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Meistererzählungen

Meistererzählungen

Titel: Meistererzählungen
Autoren: Hermann Hesse
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»Es gibt Bücher, deren Lektüre Arbeit ist und Kräfte raubt, und andere, allzu wenige, die dem Leser Erholung und Rege-neration ermöglichen, ohne daß er sich dabei auf Konzessio-nen an Mode und Publikations geschmack eingelassen hätte.
    Solcher Art sind die Erzählungen Hermann Hesses. Kaum etwas in seinen Schilderungen ist erfunden, stilisiert oder konstruiert. Nichts greift über den Wahrnehmungsbereich eigener Er
    fahrung hinaus. Sie eröff nen kein Panop
    tikum
    unerhörter Begebenheiten, sondern lösen dem Unerhörten in den alltäglichen Begebenheiten die Zunge. Zwar kommen bei diesen lyrisch-psychologischen Studien sensations-hungrige Leser möglicherweise nicht auf ihre Kosten, und doch besteht niemals die Gefahr der Langeweile. Denn trotz des Mangels an Sensation und action sind seine Erzählungen spannend. (…) Unsere Auswahl bringt die Erzählungen in der Reihenfolge ihrer Entstehung und gibt damit einen Überblick über Hesses epische Entwicklung, die zugleich Konstellationen seiner Biographien sichtbar macht. Denn, wie schon eingangs erwähnt, verhalten sich Leben und Werk dieses Autors gradezu wie die Komponenten einer mathematischen Gleichung zueinander, so daß jede exakte Analyse seiner Schriften notwendig auf ihre biographische Entsprechung stößt. Eine solche bruchlose Identität schlägt sich stilistisch als Klarheit und Einfachheit nieder. Um so schreiben zu können, muß man zuerst so gelebt haben. Dann ergibt sich ungesucht eine Präzision des Ausdrucks, deren suggestive Einfachheit manchem wie Harmlosigkeit vorkommen mag, weil er die Dinge selbst, nicht mehr über sie reden hört.
    Denn nicht die Dinge sind kompliziert, sondern nur ihre Darstellung, sobald mangel haft Erlebtes formalistisch oder geistreich wettgemacht werden muß. Wir haben uns immer noch nicht abgewöhnt, das Unver ständliche für genial zu halten.«
    Volker Michels
    V. 010305
    unverkäufl ich
    HERMANN HESSE
    MEISTERERZÄHLUNGEN
    Zusammengestellt und mit einem Nachwort
    von Volker Michels
    Lizenzausgabe mit Genehmigung des
    Suhrkamp Verlages, Frankfurt für
    die Bertelsmann Club GmbH, Gütersloh
    die EBG Verlags GmbH, Kornwestheim
    die Buchgemeinschaft Donauland Kremayr & Scheriau, Wien und die Buch- und Schallplattenfreunde GmbH, Zug/Schweiz Diese Lizenz gilt auch für die Deutsche Buch-Gemeinschaft C. A. Koch’s Verlag Nachf., Berlin – Darmstadt – Wien Umschlag- und Einbandgestaltung: Erich Gebhardt Gesamtherstellung Mohndruck Graphische Betriebe GmbH, Gütersloh
    Printed in Germany • Buch-Nr. 07665 3
    Inhalt
    Der Wolf 5
    Aus Kinderzeiten 11
    Heumond 39
    Taedium vitae 96
    Die Stadt 129
    Doktor Knölges Ende 138
    Pater Matthias 148
    Das Nachtpfauenauge 192
    Autorenabend 203
    Der Zyklon 215
    Die Nichtraucherin 240
    Wenn der Krieg noch zwei Jahre dauert 250
    Das Reich 261
    Einkehr 269
    Kinderseele 276
    Klingsors letzter Sommer 325
    Klein und Wagner 402
    Die Fremdenstadt im Süden 519
    Bei den Massageten 526
    Der Bettler 563
    Anhang
    Die Erzählungen Hermann Hesses 563
    Bibliographische Daten 585
    Der Wolf
    Noch nie war in den französischen Bergen ein so unheim lich kalter und langer Winter gewesen. Seit Wochen stand die Luft klar, spröde und kalt. Bei Tage lagen die großen, schiefen Schneefelder mattweiß und endlos unter dem grell blauen Himmel, nachts ging klar und klein der Mond über sie hinweg, ein grimmiger Frost-mond von gelbem Glanz, dessen starkes Licht auf dem Schnee blau und dumpf wurde und wie der leibhaftige Frost aussah. Die Menschen mieden alle Wege und namentlich die Höhen, sie saßen träge und schimpfend in den Dorfhütten, deren rote Fenster nachts ne ben dem blauen Mondlicht rauchig trüb erschienen und bald erloschen.
    Das war eine schwere Zeit für die Tiere der Gegend.
    Die kleineren erfroren in Menge, auch Vögel erlagen dem Frost, und die hageren Leichname fi elen den Ha-bichten und Wöl fen zur Beute. Aber auch diese litten furchtbar an Frost und Hunger. Es lebten nur wenige Wolfsfamilien dort, und die Not trieb sie zu festerem Verband. Tagsüber gingen sie ein zeln aus. Da und dort strich einer über den Schnee, mager, hungrig und wachsam, lautlos und scheu wie ein Gespenst. Sein schmaler Schatten glitt neben ihm über die Schneefl ä che. Spü-
    rend reckte er die spitze Schnauze in den Wind und ließ zuweilen ein trockenes, gequältes Geheul vernehmen.
    Abends aber zogen sie vollzählig aus und drängten sich 5
    mit heiserem Heulen um die Dörfer. Dort war Vieh und Gefl ü gel
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