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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende
Autoren: Judith Hueller
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KAPITEL 1

    Ich liebe dich. Als Endlosschleife hallte das Geständnis von Ewa Bogacz durch das Hirn von Jule Schweitzer. Dazu gab es Bigos. Tapfer löffelte Jule das krautige Fleischsuppenirgendwas in sich hinein und dämpfte mit Brot den Wodkarausch. Gütiger Himmel, warum nur hatte sie diesen polnischen Schädelspalter in solch rauen Mengen getankt? Schweitzer, du wurdest in Handschellen am Bettpfosten vergessen. Tja. Leider. Doch welche Rolle spielte ihr unschönes Sexdebakel noch nach Ewas Liebeserklärung? Ewa …
    Der blondierte Zwerg saß neben ihr auf Hello Kitty, dem Polster der Eckbank in der mit Comicfiguren verkitschten Küche, und leckte letzte Reste aus dem Teller. Pfeif auf Knigge, im Kreise der polnischen Sippe. Gerade hebelte Bohnenstange Piotr an der Tischkante eine neue Runde Bier auf. Eine Flasche reichte er Krysztof, der Podolski-gleich grinste und prägnant grunzte. Die andere Flasche ging an den dritten schweigsamen Blondschopf im Bunde, Jakub. Klirrend rumpelten die Flaschen aneinander. Ansonsten herrschte Schweigen. Ewas beste Freundin Alicja lächelte immerzu in Jules Richtung. Offenbar gefiel ihr der Anblick, wie Jule artig Kalorien auf ihren trainierten 36er Körper spachtelte. Irgendwann schwenkte Alicjas Blick zum Zwerg.
    »Ich soll dich übrigens von Magdalena grüßen.«
    Ewa ließ den Teller sinken. »Du hast mit Mama gesprochen?«
    »Vorhin, ehe ich unter die Dusche bin. War aber nicht wichtig.« Nebenbei flocht Alicja ihr feuchtes Haar zum Zopf, und verwandelte sich optisch wieder in Gutemine aus dem Asterix-Kosmos. »Sie wollte nur wissen, ob sie vor meiner Hochzeit noch shoppen muss, oder ob du noch in dein altes Abschlussballkleid passt.«
    »Was? Das hat sie aufgehoben?« Ewa klang entsetzt.
    Konfettialarm! Meine Freundin besitzt neben Boxershorts tatsächlich auch ein Kleid. Offenbar nur eines pro Leben.
    Mit unbekümmerter Miene frisierte sich Alicja weiter. »Entspann dich, Ewa. Ich hab ihr gesagt, dass du abgenommen hast. Kauf dir selbst was Neues. Schuhe leihe ich dir, wie immer. Außerdem hatten Magdalena und ich andere Themen.«
    »Tatsächlich?« Ewa riss die Augen auf. »Welche?«
    »Keine Angst. Meine Lippen waren versiegelt.«
    »Alicja, ich kenn dich.«
    »Nichts hab ich gesagt. Ehrlich. Nur, dass wir dich an diesem Wochenende mit einem kleinen Trick nach Hamburg gelockt haben. Fand sie gut. Auch, dass du mir bei den Vorbereitungen für meine Hochzeit hilfst«, erzählte die Gutemine und Ewa atmete laut aus. »Und sie will Jule unbedingt kennenlernen.«
    »Alicja!« Anpfiff.
    »Was? Magdalena kennt Jule schließlich aus Liebes Leben .«
    Wie unwirklich der Gedanke an die Soap schien, nach dem Trubel des Tages. Doch hatte vor der Kamera alles begonnen. Die schüchterne Kellnerin Viola und die verwöhnte Göre Babett. Ein Gespann, das unter dem Paarnamen ›Violett‹ die Lesbenwelt verzückte. Violett. Die undefinierbare Grauzone rund um Pink, um lesbisch, bi oder sonst was, in der Ewa und sie ihre aufkeimenden Gefühle angesiedelt hatten. Verrückt. So fern wie eine andere Welt. Akut hirnte Jule eher über das Manöver, wie sie unbemerkt ein fetttriefendes Wurststück aus ihrem Teller in Waldis Schnauze unter dem Tisch schubsen konnte.
    »Was hast du Mama von Jule erzählt?«, bohrte Ewa nach. Sie bewegten offenbar ganz andere Dinge.
    Alicja seufzte. »Ich habe nur erwähnt, dass deine Kollegin dich begleitet. Und wie schön Jules Beine sind. Ewa, das musste sein. Deine Prinzessin hat unfassbar schöne Beine.«
    »Aber die gehen Mama nichts an!« Ewa schnaubte.
    »Sieh es als Werbung für deine Prinzessin. Eines Tages wirst du mir dafür noch dankbar sein.«
    Langsam ließ Ewa den Löffel sinken, den sie wurfbereit wie einen Dartpfeil hielt. »Vielleicht hast du recht.«
    »Wie immer.« Ein Lächeln huschte über Alicjas Gesicht. »Übrigens gefällt Magdalena dein neuer Hang zu Reizwäsche.«
    »Alicja!« Die belöffelte Wurfhand schnellte wieder hoch.
    Hurgx. Auch Jule kämpfte. Am Brotbissen, der sich in ihrer Kehle querstellte. Ewas Mutter wusste von ihrem Streifzug durch den Sexshop? Schatz, schmeiß los!
    Alicja blieb gelassen. »Ewa, schick ihr bei Gelegenheit ein Foto, ja? Sie meinte, enterbt wirst du nur, wenn du dich für den Playboy ausziehst. So wie dieses türkische Soapsternchen, das …«
    »Ich mache keine Nacktfotos.«
    »Keine Sorge. So habe ich auch reagiert. Höchstens private Schnappschüsse, habe ich gesagt. Vollkommen harmlos. Oder für einen
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