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Violett ist nicht das Ende

Violett ist nicht das Ende

Titel: Violett ist nicht das Ende
Autoren: Judith Hueller
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ja? Ich fühle mich irgendwie nicht so ganz nach …« Morddrohungen von Mutti.
    »Warum? Hat Piotr Müll gelabert? Mensch, du kennst ihn doch. Den musst du nicht ernstnehmen. Aber wenn du möchtest, hau ich ihm später eine rein, kein Ding.«
    »Süße, können wir fahren? Da vorne ist ein Taxistand.«
    »Zurück nach Berlin? Jetzt?« Ewa klang nicht begeistert. »Aber ich wollte mit dir morgen früh auf den Fischmarkt.«
    »Hol dir dein Krabbenbrötchen hier.«
    »Jule, wäääh. Ich will zum Markt. Komm, noch eine Nacht.« Flehende Hundeaugen.
    Jule musste schachmatt ihren Text ändern. »Nur, wenn wir durchmachen. Wir schlafen nicht bei Alicja, wir gehen nicht mehr zu Alicja, wir vergessen Alicja.«
    Ewa verdrehte die Augen. »Unsere Sachen sind bei ihr.«
    »Ich kauf dir neue.«
    »Nix da. Die holen wir und …«
    »Nein!«, rief Jule und rang um ihre Fassung. »Süße, es-es ist … also … da ist … weißt du … ich … es … da-da-ist …«
    »Sprich Deutsch.«
    »Deine Mutter.« Jule schluckte. »Deine Mutter ist hier. Hier in Hamburg.« Und fürs Protokoll: Das ist mit Abstand das schlimmste Wochenende meines Lebens.
    Bogacz hoch zwei in der Hansestadt. Uff, jetzt war es raus. Eine Falte legte sich auf Ewas Stirn, während sie am Daumen kaute.
    »Mama ist in Hamburg?«, wiederholte sie langsam.
    »Süße, sie sitzt bei Alicja und die beiden reden. Reden und trinken, verstehst du? Danach weiß die alles. Alles! Dass wir ein Paar sind, dass wir Handschellen ausprobiert haben, und von unserem Sexversuch auf dem Küchentisch, und wie meine Brüste ungepusht aussehen und …«
    »Was will Mama?«
    »Das fragst du noch? Sie wird mich hassen und dich enterben.«
    »Unsinn. Meine Eltern sind tolerant.«
    »Aber ich sehe scheiße aus«, rutschte es ihr heraus. »Meine Haare liegen nicht, ich trage Brille und Jeans und hier, an der Schläfe kriege ich so einen fiesen Mini-Pickel, ich spüre es, der … humpf.« Ein stürmischer Kurzkuss stoppte Jules Redeschwall. Das Ergebnis? Verwirrung pur. »Süße, äh … wofür war der denn?«
    »Spart Zeit, Jule. Du machst nämlich gerade Theater.«
    »Hallo? Es geht um deine Mutter.«
    »Eben. Meine Mama. Mein Coming-out.«
    »Als Kind hast du Welpenschutz. Ich dagegen bin die fremde fiese Lesbe, die dich versaut.«
    Ewa holte laut Luft. »Jule, erstens: Du siehst bezaubernd aus. Mit dir kann man immer angeben. Zweitens: Du bist erst seit kurzem lesbisch. Da steckt kein Vorsatz dahinter. Und drittens: Mama kennt dich aus dem Fernsehen.«
    Verdammt, als Babett würde ich mich auch töten. »Ist mein Quickie mit Nick schon gelaufen?«
    »Ne, der kommt erst noch.«
    »Gut. Wenigstens denkt deine Mutter dann nicht, ich bin ein notgeiles Stück, das es mit jedem treibt, und ihrer Tochter brutal das Herz bricht und …«
    »Jule, Mama mag dich. Nachdem du mich das erste Mal geküsst hast in dieser Flaschendrehszene, hing sie heulend am Telefon.«
    »Siehst du?«
    »Gerührt, nicht geschüttelt.«
    »Oh.« Krass. Jules Mutter hatte sie nach dem Kuss über eine Woche lang ignoriert. »Trotzdem, Süße. Ich fürchte, ich muss mir noch Mut antrinken.«
    Ewa seufzte. »Na schön. Wo sind die Jungs?«
    »Alicja tippt auf Dollhouse. Ist das ein Club?«
    »Eine Tabledance-Bar.« Kaum ausgesprochen, färbten sich Ewas Wangen tiefrot. »Ju-Jule, du solltest vielleicht wissen, dass … also … dass … Das ist mir jetzt ein bisschen peinlich.«
    »Du warst da schon mal. Sogar mehrmals, stimmt’s? Du, kein Problem.« Puff wäre schlimmer. »Und wer weiß? Vielleicht törnt uns das Setting ja an«, sagte Jule noch.
    Ziemlich blauäugig. Denn der Gedanke wirkte nach auf dem folgenden Fußmarsch Richtung Kiez. Ach herrje. Sie beide umzingelt von Erotik. Bestimmt standen im Strippladen alle Zeichen auf Sex, der in ihrer Beziehung noch so schmerzlich fehlte. Wenn das mal eine gute Idee war.
    »Gibt es dort Toiletten, Süße?«
    »Musst du, Jule?«
    Dich zeitnah endlich anfassen – ja. »Vielleicht könnten wir uns einen Moment zurückziehen und …«
    »Sex auf dem Klo?« Ewa klang schockiert. »Vergiss es.«
    »Ich kann mir auch Netteres vorstellen, Fräulein.«
    »Warum schlägst du es dann vor?«
    Äh … Notstand? »Vermutlich finde ich allmählich jedes Örtchen sexy, an dem wir für ein paar Sekunden ungestört sein dürfen.«
    »Deine Rolle färbt ab.« Ewa gluckste. »Babett würde es auf jedem Klo treiben. Wir aber nicht, verstanden? Solche Nummern sind immer scheiße.«
    »Immer?«
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