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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova
Autoren: Brrazo
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noch ganz viele. Sie müssen nur bei der Ampel über die Straße gehen, da ist ein riesiges Geschäft. Die Verkäuferin hat ein großes Pflaster am Arm, hier, direkt am Ellbogen. Ich habe auch ein Pflaster, aber das ist an meinem Fuß, darum können Sie es nicht sehen.«
    »Aha. Und wie gefällt es dir in dem neuen Haus?«
    »Gar nicht, es hat keinen Swimmingpool.«
    »Verstehe. Aber du kannst doch trotzdem schwimmen gehen. Hier in Florenz gibt es viele Freibäder.«
    »Ich weiß, aber Nana kommt nicht mit. – Ist das Ihre Mütze da?«
    »Ja natürlich, und das weißt du genau, du hast doch gesehen, wie ich sie da hingehängt habe. Möchtest du sie einmal aufprobieren? Gut, dann setz dich.«
    Piero blieb ganz still sitzen, balancierte die Kappe vorsichtig auf seinem Kopf.
    »Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass ich die Villa verkauft habe und dass ich Ihnen sehr dankbar für Ihren Rat bin, gleich dort auszuziehen und nicht zu warten. Ich fühle mich so viel besser.«
    »Sie sehen wunderbar aus.«
    »Es ist nur … Maresciallo, da ist unglaublich viel Geld. Die Anwälte haben gesagt, dass es keinen Prozess gibt und dass mit dem Tod das Verbrechen gebüßt ist. Da ist er in letzter Minute noch einmal davongekommen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Aber das viele Geld …«
    »Ich verstehe, was Sie meinen. Aber Sie müssen an Piero denken, und es werden noch andere beträchtliche Kosten auf Sie zukommen …«
    Obwohl sie beide an Silvana dachten, sprachen sie ihren Namen nicht aus.
    »Ich werde Piero nie wieder dieser Gefahr aussetzen. Ich weiß, ich hätte schon viel früher … Maresciallo, ich habe eine Tochter verloren, verstehen Sie?«
    »Ja.«
    Silvana würde mindestens zwei Jahre in der Klinik bleiben müssen, aber danach würde sie mit Sicherheit auf ihrer Entlassung bestehen, und dann würde sie wieder die Medikamente absetzen … Probleme … und kein Ende abzusehen.
    »Sie werden Geld brauchen, Geld und jemanden, der Ihnen hilft.«
    »Ja. Ja, ich weiß, Sie haben recht. Frida bleibt bei mir. Danuta hat jemanden kennengelernt, und so … Aber da ist so viel Geld, und es ist so viel Schreckliches geschehen.«
    »Ihnen ist auch Schreckliches widerfahren, Signora.«
    »O ja … meine arme Daniela.«
    »Warum hat er das getan? Nein, ich meine nicht … Warum hat er Ihnen erlaubt, sie nach Hause zu holen?«
    »Er hat es mir nicht ›erlaubt‹, das ist anders gewesen. Er hat darauf bestanden. Wegen Silvana. Erst hat er mich zur Abtreibung gezwungen, mehrmals, und dann hat er plötzlich beschlossen, dass ein Mann Kinder haben sollte, eine richtige Familie. Natürlich hätte er am liebsten einen Sohn gehabt, aber als Silvana auf die Welt kam und den Boden anbetete, auf dem er ging, genoss er das in vollen Zügen. Sie gehörte ihm, und sie bewunderte ihn. Sogar die Kleider hat er für sie ausgesucht. Und weil ich keine Kinder mehr bekommen konnte, hat er beschlossen, Daniela nach Hause zu holen.«
    »Er wusste, wo sie war?«
    »Aber ja, natürlich. Er hatte dem Priester, der uns vermählt hat, versprochen, dass er sie adoptieren würde. Aber das hat er natürlich nicht getan, zumindest nicht, bis sie zehn Jahre alt war. Wissen Sie, trotz allem hatte er so eine überzeugende Art … er war so stark, und wenn er einem dann plötzlich seine Zuneigung und Aufmerksamkeit schenkte, das war ein wunderbares Gefühl, vor allem, wenn man vorher schreckliche Angst hatte.
    Jede Nacht weine ich um sie, nicht, weil sie hat sterben müssen, sondern, weil sie solch ein Leben hat führen müssen, wegen all der Jahre, die sie so allein war. Ich hätte einen Weg finden müssen, hätte einen Weg finden können, aber ich hatte Angst, ich wollte frei sein, und schauen Sie, was aus mir geworden ist. Ich wäre ihm erst gar nicht in die Hände gefallen, wenn ich versucht hätte, das Baby zu behalten, und außerdem …«
    »Sie haben ihn geliebt, Daniele, den Vater, ich weiß. Aber nein, Signora, hören Sie auf, sich deswegen zu quälen. Sie waren sehr jung damals und ganz allein.«
    »Sie sind so freundlich. Mein ganzes Leben war ich ein Feigling, und auf einmal bin ich reich. Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
    »Nun ja …«
    »Was ist mit all den Mädchen passiert, die …«
    »Einige sind noch bei Don Antonio. Es wird einen allgemeinen Straferlass geben. Don Antonio hilft ihnen, sich Papiere und eine Arbeit zu beschaffen. Wenn Sie im Gedenken an Daniela etwas Sinnvolleres tun wollen, als sich weiter selbst zu quälen, dann spenden Sie
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