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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende
Autoren: Judith Hueller
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würde gerne … also, ich möchte … wenn du willst, dann …« Jule biss sich auf die Unterlippe. »Zeig mir … dein Tattoo.«
    Kaum schwebte der Satz im Raum, hämmerte Jules Herz bis zum Hals. Gebannt verfolgte sie jede einzelne Regung. Zögerte Ewa? Nein. Aber sie schien sich zu sammeln. Langsam richtete sie sich auf. Ihr Blick war schwer zu deuten, doch das intensive Funkeln darin brachte Jule gewaltig ins Schwitzen. Wie in Zeitlupe streifte Ewa ihre Hotpants über die Hüften, weiter über die Knie und warf sie beiseite, zack, der gaffenden Jule neckisch an den Kopf. Egal. Jule rührte sich nicht. Wie hypnotisiert betrachtete sie ihre Liebste. Die sank hüllenlos zurück ins Laken, winkelte ihr rechtes Bein an und neigte es leicht zur Seite. Uff, ein Brandbeschleuniger für die Libido. Heiß schoss Jule das Blut in die Birne. Und da war es, tatsächlich. Ein briefmarkengroßes Tattoo in schwarz, auf der Innenseite des Schenkels am nördlichsten Punkt. Bei geschlossenen Beinen nicht auszumachen, keine Chance, doch in dieser schonungslos offenen Pose war es nicht zu übersehen. Fasziniert zeichneten Jules Fingerspitzen die einzelnen Linien nach und spürten den leichten Schauer, der durch Ewas Körper kroch.
    »Ist das japanisch?«
    Kopfschütteln.
    »Chinesisch?«
    Ein zaghaftes Nicken.
    »Was bedeutet es?«
    Als Antwort bewegte Ewa wieder den Kopf. Jule verstand. Es war noch nicht an der Zeit, dieses Symbol und seine Geschichte zu lüften. Unbeirrt streichelte Jule weiter über das Tattoo. Ewa schloss die Augen und zitterte leicht. Jule konnte den Blick nicht abwenden. Diese bedingungslose Hingabe zog sie in den Bann, diese pure Sinnlichkeit. Zu sehen, wie Ewa sich fallenließ, Jule zuließ, ohne Scheu und Scham. Zu spüren, wie sehnsüchtig ihr Körper schon allein auf diese sanften Zärtlichkeiten reagierte. Ein Kribbeln erfasste Jule. Sie wollte Ewa. Sie verwöhnen, sie lieben, ihr irgendwie zeigen, wie einmalig sie war, wie besonders. Sie wollte ihr so viel geben, viel mehr, so viel mehr …
    Überrascht schnappte Ewa nach Luft, als sich Jules Lippen auf ihr Tattoo legten, es begehrlich küssten, kurz verweilten und weiterzogen.
    »Du musst nicht … du …« Nach diesem Einwurf versagte Ewas Stimme. Stöhnend bäumte sie sich auf, als Jules Mund ihre Mitte fand. Sie krallte sich keuchend ins Laken. Vollkommen ausgeliefert war sie der feurigen Zunge, die gefühlvoll mit ihrer Lust spielte. Jedes Beben stachelte Jule weiter an. Gierig verlor sie sich in Ewas wachsender Erregung, trieb sie weiter, immer weiter, tastete nach Ewas Hände, fand sie, umschloss sie, hörte schließlich den kehligen Aufschrei, spürte das heftige Zucken, und hielt ihre Liebste. Fest, innig und unfassbar glücklich …
    Kein Teelicht und trotzdem eine phänomenale Premiere. Eine gelungene Welturaufführung. Applaus. Erschöpft und high grinste Jule tiefe Grübchen, als sie in den Knopfaugen das verzauberte Strahlen bemerkte, das ihr weicher und intensiver schien als je zuvor. Jule hätte platzen können vor Stolz. Verzückt hauchte sie sanfte Küsse quer über Ewas Gesicht, so lange und noch länger, bis das Zittern allmählich abklang. Verliebtes Kuscheln und verträumtes Schweigen. Kopf an Kopf gelehnt lagen sie nebeneinander im Laken, beobachteten versonnen ihre Hände, ihre Fingerspitzen, die sich umkreisten und immer wieder verspielt anstupsten. Irgendwann …
    »Alles gut, Süße?«
    »Sehr.«
    »Dann ist … gut. Du, ich … mag dein Tattoo. Hat das sehr wehgetan, damals? Weil diese Stelle ja ziemlich sensibel …«
    Ewa hob den Kopf. »Die Wahrheit? Ich hab Rotz und Wasser geheult. Aber ich wollte es so, weil … Ich hab’s machen lassen, nachdem … nicht wichtig.«
    »Doch!«, rutschte es Jule laut heraus. »Ich meine, ich würde gerne die Geschichte hören, bitte.«
    »Die ist beknackt, vollkommen bescheuert. Deshalb weiß auch niemand von dem Tattoo. Außer Natalia, die war dabei.«
    »Echt?«
    »Patryk hat’s gestochen, ein Kumpel von ihr. Zu dem geht sie auch immer. Und Natalia hat die Aktion irgendwie verstanden, obwohl die Sache da schon durch war mit … äh …«
    »Gnojek?«
    »Jule!«
    »Ewa, wenn es um diese CD-Ratte geht, benutze ich gerne das Wort Scheißkerl. Immerhin hat dich dieses Arschloch eiskalt …«
    »Ja«, kam leise von Ewa. »Ich hab’s mir stechen lassen, nachdem er … na ja … abgehauen ist.«
    »Weil dich das alles so sehr verletzt hat?«
    »Nein. Doch. Schon irgendwie, aber Mensch, ich
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