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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde
Autoren: Wera Tschaplina
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Herz geschlossen hätte.
    Beim Signal zum Aufstehen sprang Marjam aus Petrows Bett und lief zur Morgengymnastik. Während des Frühstücks versuchte sie, in den Speiseraum zu gelangen. War der Türhaken mal nicht zu, dann öffnete Marjam die Tür mit ihren Tatzen, stürmte zu den Tischen, und es war furchtbar schwer, sie wieder hinauszuschaffen.
    Die kleine Bärin schrie und widersetzte sich so heftig und bettelte so drollig, daß jeder ihr nur allzu gerne einen Leckerbissen zusteckte.
    Marjam wuchs als zahme Bärin auf. Sie hatte einen außerordentlich nachgiebigen Charakter. Gewöhnlich sind Bären jähzornig, ja launisch, und sie können ihren Besitzer unerwartet beißen. Bei Marjam kam so etwas nie vor.
    Bis Ende Juni blieb sie bei dem Grenztrupp. Im Juli, als Marjam vier Monate alt wurde, fuhr Petrow in Urlaub. Da sein Reiseweg ihn über Moskau führte, beschloß er, Marjam dem Moskauer Tiergarten zu schenken.
    Sie wurde zunächst im Käfig für den Nachwuchs untergebracht. Dort befanden sich damals verschiedene Jungtiere: Dingos, Füchse, Wölfe, Löwen und Bären. Marjam war im Nu umringt. Jedes Tier beeilte sich, ihre Bekanntschaft zu machen und mit ihr zu spielen.
    Marjam aber erschrak. Sie hatte noch keine anderen Tiere gesehen. Sie wich brüllend zurück. Die Tiere hielten dies für eine Aufforderung zum Spiel und jagten ihr nach.
    Nachdem Marjam zweimal um den Platz herumgelaufen war, verkroch sie sich mit vor Schreck weitgeöffneten Augen in einen Winkel. Als aber ihre eigenen Artgenossen, die kleinen Bären, auf sie zukamen, erhob sie sich in voller Höhe und begann wieder zu brüllen.
    Die kleinen Bären und die anderen jungen Tiere merkten, daß der Neuling mit ihnen nicht bekannt werden wollte. Sie gingen weg, spielten miteinander und beachteten Marjam nicht mehr.
    Marjam saß den ganzen Tag in ihrem Zufluchtswinkel und kam erst heraus, als sich die jungen Tiere zum Mittagsschläfchen hingelegt hatten. Sie ging zwischen den schlafenden Tieren umher und schrie. Kaum standen sie aber auf, verkroch sich Marjam wieder in ihren Winkel.
    Am nächsten Tage wiederholte sich das gleiche; Wärter und Zootechniker versuchten mehrmals, Marjam mit den anderen Tieren bekannt zu machen. Marjam jedoch, die sonst so zahm war und so gut mit Menschen verkehrte, wollte mit Tieren durchaus nicht bekannt werden. Sie verkroch sich in ihren Winkel und verbrachte dort den ganzen Tag; in den Nächten aber schrie sie jämmerlich und zerrte mit den Tatzen an der Tür.
    Wir waren gezwungen, Marjam in der Sektion für Tiere unterzubringen, die man zu auswärtigen Vorführungen mitnahm. Die Sektion bestand aus einem nicht sehr großen, umzäunten Hof, an dessen Längsseite sich eine lange Reihe von Käfigen hinzog. Zunächst kam auch Marjam in einen Käfig. Sie war aber an ein Leben in Freiheit gewöhnt. Tagelang lag sie neben dem Gitter, stöhnte kläglich und fraß beinahe nichts.
    Der Sektionschefin Galina tat die kleine Bärin leid, und sie ließ Marjam in den Hof, wo sie sich ein wenig austoben konnte.
    Marjam besann sich auf alle ihre Kunststücke: Sie ging auf den Hinterbeinen umher, schoß Purzelbäume oder streckte ihre Vordertatze vor und bettelte um einen Leckerbissen.
    Sie benahm sich so wenig nach Bärenart, daß sie bloß zur Nacht in den Käfig gesperrt wurde. Die übrige Zeit verbrachte Marjam auf dem Hofe oder in der Dienststube.
    Und dennoch fiel es nicht leicht, die kleine Bärin in Freiheit zu halten. Nicht alle Mitarbeiter des Tiergartens wußten, daß Marjam zahm war. Es kam vor, daß man die Hoftür zu schließen vergaß. Marjam schlüpfte hinaus und mußte wieder eingefangen werden. Das war oft gar nicht so leicht. Manchmal ließ sie sich sofort fangen, manchmal wollte sie aber spielen, nahm Reißaus und kletterte auf einen Baum.
    In solchen Fällen hatten wir mit Marjam unsere liebe Not, denn auf dem Baum verbrachte sie zwei bis drei Stunden. Und solange Marjam ihre akrobatischen Kunststücke aufführte, mußte Galina unter dem Baum sitzen und aufpassen, daß die kleine Bärin sonst nichts anstellte.
    Außerdem fand Marjam Gefallen an Ringkämpfen. Und da sie keinen Kameraden für dieses Spiel hatte, rückte sie den Wärtern zu Leibe und störte sie bei der Arbeit.
    Galina versuchte mehrmals, Marjam mit einem anderen Tier zu befreunden, aber Marjam blieb scheu und wollte mit keinem spielen.
     
    Ganz zufällig fand Marjam aber doch noch einen Spielkameraden, den sechs Monate alten Airedale-Terrier Jack. Er
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