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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende
Autoren: Judith Hueller
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guten Zweck mit Regenbogenflagge.«
    »Duuu …« Es klang wie Donnergrollen und Ewa sprang blitzschnell auf. Nun war Polen offen. Ewas Wangen glühten geladen im unheilvollen Dunkelrot, und Jule stellte sich schon mal prophylaktisch auf ein ohrenbetäubendes Wortgewitter ein.
    »Will noch jemand Bigos?« Der gewaltloser Einwurf von Piotr.
    »Nein«, fuhr Ewa ihn an. »Dein tratschendes Waschweib fängt sich jetzt eine!«
    Piotr verdrehte die Augen. »Nenn meinen Engel nicht immer so.«
    »Ich meine es ernst.« Ewas Finger ballten sich um den Löffel. »Erzieh deine Freundin endlich. Oder lösch Mamas Nummer.«
    »Magdalena hat mich angerufen«, verteidigte sich Alicja.
    »Boah, ich hab’s so satt!«, brüllte Ewa. »Hör auf, überall deinen Senf dazuzugeben. Das ist meine Beziehung. Was zwischen Jule und mir läuft, geht niemanden etwas an. Verstanden?«
    »Natürlich.« Alicja lächelte. »Unser Ersatzhandy liegt nun im Nachttisch. Pin steht hinten drauf, Schlüsseldienst ist eingespeichert. Sollte bei eurem nächsten Sexversuch wieder etwas klemmen, und sollten wir ausnahmsweise nicht in der Nähe sein.«
    »Danke.« Ewa knurrte daraufhin leiser.
    »Bitte. Und nun lass den albernen Aufstand. Alles, was ich mit Magdalena besprochen habe, war nur zu deinem Besten. Keine Details, ich schwöre. Dass du nun offiziell mit einer Frau zusammen bist, erzählst du ihr selbst. Schließlich bist du frisch verliebt, nicht ich. Ich hab Piotr. Und nun sag es deiner Prinzessin noch einmal.«
    »Was?«
    »Ich liebe dich. Wir Frauen brauchen das öfters.«
    »Oh nein!«
    »Oh doch!«
    »Nein.« Ewa funkelte Alicja an. »Jetzt pass mal auf: Dieser Satz vorhin war privat. Du hast gelauscht. Das ist schlimm genug. Ich sage Jule-ich-liebe-dich, wenn ich Jule-ich-liebe-dich sagen möchte und nicht, weil du Jule-ich-liebe-dich hören möchtest. Denn Jule-ich-liebe-dich ist mein Text. Nur ich sage Jule-ich-liebe-dich. Und warum? Richtig. Weil ich meine Jule liebe.«
    Alicja strahlte. »Gottchen, gleich sechs Mal. Ich bin so stolz auf dich, Ewa. Darauf trinken wir.« Sie nickte ihrem Herzbuben zu. Routiniert schaffte Piotr die Schnapsgläser herbei und goss gluckernd den Schädelspalter ein. Alle griffen zu. Jule nicht.
    »Was ist?«, fragte Ewa.
    »Ich fürchte, ich habe schon einen sitzen.«
    »Soll ich dir Brühe machen?«
    »Fräulein, ich habe keinen Kater. Ich bin voll.«
    »Trink ruhig weiter«, kam gutgelaunt von Alicja. »Und iss dein Bigos auf, Liebes. Ich mixe dir unterdessen was zusammen. Dann bist du wieder topfit, ehe ihr mit den Jungs loszieht.« Sie tätschelte Jules Hand und erhob ihr Glas.
    Na dann … Weg den Dreck.
    Es folgte eine Premiere. Junggesellenabschied. Der erste in Jules Leben umringt von Polen. Unternehmungslustig sammelte sich die Truppe vor dem Haus. In Jule wirkte Alicjas Zaubertrank nach. Sensationell. Ihr Blickfeld weitete sich wieder und der Wodkadruck aufs Hirn ließ nach. Lass dir den Suffkiller patentieren, Alicja. Der schlägt ein wie Viagra. Zumindest stand Jule wie eine Eins.
    »Okay, Jungs. Wohin?«, fragte sie und blickte in die Runde.
    Krysztof grinste. »Dom.«
    »Dom?« Jule verrutschte die Tonlage. Mit allem hatte sie gerechnet. Karaokebar, Spielcasino, Pornokino. Aber ein Kirchenbesuch als Programmpunkt Nummer Eins?
    Ewa nahm ihre Hand. »Dom ist cool.«
    Weil ihr Polen mal Papst wart? Mit einem Seufzen gab sich Jule geschlagen. »Schön. Ich bin schließlich auch katholisch erzogen. Dann beten wir eben eine Runde für Piotrs Ehe, und ich stifte eine Kerze.« Amen.
    »Der Hamburger Dom ist ein Volksfest, Jule.«
    »Oh. Ach so. Quasi Wiesn?«
    »Nein. Auf dem Heiligengeistfeld gibt es kein Gras. Nur Beton. Dafür Schnaps.«
    Interessant. Jule verzieh ihrer Freundin die bayrische Bildungslücke und atmete auf. Ein Besäufnis bis zum Filmriss. Na, das passte schon besser ins Bild.
    Sie schlenderten los und über den Kiez. Der hatte sich inzwischen deutlich gefüllt. Partygänger von jung bis alt schoben sich schnatternd und trinkend an ihnen vorbei. Noch immer lockte überall das Wort Sex, nun in knalligen Neonfarben. Egal. Jules Hand ruhte entspannt in Ewas. Alles war gut. Kein Bollerwagen mit Bierfass im Schlepptau, kein affiger Einheitslook, und die Jungs schienen Piotr nicht mit albernen Spielchen foppen zu wollen. Hervorragend. Von Schritt zu Schritt gefiel Jule dieser unaufregende Junggesellenabschied mehr.
    Nach einem gemächlichen Fußmarsch erreichten sie das Festgelände, idyllisch
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