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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova
Autoren: Brrazo
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Tatort, Guarnaccia, und Ihr Gefühl hat Sie noch nie getäuscht – was uns dann zu einem Profi führt, der das Opfer aus persönlichen Motiven gehasst hat. Nun, so was kann es natürlich auch geben.«
    »Ja, aber die Frau war eine junge Mutter, die ein sehr zurückgezogenes Leben geführt hat, es sei denn …«
    »Es sei denn, die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen.«
    »Ja, aber das finde ich heraus.«
    Der Capitano hatte kein Wort über den zuständigen Staatsanwalt verloren. Er hatte nur etwa eine Sekunde verstreichen lassen, bevor er feststellte: »Sie werden schon zurechtkommen, da bin ich mir sicher.«
    Der Capitano war ein äußerst diskreter Mann. Verdammt, der Capitano! Jetzt hatte er doch tatsächlich schon wieder vergessen, nach dieser Wohnung zu fragen … nun ja, eigentlich hatte er sowieso keine Zeit, irgendwelche Wohnungen zu besichtigen. Völlig unsinnig, dass er allein loszog. Ja, keine Frage, sie schoben es nun schon seit Jahren vor sich her, und irgendwann einmal mussten sie etwas tun, sonst kamen sie zu nichts, die Immobilienpreise stiegen und stiegen, und eines Tages, wenn er in Rente ging … Es war genau das Richtige. Etwas kaufen und vermieten, eine solide Investition, und bei steigendem Marktwert … – schön und gut, aber nicht ohne Teresa! Jetzt hatte er sowieso erst einmal diesen Fall am Hals, und damit war der Punkt ein für alle Male von seiner Tagesordnung gestrichen.
    Um sich selbst zu beweisen, wie beschäftigt er war, legte er die Finger auf die Tastatur und starrte auf den leeren, dunklen Bildschirm. Da hatte dieses verdammte Ding Stunden gebraucht, melodiöse Tonfolgen erklingen zu lassen, nach Viren zu suchen und Gott weiß was sonst noch alles zu tun, und schaltete sich dann, nur weil es einen Augenblick lang keine Aufmerksamkeit erfahren hatte, einfach wieder ab.
    »Ich hab es nicht nur ein Mal gesagt, ich hab es hundert Mal gesagt!«, bellte er nach Lorenzini, doch seine Worte verhallten in der Stille; sein Stellvertreter befand sich noch immer mit seiner Familie am Meer.
    »Jetzt reicht’s mir!« Guarnaccia zog die Haube über das Ding und verschloss sein Büro. Er würde den Bericht gleich morgen früh eingeben, jetzt wollte er sich den Rest des Filmes ansehen und anschließend ins Bett gehen. Und genau das hätte er auch getan, wenn es nicht schon weit nach Mitternacht und der Film nicht schon lange zu Ende gewesen wäre. Er schaltete den Insektenvernichter an und starrte mit großen, traurigen Augen auf das Nachbarbett und die unberührten, glatten Satinlaken.

2
    Der Arbeiter schaute ziemlich unglücklich drein.
    »Und was sagen wir unserem Boss?«
    »Sie können doch nichts dafür, das ist schließlich eine Anordnung des Staatsanwalts. Am besten, Sie gehen jetzt alle nach Hause, bis wir hier fertig sind.«
    »Uns werden nur die Arbeitsstunden bezahlt, wir haben gestern durch den Baustopp schon Zeit verloren. Er zahlt den Lohn eh zu spät, und jetzt wird er die Verzögerung als Vorwand nehmen, ihn noch länger einzubehalten.«
    Keiner der anderen sagte ein Wort, schweigend starrten sie auf den Boden. Abgesehen von Cristiano, der legal aus Rumänien eingewandert war und fließend Italienisch sprach, hatten sich all die anderen Arbeiter bestimmt für einen Hungerlohn ohne jeglichen Vertrag verdingt. Es hatte ihnen einen ziemlichen Schrecken eingejagt, als die Männer des Capitano ihre Werkzeugkisten durchsucht hatten.
    »Es tut mir leid, aber da kann ich leider nichts machen …« Dem Maresciallo tat es wirklich leid, aber die Suche nach der Mordwaffe würde noch mindestens einen Tag in Anspruch nehmen. »Und Sie sind wirklich sicher, dass keiner der Männer gestern Morgen einen Fremden hier gesehen hat? Dass sie das nicht einfach nur sagen, weil sie Angst haben, in die Sache verwickelt zu werden?«
    »Ich habe ihnen erklärt, dass es hier um Mord geht und sich niemand für ihre Privatangelegenheiten interessiert. Sie würden es mir sagen, wenn sie etwas wüssten. Sie vertrauen mir.«
    Das bezweifelte der Maresciallo nicht. Cristiano war ein großer, kräftiger Mann, der keineswegs eingeschüchtert wirkte, und wie Guarnaccia strahlte auch er Ruhe und Verlässlichkeit aus.
    »Außerdem war ich auch schon vor acht hier, und Sie sehen ja selbst, wie ruhig es hier oben ist. Hier hört man die Blätter fallen, ein Auto oder Schritte auf dem Kies hätten wir bestimmt nicht überhört.«
    »Und was ist mit dem Ding da?« Der Maresciallo deutete auf den stillstehenden
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