Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben
Autoren: K. L. Going
Vom Netzwerk:
kleine Lüge), und es gibt sonst niemanden, den man darum bitten könnte, weil Moms Mutter in Paris ist, und vielleicht hast du ja mitbekommen, was das letzte Mal passiert ist, als ich Moms Schwester besucht habe? Die Geschichte mit der Party (leider nur zu wahr)?«
    Tante Pete schnaubt verächtlich.
    »Deine Mom sagt, wir müssen dich hier in der Schule anmelden, selbst wenn es nur für eine kurze Zeit ist. Du gehst jetzt in die letzte Klasse, stimmt’s?«
    Ich nicke heftig, bis ich mich daran erinnere, dass ich ja am Telefon bin. »Ja. Das stimmt. Und ganz ehrlich, ich werde kaum da sein, weil ich Schule und Sport und lauter so Zeug habe. Also wirst du mich kaum zu sehen kriegen.«
    Das ist eine weitere Lüge. Ich bin wegen meiner schlechtenNoten dauerhaft vom Sport ausgeschlossen, also habe ich nach der Schule nichts, wohin ich gehen könnte. Aber das braucht Tante Pete jetzt noch nicht zu wissen.
    Er seufzt ziemlich laut. »Sag mir eines, Liam«, fragt er dann. »Auf diese Idee ist doch deine Mom gekommen, nicht wahr?« Die Frage trifft mich unerwartet, und ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll.
    »Äh, hat sie denn gesagt, es sei ihre Idee gewesen?«
    Pete zögert, aber dann sagt er: »Nein. Sie hat gesagt, es sei deine Idee gewesen, und du würdest am liebsten bei mir wohnen, aber ich möchte wissen, ob das wahr ist.«
    Er klingt ernst, und ich frage mich, warum ihm das so wichtig ist.
    »Es war nicht meine Idee«, sage ich schließlich. »Ehrlich, ich kann mich kaum noch an dich erinnern. Leider.«
    Als Tante Pete antwortet, wirkt er nicht verärgert. Seine Stimme klingt anders – irgendwie gerührt. »Zum Teufel«, sagt er.
    Ich denke: Na toll, jetzt habe ich ihn zum Weinen gebracht, aber dann räuspert er sich.
    »Du kannst bei mir wohnen, bis dein Vater dich wieder nach Hause kommen lässt. Ein paar Wochen, stimmt’s? Du wirst dich doch bessern, oder?«
    »Klar«, sage ich erleichtert. »Dad und ich brauchen nur ein bisschen Abstand voneinander, und ich werde dir keine Last sein, weil ich sehr selbstständig bin und ...« Ich spreche das Wort ›und‹ aus, bevor mir klar wird, dass ich mir nun eine zweite positive Eigenschaft ausdenken muss. »Äh ... unterhaltsam.«
    Diesmal lacht Pete. Es ist ein schallendes Lachen, also muss ich das Richtige gesagt haben.
    »Gut«, sagt er. »Dann passt du hier rein.«

6
    »DAD, WILLST DU SEHEN, WAS ICH HEUTE IN DER SCHULE GEMACHT HABE? Ich hab eine Zwei dafür bekommen, und die Lehrerin hat gesagt, dass es sehr einfallsreich ist. Siehst du, Dad? Guck mal, es ist ein Bild in einem Schuhkarton, und das da ist ein großer Dinosaurier, der gleich den kleinen Dinosaurier fressen wird ...«
    Dad wendet den Blick von der Zeitschrift ›Business Today‹ ab und mir zu.
    »Das nennt sich Diorama«, sagt er und seufzt laut. »Und eine Zwei ist nichts, womit man angeben könnte«, fügt er hinzu. »Früher habe ich immer gesagt, dass ich niemals einen Sohn bekommen würde, der ein Zweierschüler ist, aber da habe ich mich wohl geirrt. Schließlich haben wir ja den Vaterschaftstest gemacht, wie alle Welt weiß.«
    Den letzten Satz murmelt Dad zähneknirschend. Dann klappt er die Zeitschrift wieder auf. Ich stehe mit dem Schuhkarton da und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll.
    »Komm, Li, wir stellen dein Diorama im Salon auf«, sagt Mom, die jetzt hinter mir steht und mich sanft wegzieht.
    »Er hat es noch nicht mal angesehen«, sage ich, als wir im anderen Zimmer sind. »Der Lehrer hat gesagt, dass eine Zwei gut ist.«
    »Eine Zwei ist gut.«
    »Warum ... warum mag Dad mich dann nicht?«
    Mom beugt sich zu mir herunter und nimmt mich in die Arme.
    » Natürlich mag er dich. Dein Vater hat dich lieb. Er ist nur ...« Sie seufzt. »Ach, Li«, sagt sie dann. »Es ist eine komplizierte Sache. Hab einfach Geduld und hör auf, dich so sehr anzustrengen. Okay?«
    Während ich meine Sachen packe, wird mir klar, dass Moms Rat falsch war. Ich hätte mich noch mehr anstrengen sollen. Ich versuche, darüber schockiert zu sein, dass ich wirklich ausziehen muss, aber niemand kann behaupten, dass es überraschend kommt. Noch nicht einmal ich. Delia war nicht das erste Mädchen, mit dem ich erwischt worden bin. Außerdem habe ich meinen Führerschein wegen Alkohol am Steuer verloren, bin in mehreren Kursen in der Schule durchgefallen, war auf mehr verbotenen Partys, als ich zählen kann, und habe selber mehr verbotene Partys geschmissen, als ich zugeben sollte. Ich frage mich,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher