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1460 - Lockruf des Trolls

1460 - Lockruf des Trolls

Titel: 1460 - Lockruf des Trolls
Autoren: Jason Dark
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»Ein Troll?«
    »Ja. Schauen Sie mal genau hin.«
    Das hatte ich zwar schon getan, tat es jetzt aber noch mal. Ich sah mir die Gestalt an und versuchte, Einzelheiten herauszufinden.
    Möglicherweise wollte mich Sir James auf etwas Bestimmtes hinweisen.
    Ich entdeckte jedoch nichts außer der Fratze.
    Der Troll hatte keine Haare, dafür eine runzlige Wangenhaut, aber eine glatte Stirn. Als ich meinen Blick etwas senkte und mich auf den Mund konzentrierte, sah ich, dass er sehr breit war. Trotz der geschlossenen Lippen machte der Troll den Eindruck eines Wesens, das ständig grinste, wobei ihm dieses Grinsen wohl der Teufel auf die Lippen gelegt haben musste.
    Und dann sah ich noch etwas, was aus dem Rahmen fiel. Um es genauer erkennen zu können, nahm ich die Lupe zur Hand, die in meiner Reichweite lag. Sir James hatte für alles gesorgt.
    Ich blieb mit meinem Blick an der unteren Hälfte des Gesichts hängen.
    Sir James gab keinen Kommentar mehr ab. Ich hörte nur seinen leicht schnaufenden Atem. Er wollte, dass ich das große Geheimnis selbst entdeckte.
    Und das passierte auch.
    Dabei zuckte ich leicht zusammen. Trotz des geschlossenen Mundes entdeckte ich die beiden spitzen Zähne, die unter der Oberlippe hervorschauten. Ich richtete mich wieder auf und wusste Bescheid.
    Die Gestalt war nicht nur ein Troll, sondern zugleich ein Vampir!
    ***
    Sir James brach sein Schweigen. »Sie haben es entdeckt, John?«
    Ich hob den Blick wieder an. »Ja, das habe ich.«
    »Und?«
    Ich hob die Schultern. »Man kann hier wohl von einem Vampir sprechen. Vielleicht auch von einer Abart. Ein Vampirtroll. Oder sehen Sie das anders, Sir?«
    »Nein. Auch für mich steht fest, dass es sich um eben diese Abart handelt.«
    »Sicher«, murmelte ich und fragte dann mit etwas lauterer Stimme. »Woher haben Sie die Aufnahme?«
    Sir James winkte ab. »Sie ist ja keine richtige Fotografie, wenn ich ehrlich sein soll. Der Hintergrund schon. Aber die Fratze auf dem Bild ist gemalt.«
    »Ja, der Troll.«
    »Eben.«
    »Und weiter?«
    »Man hat mir das Bild zugeschickt. Absender war ein gewisser Peter Login. Fotograf und Zeichner. Er hat dieses Bild so gesehen. Er sah den echten Troll, aber es war nicht möglich, ihn zu fotografieren, wie Sie selbst wissen.«
    »Klar, man kann Vampire nicht auf ein Foto bannen.«
    »Eben. Er hat es versucht.« Sir James deutete auf das Bild. »Den Hintergrund hat er ablichten können. Den Troll hat er dann aus dem Gedächtnis nachgezeichnet. Zum Glück kann er das. Der Troll sieht also so aus, wie Sie ihn hier sehen.«
    »Und das ist alles echt?«
    »Sicher, John. Ich glaube dem Mann.«
    »Sie kennen ihn?«
    Sir James wiegte den Kopf. »Nein, ich kenne ihn nicht persönlich. Ich muss mich da schon auf die Aussage eines alten Bekannten verlassen, der nach seiner Pensionierung aus London weggezogen ist, um das letzte Drittel seines Lebens in Wales zu verbringen.«
    »Unser Freund hier stammt aus Wales?«
    »Genau.« Sir James lächelte. »Ist fast natürlich, wenn ich das mal so sagen darf. Wales ist nun mal ein besonderes Land, was bestimmten Mythen und Legenden angeht. Dieser Bekannte kennt den Fotografen. So bekam er auch das Bild zu sehen. Da mein Bekannter die Trolle bereits selbst gesehen, sie aber nicht als Realität akzeptiert hatte, haben die beiden lange miteinander geredet, und der Fotograf konnte meinen Bekannten schließlich überzeugen, dass es diesen und noch andere Trolle gibt und nicht ihrer Fantasie entsprungen sind. Daraufhin hat mein Bekannter mir das Foto mit einem entsprechenden Begleitschreiben geschickt.«
    »Verstehe.« Dann lächelte ich meinen Chef an. »Ein bisschen wenig, finden Sie nicht auch, Sir?«
    »Ja. Wenn man das Bild isoliert betrachtet, schon. Aber da kommt noch etwas hinzu.«
    Ich hatte es mir gedacht. Sir James ließ die Katze immer nur stückweise aus dem Sack. Dieses Foto war in einer recht einsamen Waliser Gegend geschossen worden. In der Nähe der Ortschaft Esgair.
    »Der Ort wird Ihnen nichts sagen, John. Er liegt am Ende der Welt, und so benehmen sich die Menschen auch, das weiß ich von meinem Freund. Als wir telefonierten, erzählte er mir von verschwundenen Kindern, die nie wieder aufgetaucht sind. Oder nur vereinzelt als Leichen, wenn der Sommer mal sehr heiß war und ein Stück Moor fast trockenlegte. Da hat man die Kinder dann gefunden. Natürlich schon mumifiziert und…«
    »Waren sie Vampire?«
    »Nein, das wohl nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass sie
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