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voll im Einsatz

voll im Einsatz

Titel: voll im Einsatz
Autoren: Dagmar H. Mueller
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wo so was vorkam?«
    »Quatsch!«, meint Kenny. »In Filmen kommen doch nicht ich oder Sinan vor.«
    »Aber vielleicht Vögel«, gebe ich zu bedenken.
    »Eiermatschquatsch!«, meint Kenny, »der fiese Vogel ist kein Film. Der fiese Vogel war echt fies. Und Sinan war zu blöd, um das zu merken.«
    »So was!«, sage ich, um irgendwas zu sagen. Aber mehr fällt mir leider nicht ein. Ich drücke sie noch einmal an mich. »Vielleicht sollten wir jetzt schlafen?«
    Und um Kenny das Gefühl zu geben, dass sie hier sicher ist – denn das ist sie ja wirklich, wo sollte sie sicherer sein als im Bett von mir? –, füge ich zuversichtlich hinzu: »Hier kommen ganz bestimmt keine fiesen Vögel ins Zimmer.«
    Das scheint Kenny immerhin auch zu glauben. Sie kuschelt ihren Wuschelkopf unter meine Schulter.
    »Ich muss Sinan beschützen«, brabbelt sie leise, bevor sie einschläft, »ich muss auf Sinan aufpassen …«
    Ich weiß nicht, ob ich irgendetwas brabbele, bevor ich einschlafe. Aber falls ja, wird es bestimmt so was Seufzendes sein wie: »Kein Wunder, dass man in diesem Haus seine eigenen Ziele ständig aus den Augen verliert. Ach!«

»Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein,
    hangen und bangen in schwebender Pein,
    himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt –
    glücklich allein ist die Seele, die liebt.«
    Johann Wolfgang von Goethe

    W ir lesen in der Schule Goethe. Ehrlich! Ich meine …
    … GOETHE! GÄHN!
    Was sollen wir denn mit diesem Opa heute noch anfangen, der vor zweihundert Jahren irgendwelche Gedichte und Bücher geschrieben hat? Ich meine, was soll der uns denn zu sagen haben in einer Welt, in der es eigentlich nur ums blanke Überleben geht? Um das Überleben von vielen Tieren, Pflanzen und auch um das Überleben von uns Menschen! Da brauche ich mir gar keine Kriege anzugucken, da langt schon, wenn man sich nur mal ein paar Umweltkatastrophen reinzieht.
    Aber nein, die sture Frau Tönning, unsere Deutschlehrerin, will nicht vernünftig über die Probleme unserer Welt reden. Nein, stattdessen will sie unbedingt schmalzige Gedichte von Goethe lesen. Im Unterricht! Und das für die nächsten zwei Monate! Kann die das nicht bei sich zu Hause auf dem Sofa machen, wenn sie unbedingt ihre Zeit damit vertrödeln will?
    Eben klopfte Kenny an der Tür und wollte irgendwas. Was, weiß ich nicht mehr. Ich konnte nicht richtig zuhören, weil ich so damit beschäftigt war, Tagebuch zu schreiben. Es gibt nämlich etwas, über das ich seit Wochen nachdenke. Sogar mehr noch als über … oder nein, vielleicht nicht mehr , aber intensiver . Also auf eine bestimmt Art jedenfalls …
    Also, was ich sagen will, ist: Ich denke irgendwie anders über diese Sache nach, als ich sonst über Dinge nachdenke. Ich meine, über Dinge, wie Umweltschutz und Tierschutz oder ähnlich Sinnvolles eben. Und ich merke außerdem, dass sich diese andere Sache vom Reinschreiben ins Tagebuch nicht wirklich verändert.
    Ich finde, sonst ist es nämlich oft so, dass einem Dinge sehr viel klarer werden, wenn man sich die Mühe macht, sie aufzuschreiben. Irgendwie sieht man dabei die Lösung des Problems meist schon. Oder zumindest einen Ansatz, mit dem man was anfangen kann.
    Ich sehe aber gar nichts. Nur hundert beschriebene Seiten der letzten Wochen, auf denen im Grunde immer das Gleiche steht. Und keine Lösung in Sicht. Aber das allergrößte Problem an meinem Problem ist, dass es nicht mal jemanden gibt, mit dem ich darüber reden kann. Was in dieser Familie keine wirkliche Überraschung ist, aber eben noch ein weiteres Problem. Weil ein bisschen Reden nämlich vermutlich mehr helfen würde, als immer nur das Gleiche aufzuschreiben.
    Ich kann nicht mal mit Gregory darüber reden. Obwohl Gregory vermutlich auch gerade nebenan in seinem Haus sitzt und ebenfalls noch nicht schläft. Also wäre es doch wirklich nett, mit ihm zu reden, statt hier allein zu brüten. Aber, wie gesagt, mit Gregory kann ich darüber überhaupt gar nicht reden. Das hab ich schon ein paar Mal probiert. Das macht ihn nur schlechtlaunig.
    Vielleicht liegt das daran, dass Gregory ein Junge ist. Also fühlt er bestimmt anders als Mädchen. Und deswegen geht ihm das vielleicht komplett auf den Zeiger, wenn ich plötzlich dauernd über Daniel reden will. Der – ähm – nämlich mein Problem ist! (Oder zumindest ein Teil meines Problems. Der nette Teil. Grins!)
    Ich meine, kann man ja aus Gregorys Sicht vielleicht verstehen. Gregory interessiert sich eben mehr für
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