit.
    Der Hurrikan Alison hatte vorgestern die Stadt Boston durchgeblasen, einen höllischen Wolkenbruch im
    Gefolge. Auf den Straßen waren abgerissene Äste und
    Seen von Regenwasser zu besichtigen. Wir nennen es
    Regenwasser; in Wirklichkeit sind es ungeklärte
    Abwässer. Die Ampel an der Kreuzung Comm Ave /
    Charlesgate West war kaputt. In Boston führt das nicht zu herzerwärmenden, regenbogenpressereifen Storys von Menschen wie du und ich, die aus ihrem Wagen steigen, um den Verkehr zu regeln. Statt dessen ist es ein
    willkommener Anlaß für uns, wie die tschadische Armee zu fahren. Wir hatten hier zwei Spuren, die von vier gekreuzt wurden, und die zwei kamen verdammt schlecht dabei weg. Die Comm Ave war dicht bis zur Boston
    University. Also strampelte ich zwischen den beiden
    Wagenreihen bis ganz nach vorn.
    Wenn die zwei Fahrer am Anfa ng der Schlange nicht
    aggressiv genug sind, ist es völlig egal, wie knallhart die Leute hinter ihnen sind, das ist das Problem. Nichts rührt sich, bis die Avenue kollektiv überkocht vor Wut. Und da hilft auch kein Hupen, obwohl es an die hundert
    Autofahrer mal versuchten.
    Als ich zur Charlesgate West kam, wo die Comm Ave
    durch den Blechschwall, der sich über diese vierspurige Einbahnstraße ergoß, vom Verkehr abgeschnitten wurde, entdeckte ich an der Spitze der einen Schlange einen PS-schwachen Kombi aus Maine, chauffiert von einer Mutti, die versuchte, ihre vier Kinder zu bändigen, und an der Spitze der anderen einen Vorkriegsmercedes mit einer alten Tante am Steuer, die so aussah, als hätte sie gerade ihre eigene Adresse vergessen. Dazu ein halbes Dutzend Radfahrer, die tatenlos rumstanden und darauf warteten, daß ein reinrassiges Arschloch die Initiative ergriff.
    Man darf immer nur eine Spur auf einmal angehen. Ich wartete also auf eine fünf Meter breite Lücke in der ersten Spur und schob mich vorsichtig rein.
    Der herannahende BMW machte einen vergeblichen
    Schlenker zur zweiten Spur, was zur Folge hatte, daß sich eine kleine Wellenbewegung über die Charlesgate
    ausbreitete, weil bis zum zehnten Wagen dahinter alle versuchten, an ihm vorbeizuziehen. Dann kam der BMW
    ruckelnd zum Stehen (elektronisches
    Antiblockiersystem), und der
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