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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende
Autoren: Judith Hueller
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Duftbäume. Perfekt! Du, vielleicht sollte ich in Zukunft immer fahren und … Aua-ha, Mann! Du Penner!«, fluchte Jule. »Boah, hast du das gesehen? Dieses unerzogene Kind hat uns gerammt. Ohne Grund!«
    Ewa knurrte. »Gib Stoff und rausch dem rein.«
    »Fräulein, ich kann Autofahren.«
    »Dann lass mich an Steuer.« Frau B. krempelte sich die Ärmel hoch. »Ich mach die platt. Alle.«
    »Oh nein. Das überlebe ich nicht.«
    »Sei kein Mädchen, Jule.«
    »Herrgott, ich bin eins!« Und du liebst mich, Bogacz.
    »Rutsch rüber.« Ewa griff nach dem Lenker.
    Jule ging dazwischen. Bei voller Fahrt nahm sie Ewas Gesicht in ihre Hände, was soll’s, dann rumsten sie eben gegen die Bande. Rums. Wurscht. »Süße, sieh mich an«, sagte Jule. »Wir sind zwei erwachsene Frauen. Hübsch, talentiert und sogar irgendwie prominent. Die Lesben da draußen beten uns an. Die lieben Violett! Und du willst wirklich, dass wir uns hier aufführen wie all die anderen Irren, die sich total kindisch und rüpelhaft durch die Gegend schieben?«
    »Ja.«
    Jule seufzte. »Steig aus.«
    »Wie bitte?«
    »Hier sind Chips. Hol dir einen Wagen und wir zermalmen den dämlichen Knirps. Ich von rechts und du von links.«
    Ewa stutzte, sprang jedoch auf und spurte los. Kaum war sie raus, rückte Jule an ihrer Brille. Schweitzer, und Action! Punkte bei deiner Freundin. Einmal ganz tief einatmen, einmal ganz tief ausatmen. Entschlossen trat sie das Pedal durch, eisern bis zum Anschlag, und riss heroisch das Steuer herum. Direkter Kurs ins Getümmel. Was soll’s. Sterb ich in meinem neuen Leben eben heute.
    Mit glühenden Wangen krabbelte Jule aus der Karre und richtete sich das zerzauste Haar. Schon stürmte Ewa ihr entgegen. Der Zwerg hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. Respekt. Bei gerade mal ein Meter sechzig Körpergröße. Und schön.
    »Jule«, rief Ewa.
    »Ewa«, rief Jule zurück.
    »Jule …«
    »Ewa …« Wow. Der Dialog hatte das Zeug zur Endlosschleife.
    »Jule, du … du bist der Hammer!«
    »Haste gesehen? Am Schluss hat der Bengel fast geflennt. Ey, wie wir den in die Mangel genommen haben. Mega.«
    »Und wie der geflucht hat.«
    »Niedlich, oder? Ich hätte dem stundenlang reinfahren können.«
    Ewas Augen funkelten und blitzten. »Warum hast du nie gesagt, dass du so ein Ass am Steuer bist?«
    »Hab ich doch. Du wolltest mich nur nie …«
    »Kaufen wir uns ein Auto?«
    »Bitte?« Verhörer oder Scherz, Jule war sich nicht sicher. In Ewas überschäumenden Blick suchte sie nach einem Hinweis. »Du-du meinst, wir beide …«
    »Ja. Wie du rumheizt, das war großartig. Du warst großartig.«
    »Nein, du warst großartig, Süße.«
    »Wollen wir?«
    »Was?«
    »Ein Auto. Bitte sag ja.«
    Kein Witz also. Jule schluckte und blätterte innerlich im Beziehungsratgeber. Auto fing mit A wie Anfang an, schon klar, aber hatten sie nicht ein paar Seiten übersprungen?
    Ewa schloss die Augen. »Ich sehe es schon ganz genau von mir. Breitreifen, Chromfelgen, und obendrein …«
    Einmal das Wort Duftbaum, Bogacz, und das Thema ist vom Tisch. »Ein Cabrio«, rutschte es Jule über die Lippen und das Statement überrumpelte sie selbst. Ihr Herz pochte wie verrückt. Was geschah hier?
    »Deal«, sagte Ewa und strahlte zum Niederknien. Aus kurzer Distanz himmelten sie Jule an.
    »Und jetzt, Süße?«
    »Schnaps und Geisterbahn?«
    »Schnaps und Geisterbahn«, wiederholte Jule und gab ihrem Zwerg einen Stups auf die Nase. Na bitte. Mit ein wenig Geduld bekommt eine Schweitzer am Ende doch, was sie will.
    Erfüllt von Vorfreude polierte Jule noch schnell ihre Brillengläser, dann kuschelte sie sich an Ewas Schulter. Die kauerte neben ihr im Zweisitzer und trommelte auf ihren Knien.
    Jule kombinierte. »Musst du, Süße?«
    »Was?«
    »Toilette. So wie du rumzappelst. Warum hast du denn nichts gesagt? Da waren doch überall Schilder und Häuschen.«
    »Ich muss nicht aufs Klo. Ich bin nur aufgeregt.«
    »Du hast Angst?«
    »Blödsinn. Ich war nur ewig nicht mehr in so einem Teil.«
    Wie wahr. Jule konnte sich selbst nicht erinnern, wann sie zuletzt in einer Geisterbahn gesessen hatte. Seitdem schien sich nicht wirklich viel verändert zu haben am Konzept. Theatralisch schwangen die Tore auf. Ächzend ruckelte ihr Wagen los und rollte in die Dunkelheit, die sie verschlang wie ein Staubsauger den Fussel. Willkommen im Reich von Graf Dracula. Der hatte offenbar Geldsorgen. Von den Särgen aus Pappmaché blätterte die Farbe und der algenbehängte
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