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Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)
Autoren: Robert E. Howard
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Volk der Finsternis
    Ich war zur Höhle des Dagon gekommen, um Richard Brent zu töten. Ich folgte den düsteren Straßen, die zu beiden Seiten von gewaltigen Bäumen gesäumt wurden, und meine Stimmung glich der urwüchsigen Bitterkeit meiner Umgebung. Der Zugang zur Höhle des Dagon liegt stets im Dunkeln, da das mächtige Astwerk und das dichte Laub keine Sonnenstrahlen durchlassen, doch an jenem Tag ließ die Finsternis meiner eigenen Seele die Schatten noch unheilvoller und düsterer erscheinen.
    Von den nahe gelegenen hohen Klippen drang das sanfte Raunen der Brandungswellen an mein Ohr, der dichte Eichenwald verdeckte jedoch den Blick aufs Meer. Durch die Dunkelheit und die herbe Schwermut meiner Umgebung schlossen sich die Schatten noch enger um meine Seele, während ich unter den jahrhundertealten Bäumen entlangging – bis ich schließlich an eine kleine Lichtung kam und den Eingang der uralten Höhle vor mir sah. Ich hielt inne, um den Eingangsbereich der Höhle und die schweigend im Halbdunkel stehenden Eichen mit Blicken abzusuchen.
    Der Mann, dem all mein Hass galt, war noch nicht hier! Es war noch nicht zu spät, mein finsteres Vorhaben in die Tat umzusetzen. Für einen Augenblick wankte ich in meinem Entschluss, doch dann strömte der wunderbare Geruch von Eleanor Blands Parfüm wie eine Woge über mich hinweg, und in meiner Vorstellung sah ich golden wellendes Haar und tiefgraue Augen, leidenschaftlich und geheimnisvoll wie das Meer. Ich ballte die Fäuste so fest, dass meine Knöchel schneeweiß wurden, und griff instinktiv nach dem Unheil verheißenden kurzläufigen Revolver, dessen Gewicht meine Manteltasche schwer nach unten zog.
    Wenn es Richard Brent nicht gäbe, da war ich ganz sicher, hätte ich das Herz dieser Frau längst gewonnen. Das Verlangen nach ihr machte meine wachen Stunden zur Qual, meinen Schlaf zur Folter. Doch wen liebte sie? Sie zeigte es nicht, und ich vermutete, dass sie es selbst nicht wusste. Wenn einer von uns verschwinden würde, so glaubte ich, wandte sie sich sicher dem anderen zu. Ich würde ihr die Sache erleichtern – und mir auch. Zufällig hatte ich mit angehört, wie mein blonder englischer Rivale verkündete, er habe die Absicht, einen Ausflug zur einsamen Höhle des Dagon zu machen, um sie in aller Ruhe zu erkunden – allein.
    Ich habe eigentlich keine kriminelle Natur. Ich wurde in einem unbarmherzigen Land geboren und dort bin ich auch aufgewachsen. Die meiste Zeit meines Lebens habe ich an den raueren Orten dieser Welt verbracht, an denen ein Mann sich nimmt, was er braucht – sofern er kann – und an denen Gnade zu den weniger bekannten Tugenden zählt. Aber die Qualen, die ich Tag und Nacht litt, hatten in mir den Entschluss reifen lassen, das Leben von Richard Brent auszulöschen.
    Mein bisheriges Leben war hart gewesen, teilweise sogar brutal. Als die Liebe mich ereilte, traf auch sie mich stürmisch und brutal. Möglicherweise setzte auch mein Verstand aus, sobald es um meine Liebe zu Eleanor Bland und meinen Hass auf Richard Brent ging. Unter anderen Umständen hätte ich mich glücklich geschätzt, ihn als Freund zu haben – ein vornehmer, hochgewachsener, aufrechter junger Mann, scharfsinnig und stark. Doch er stand meinem Verlangen im Weg und musste deshalb sterben.
    Ich trat in die Düsternis der Höhle und blieb stehen. Ich war noch nie zuvor in der Höhle des Dagon gewesen, und dennoch beunruhigte mich ein vages Gefühl irritierender Vertrautheit, als ich die hohe, kuppelartige Decke, die glatten Steinwände und den staubigen Boden betrachtete. Ich zuckte die Achseln; das unbestimmte Gefühl konnte ich nicht recht einordnen. Vermutlich wurde es ausgelöst durch die Ähnlichkeit dieses Ortes mit den Gebirgshöhlen im amerikanischen Südwesten, wo ich geboren worden war und meine Kindheit verbracht hatte.
    Dennoch wusste ich, dass ich noch nie eine Höhle wie diese gesehen hatte, deren Perfektion die Legende unterstützte, dies sei keine natürliche Höhle, sondern vielmehr vor Jahrhunderten von den winzigen Händen der Angehörigen des geheimnisvollen Kleinen Volkes, eines prähistorischen Stammes aus der britischen Mythologie, aus dem harten Felsen gehauen worden. Die ganze Gegend ringsum bildete einen wichtigen Bestandteil der überlieferten Legende.
    Die Landbevölkerung war größtenteils keltischer Abstammung, denn hier hatten die sächsischen Invasoren sich nicht lange halten können. Die Legenden reichten in dieser seit Langem
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