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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben
Autoren: K. L. Going
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Versehen wieder um.
    Um mich herum dreht sich alles, und ich bekomme nur verschwommen mit, dass Dad mich anschreit.
    »Findest du es okay, in meinem Arbeitszimmer deinen Spaß zu haben«, schreit er, » ... auf meinem Schreibtisch ... während deine Mutter und ich unten sind?« Dabei sieht er mich an, aber es ist Delia, die darauf eine Antwort gibt.
    »Wir wussten doch nicht, dass Sie da sind«, sagt sie. Jetzt heult sie richtig.
    Auch ich sollte meinen Vater lieber anflehen, aber ich muss dauernd daran denken, dass ich so bescheuert war zu glauben, Delia wäre wirklich in mich verliebt. Sie ist superschlau, die Präsidentin der Ehrengesellschaft und all so was – warum sollte sie ausgerechnet mich mögen? Aber schließlich waren wir auf einer Party, beide total besoffen, und da hat sie mir erzählt, dass sie schon das ganze letzte Jahr in der Elften in mich verknallt gewesen sei.
    »Du siehst so toll aus, Liam«, hat sie mir zugerufen, um die dröhnende Musik zu übertönen. »Du bist süß und witzig, und ich habe mich total in dich verliebt.«
    Das hat sie gesagt.
    Also, wer kann mich dafür verdammen, mit ihr in Dads Arbeitszimmer zu gehen? Eigentlich wollte ich ihr nur seine vielen Preise und den ganzen Kram zeigen. Aber weil ich mich die ganze Zeit über darauf konzentrierte, nicht durch eine dumme Bemerkung alles zu vermasseln, fing ich an, sie zu küssen, um möglichst wenig reden zu müssen. Und dann ist alles schiefgegangen.
    Daran, wie ein Mädchen mich auszieht, kann ich erkennen, was es wirklich für mich empfindet. Das Erste, was Delia mir auszog, war meine Armbanduhr. Es ist eine sehr schöne Uhr – sie hat genau die richtige Menge an Patina, und das alte Lederarmband ist weich. Ich hab sie in einem Second-Hand-Shop in SoHo gekauft, aber weil es eine Markenuhr ist, war es trotzdem ein seltenes Schnäppchen. Delia ließ die Uhr neben Dads Schreibtisch auf den Boden fallen, als sei sie Müll. Das gefiel mir zwar nicht, aber ich war gerade dabei, ihr den Pullover auszuziehen, deswegen habe ich es ignoriert.
    Aber dann hat sie mein Hemd aufgeknöpft.
    Das Hemd an sich – ein Kenneth-Cole- Modell, das schon ein paar Jahre alt ist – ist nichts Besonderes. Das Besondere an diesem Hemd sind die perfekten Metallknöpfe. Dünn und mit scharfer Kante. Aber was Delia betraf, hätten es genauso gut Plastikknöpfe sein können, auf denen Gap steht. Sie hat sie noch nicht mal bemerkt . Sie zog mir das Hemd über den Kopf, riss dabei einen Knopf ab, und warf es achtlos in die Ecke.
    Okay, man könnte einwenden, dass sie voll bei der Sache war, aber das war ich auch, und trotzdem ist mir ihr schwarzer Samt-BH nicht entgangen. Wahrscheinlich war es ein Modell von Victoria’s Secret , und er verriet mir, dass Delia unter ihrem intellektuellen Äußeren sexy ist. Das gefiel mir. Aber ich merkte auch, dass Delia nichts an mir fand, was ihr gefallen oder nicht gefallen hätte.
    Und da wusste ich Bescheid.
    Dieses Mädchen liebt mich nicht. Sie mag mich noch nicht mal. Sie will nur beliebt sein.
    Na ja, wen interessiert das schon, während sie dir die Klamotten auszieht, stimmt’s? Aber mich interessierte es schon. Und was noch schlimmer ist ... Ich machte trotzdem weiter.
    Bis mein Dad zur Tür hereinkam.
    Deswegen schreit er jetzt so, und ich liege wie gelähmt da, während sich in meinem Kopf alles dreht und ich an all die Dinge in meinem Leben denke, die ich gerne anders gemacht hätte.
    »HÖRST DU MIR ÜBERHAUPT ZU?«, brüllt Dad sich die Lunge aus dem Leib. Delia windet und krümmt sich vor Unbehagen.
    »Diesmal hast du dir deine Zukunft wirklich versaut«, schreit Dad.
    Den Satz höre ich häufig.
    »Trotz allem, was ich für dich getan habe, hast du keinerlei moralische Werte! Nichts an dir entspricht dem, was ich mir immer von meinem Sohn gewünscht habe – und es fällt mir nicht leicht, das zu sagen.«
    Dabei sagt er es dauernd.
    »Wenn ein Kind die beste Erziehung und eine internationale Schulausbildung genossen hat und dann trotzdem ständig Mist baut, dann liegt das wohl nicht an den Eltern, oder?«
    Dad ist in seinem Element. In seinem Eifer fällt ihm das dichte schwarze Haar in die Stirn, und seine Halsschlagader vibriert. Ich sehe zu, wie sie pocht.
    Aber in Wirklichkeit ist es mein Kopf, der pocht.
    »Ich habe dir schon beim letzten Mal gesagt, dass ich dieses Benehmen nicht länger dulden werde. Es reicht! Ich habe es satt, Liam. Du machst mich ganz krank.«
    Die Worte vermischen sich,
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