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Vierbeinige Freunde

Vierbeinige Freunde

Titel: Vierbeinige Freunde
Autoren: Wera Tschaplina
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nirgends hinzugehen hatte. Sie kehrte zum Tor zurück und blieb unschlüssig stehen.
    Maria konnte sich später nicht erinnern, wie lange sie hier gestanden und gegrübelt hatte. Schließlich siegte die Liebe zu ihrem Fuchs. Entschlossen zog sie an der Leine, aber … der Riemen war zernagt und Lissok nicht mehr da.
    Maria lief durch die Nebenstraßen, blickte in alle Höfe und rief den Fuchs. Aber der blieb verschwunden. Mit Tränen in den Augen kehrte Maria in den Tiergarten zurück und bat um Hilfe.
    In einer der folgenden Nächte sah der Wächter des Tiergartens bei seinem Rundgang einen Fuchs aus den Sträuchern springen. Im Mondschein konnte der Wächter das Tier gut erkennen. Sollte er Hilfe holen oder den Fuchs selbst fangen?
    Der alte Mann machte einige vorsichtige Schritte auf den Fuchs zu. Nanu? Der blieb ja stehen! Plötzlich winselte er, wedelte mit dem Schwanz und kroch dem Wächter entgegen.
    Der Wächter war einfach verblüfft. Nun arbeitete er schon so viele Jahre im Tiergarten, aber noch nie war er einem Fuchs begegnet, der nachts in Freiheit einem Menschen entgegenkroch. Der Fuchs war also zahm. Der Wächter nahm ihn ohne weiteres auf den Arm und brachte ihn zur Wache.
    Dort nahm man ihm das Halsband ab und fand darauf die Adresse der Besitzerin. Maria wurde benachrichtigt.
    Aber Maria ließ den Fuchs im Tiergarten. Und jetzt besucht sie ihren Liebling jeden Sonntag, bringt ihm Leckerbissen und geht mit ihm spazieren.
     

WAIGATSCH
    Ein Telegramm war eingetroffen: Auf der Insel Waigatsch war ein roter Wolf gefangen und als Geschenk an den Zoo geschickt worden. Ein solches Tier hatte ich noch niemals gesehen. Ich erwartete seine Ankunft voller Ungeduld.
    Als die große feste Kiste vom Lastkraftwagen abgeladen war, wollte ich mir das Tier durch eine Spalte ansehen. Aber drin war es dunkel. Ich mußte warten, bis man den Wolf in den Käfig ließ.
    Wir hatten beschlossen, ihn in derselben Reihe wie die Füchse und Schakale unterzubringen. Dort war noch ein freier Käfig. Die Kiste wurde an die Käfigtür gesetzt und dann geöffnet. Gewöhnlich gehen wilde Tiere sehr ungern in fremde Räume über, aber in diesem Falle klappte es mühelos. Der Wolf trat heraus, schüttelte sich und begann den Käfig zu besichtigen.
    Er war groß, breitstirnig, und sein Haar hatte einen rötlichen Schimmer. Gelassen umschritt er den Käfig und legte sich dann genau in der Mitte nieder.
    „Das ist doch kein Wolf“, sagte der Wärter zweifelnd.
    Der Chef der wissenschaftlichen Abteilung betrachtete das Tier genau und sagte: „Die Augen und das Verhalten sind ganz und gar nicht wölfisch. Wahrscheinlich ist er ein Mischling, eine Kreuzung zwischen Wolf und verwilderter Hündin, und die Jäger hielten ihn wegen des rötlichen Schimmers auf seinem Haar für einen roten Wolf.“
    Der Irrtum wurde von allen lebhaft bedauert, konnte aber nicht wiedergutgemacht werden, und so verblieb Waigatsch, wie man den Mischling nannte, im Tiergarten.
    Anfangs fürchtete sich der Wärter, zu ihm hineinzugehen, und trieb ihn in einen anderen Käfig, wenn er bei ihm aufräumen mußte. Aber eines Tages hatte der Wärter die Durchgangstür nicht verschlossen. Er wusch den Fußboden und sah plötzlich, daß Waigatsch hinter ihm stand. Der Wärter erschrak, denn er dachte, das Tier würde sich sofort auf ihn stürzen. Doch Waigatsch blieb stehen. Ja, er gähnte, als wollte er damit andeuten, daß er nicht beabsichtige, jemanden zu überfallen.
    „Ein verständiges, ein achtbares Tier“, pflegte der Wärter nach diesem Vorfall von Waigatsch zu sagen.
    Während der Fütterung warf sich Waigatsch nicht wie andere Wölfe im Käfig hin und her, sondern wartete an der Tür geduldig auf seine Ration. Gelassen nahm er das Fleisch und begab sich zu seinem Platz.
    Der ruhige, aber düstere Waigatsch wurde niemals zärtlich. Ein Tag glich dem anderen. Morgens ging er mit gemessenen Schritten im Käfig hin und her, tagsüber wartete er auf das Futter, und abends, nach der Fütterung, rollte er sich zusammen und schlief.
    In der Nacht aber … was Waigatsch während der Nacht tat, wußte niemand, denn jeden Menschen, und wenn er noch so leise heranschlich, empfing Waigatsch mit wachsamen Augen und gespitzten Ohren.
    Es schien, daß die Tageseinteilung des Tieres durch nichts gestört werden konnte.
    Da brachte man eine Hündin mit ihren Jungen in seinen Übergangskäfig. Sie hieß Jane und war außergewöhnlich gutmütig und zärtlich. Jeden empfing sie
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