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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende
Autoren: Judith Hueller
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Armreifen an ihren Handgelenken. Ansonsten war es still im Wagen.
    »Guten Abend«, grüßte Ewa. »Wir … äh … würden gerne …«
    Esmeralda hob den Kopf und scannte sie mit dunklen Augen. »Wissen, was die Zukunft bringt«, vollendete sie den Satz mit rauchiger Stimme.
    »Krass.« Ewa gab sich beeindruckt. »Woher wissen Sie das?«
    Boah Bogacz. »Süße, jetzt sei bitte nicht peinlich. Das liegt auf der Hand.«
    »Handlesen kostet.« Esmeralda griff sofort den Faden auf.
    Unschlüssig musterte Ewa ihre rechte Handfläche. »Und dort sehen Sie wirklich, was auf mich zukommt?«
    Jule musste grinsen. »Was war, erblickt sogar ein Laie, Fräulein. Guck, hier klebt Softeis, da Spuren von der Zuckerwatte und …« Sie verstummte, als Ewa mit hochrotem Kopf ihre Finger an der Jeans abwischte und sie beschämt in ihren Hosentaschen vergrub. Gottchen, wie süß, und Jule warf ihre Grundsatzbedenken über Bord. Die Show konnte nur heiter werden. Also setzte sie sich, kramte in ihrer Handtasche und legte einen Zwanziger auf den Tisch. »Und für diese Summe erzählen Sie uns bitte was Nettes.«
    Auch Ewa nahm Platz. Ihre Blicke ruhten auf Esmeralda, die wie in Trance ihre Karten mischte. Schweigen. Herrje. So recht voran ging hier nix.
    Jule räusperte sich. »Fangen wir mit Babett an. Die …«
    »Wieso?«, grätschte Ewa dazwischen. »Deine Soap-Rolle ist Mist, und Babett eine koksende Bitch. Das wissen wir bereits.«
    »Kleiner Test, Fräulein.« Jule zwinkerte. »Wenn die Dame aus freien Stücken Sex mit Nick auf der Toilette erwähnt, und daraufhin meine HIV-Infektion, dann …«
    »Aber am Ende müssen wir doppelt zahlen.«
    Auch wieder wahr. Jule blickte Esmeralda an. »Spüren Sie schon Schwingungen?«
    Keine Antwort.
    »Bekommt jede von uns eine eigene Karte oder gilt eine für beide?«
    Wieder Schweigen.
    »Na gut. Dann ganz konkret. Wann haben wir das erste Mal Sex?«
    »Jule!« Anpfiff von Ewa.
    »Was denn?« Augenrollen. »Das interessiert uns schließlich brennend. Oder sollen wir statt ›Wann‹ lieber ›Wie wird’s‹ fragen?«
    Ewa hob die Schultern. »Hab gerade einen Blackout.«
    Super, Bogacz. Uns erst in diesen Zukunftszirkus reinschubsen und dann kneifen. »Okay. Anders. Welche Fragen können Sie uns denn beantworten?« Erneuter Blick zu Esmeralda.
    »Lass, Jule. Ich kürz das ab.« Ewa rupfte der Wahrsagerin eine Karte aus dem Stapel. »Unsere Zukunft. Und zwar … oh.« Prompt färbten sich die Bogacz-Wangen rot.
    War es der Gehängte? Nehmen wir uns dann einen Strick? Das flaue Gefühl kehrte in Jules Magen zurück. Nun wurde es konkret. Gucken oder nicht? Schweitzer, du hast dafür bezahlt. Jule linste über Ewas Schulter und erkannte eine sitzende Frau auf einem Thron, umgeben von einem Blumenbogen. Unten entzifferte sie die Worte: ›Königin der Münzen‹.
    »Das ist gut, oder?« Ewa strubbelte sich durch die Fransen und ihre Miene hellte sich immer weiter auf. »Bedeutet das Geld?«
    »Pfff.« Als ob das wichtig wäre, Fräulein.
    »Du, vielleicht taucht bald eine Millionärin auf, die mir …«
    »Bogacz!«
    »Was denn? Wäre doch mega. Mein Sechser im Lotto. Ey, wenn du wüsstest, was … äh … was hast du, Jule?«
    Alte Bilder mischten sich mit neuen. Sie sah Ewas Blick verliebt funkeln. Doch er galt nicht ihr. Jule, das mit uns … es funktioniert nicht mehr. Ein unterkühlter Satz, den Jule nicht schlucken konnte, nicht schlucken wollte. Ungläubig diskutierte sie dagegen an und schwärmte alle Argumente vor, die für diese Beziehung sprachen. Lass es, Jule. Hat keinen Sinn, ich habe mich entschieden. Es … gibt da jemanden. Erinnerungen schnürten ihr die Kehle zu. Es war absurd. Längst vorbei. Vor ihr auf dem samtigen Tischtuch lag nur bedruckte Pappe. Doch …
    »Mensch Jule, was ist denn los?«
    »Ich muss hier raus.«
    »Hey!« Ewa hielt sie am Arm zurück.
    »Lass mich.«
    »Von wegen. Du sprichst mit mir – hopp.«
    »Ewa …« Jule schluckte, und suchte im Durcheinander nach Worten. »Wenn du eine andere willst, dann …«
    »Spinnst du?« Ewa sah sie mit großen Augen an. »Ich mach mir nichts aus Frauen. Das weißt du ganz genau.«
    »Früher. Aber inzwischen bist du …«
    »Nur wegen dir. Violett ist eine einmalige Sache.«
    »Ich habe keine Million in Münzen.«
    »Na und? Jule, hey, komm runter. Dein Blick macht mir Angst, okay? Ich habe dir gesagt, dass ich dich liebe.«
    »Und für wie lange? Bis eine steinreiche …«
    »Jetzt sagen Sie doch auch mal was«,
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