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voll im Einsatz

voll im Einsatz

Titel: voll im Einsatz
Autoren: Dagmar H. Mueller
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hake ich nach. »Papa ist sauer auf sein Schlagzeug …«, wimmert Kenny – jetzt schon etwas ruhiger, »… weil es nicht in den Bandraum will und … und …«
    »Und?«
    »Und weil es sich mit der Wand im Flur gestritten hat.«
    Ich versuche mir vorzustellen, was passiert ist. »Das Schlagzeug hat sich mit der Wand gestritten?«
    »Ja«, behauptet Kenny und schnieft.
    Ich angele nach einem Papiertaschentuch in meiner Nachttischschublade.
    »Und jetzt ist es kaputt«, meint Kenny, nachdem sie sich die Nase geputzt hat. (Hauptsächlich an meinem Nachthemd, leider weniger am Taschentuch.)
    »Das neue Schlagzeugteil?«, frage ich.
    Kenny nickt. »Und Papa schimpft auf die Wand, weil die ja schuld ist und weil die Trommel so teuer war, und er hat mir überhaupt nicht zugehört.«
    »Oh je«, tröste ich sie, »aber mach dir nichts draus, Kenny. Das hat Cornelius nicht böse gemeint.«
    Ich kann mir inzwischen gut vorstellen, was passiert ist. Cornelius hat heute seine neue Bass-Trommel geliefert bekommen. Ein fettes Teil, das bestimmt schwer in den Keller zum Bandraum zu transportieren ist. Und – mal ehrlich – der Geschickteste in allen praktischen Dingen des Lebens ist Cornelius ja nicht gerade. Und die Treppe runter zum Keller ist nicht sehr breit. Kein Wunder, dass Kartons da anfangen, sich mit Wänden zu streiten. Ich kichere leise.
    »Das ist nicht komisch!«, schnaubt Kenny.
    Ich ruschele mich wieder zurück in meine Kissen.
    »Willst du hier schlafen?«, biete ich großmütig an.
    »Mmhmmm, okay«, nuschelt Kenny kuschelig und wühlt sich noch etwas tiefer unter meine Decke.
    »Und willst du vielleicht mir erzählen, was du geträumt hast?«
    »Was gaaaanz Schreckliches«, behauptet Kenny.
    »Raus damit!«, ermuntere ich sie. Schreckliche Sachen muss man loswerden. Sonst fangen sie in einem drin an zu schimmeln. Das weiß ja jeder.
    »Da war Sinan«, meint Kenny. Und augenblicklich klingt ihre Stimme wieder piepsig und nah am Weinen.
    Sinan geht in eine Klasse mit Kenny und seit zwei Monaten sind die beiden voll verliebt. Sooo süß! Manchmal kommt Sinan zu uns und dann spielen Kenny und er mit Aurora. Und manchmal geht Kenny zu Sinan nach Hause, wo sie Fußballbücher angucken und leckeres türkisches Essen von Sinans Mama serviert bekommen, und dann kommt Kenny mit einem Zuckerwatte-Lächeln nach Hause, als hätte sie ein ganzes Glas Blubber-Sekt getrunken.
    »Also, da war Sinan?«, stelle ich fest.
    Kenny nickt. »Ja, und ich. Und … und … und dieser fiese Vogel. Der ist über uns geflogen. Der war riiiiesig. Und sooo fiese!«
    »Wollte der euch was tun?«, frage ich vorsichtig.
    »Ja. Nein. Doch«, sagt Kenny und schluckt, als hätte sie den fiesen Vogel direkt in ihrem Hals sitzen. »Der flog immer näher und näher und als er direkt über uns war, wurde es ganz dunkel um uns herum – so groß war der. Und ich hab geschrien und Sinan … und Sinan …«
    »Und Sinan hat auch geschrien?«, versuche ich zu helfen. »Weil ihr beide solche Angst hattet?«
    »NEIN!«, ruft Kenny.
    »Ihr hattet keine Angst?«
    Von Kenny kommt irgendwas, das wie eine gequälte Katze klingt.
    »ICH hatte Angst«, presst sie schließlich hervor, »sooo schreckliche Angst. Aber der dumme Sinan …« Sie schluchzt auf. »… der hat überhaupt nichts gemerkt! Und dann … und dann hat der Vogel ihn mit seinen Krallen gepackt und ist einfach …«, Kenny weint jetzt bitterlich, »… und ist einfach mit ihm weggeflogen. Ganz weit weg. Bis ich ihn nicht mehr sehen konnte. Ich hab geschrien und geschrien, aber …«, die Schluchzer werden leiser, doch sie klingt furchtbar traurig, »… aber keiner ist gekommen und hat mir geholfen.«
    »Oh Gott, der arme Sinan!«, sage ich. »Hat er auch geschrien?«
    »NEIN!«, heult Kenny wieder auf. »Der blöde Sinan hat nur gelacht und fand das total komisch, dass er weggeflogen wurde!«
    Ich starre eine Sekunde lang erstaunt auf die dunkle Decke über uns.
    »Und dann?«, frage ich. »Was passierte dann?«
    »Dann bin ich aufgewacht«, sagt Kenny. Sie zieht einmal kräftig ihre kleine Nase hoch, aber ihre Stimme klingt wieder normal.
    »Das ist ja merkwürdig«, stelle ich fest.
    Ich meine, das ist es doch wirklich. Na gut, Traumdeutung ist vielleicht nicht gerade meine Stärke. Kann mir auch nicht vorstellen, dass James Bond sich viel mit irgendwelchen Träumen abgibt. Hat er ja auch gar keine Zeit zu. Aber wieso träumt Kenny so ein Zeug?
    »Hast du vielleicht einen doofen Film gesehen,
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