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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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»Die Glorreichen Sieben« geschnitten und dieses kraft meiner Vorstellung, so gut es ging, auf den Ablauf angepasst, der in meinem Kopf war.
    Ich weiß noch, wie nervös ich war, denn ich hatte ja nichts als die Namen der Darsteller, die ich natürlich alle aus dem Red Grizzly Saloon kannte, das Wissen um ihre Talente und eine ungefähre Vorstellung davon, wie lang man brauchte, um von der Kulisse des Bankgebäudes bis zu den Schwingtüren des Saloons zu laufen, oder welche Zeit der Stuntman Sören Schaper in etwa benötigte, um getroffen vom Balkon zu fallen.
    Der erste Schuss von Marshall Cyrus Thibeault sollte den Boden des Balkons durchschlagen, und der zweite sollte treffen. Darum bastelten wir ein Metallgitter, auf das wir Theaterstaub und Balsaholz plazierten. Wenn Cyrus den Lauf der Schrotflinte nah genug von unten an das Gitter hielt und abdrückte, flog der Belag durch das Mündungsfeuer in die Luft, als hätte er scharfe Munition geladen und durch die Holzbalken geschossen.
    Zusätzlich dazu sollten nicht nur diese, sondern möglichst alle Schüsse in der Show perfekt auf die Musikakzente passen. Immer und immer spielte ich im Kopf die Show durch, und das in einem Set, das ich noch gar nicht genau kannte, aber hoffte einigermaßen abschätzen zu können.
    Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern, ob ich jemals wieder so zufrieden und stolz auf irgendetwas war wie auf diesen Moment, als ich das erste Mal das Playback über die Boxen laufen ließ und für die zugegebenermaßen anfangs eher skeptischen Kollegen nacheinander ihre Rollen zur Musik vortanzte. Ich war nervös und flatterig, aber trotzdem passten fast alle Akzente, alle Wege, jeder Schuss. Nur am Ende hatte ich viel zu knapp kalkuliert, Cyrus hätte viel zu schnell die beiden Schüsse abzugeben, und Sören konnte unmöglich so schnell von dem Balkon hechten. Da ich meinen Achtspur-Rekorder und alle verwendeten Musiken mitgebracht hatte, bauten wir das Ende einfach noch einmal neu, und so spielten wir in den nächsten Monaten Tag für Tag zwei- bis dreimal diese eine Show immer und immer wieder.
    Und als wäre das nicht schon genug Erfüllung eines langgehegten Traums, gestattete mir der Heinz, dass ich die Rolle des Fotografen in der Show als mein großes Vorbild Buster Keaton bestreiten durfte. Keaton selbst hatte ja mehrere Western gedreht und darin vor der Kamera gestanden. Sein Meisterwerk »The General« erzählt zum Beispiel von dem Raub eines Zuges während des Bürgerkriegs und der Jagd des Zugführers, um seine geliebte Lokomotive wieder zurückzuholen.
    Ein bisschen arg bleich hast du dich manchmal geschminkt.
    Ja, ich wollt eben aussehen, wie ein lebendiger Stummfilm.
    Aber dafür hast du gut zum Long John gepasst.
    Da hast du recht.
    Long John gab im Red Grizzly Saloon nämlich den Undertaker, der den Gästen grünlichen Schnaps aus seinem sargförmigen Flachmann einflößte und dann auf seine Taschenuhr sah, als würde er das baldige Ableben abwarten.
    Außerdem hatten wir natürlich verschiedene Showacts im Saloon. Unter anderem spielten wir zusammen mit Frankie eine Lynchnummer, in der ich ahnungslos ausgeraubt und dann für dieses vermeintliche »Vergehen« auch noch im Saloon aufgehängt werden sollte. Dazu musste wieder einmal einer der voll besetzten Tische geräumt werden und die Leute lachten Tränen, wenn Long John schon einmal Maß von mir nahm, während Frankie mir bedeutete, die Schlinge gefälligst festzuziehen, bevor ich sprang.
    Der Red Grizzly Saloon hat mir auch immer sehr viel Spaß gemacht.
    Ich denke da heute noch sehr gern dran zurück, Heinz. Und auch an No Name City.
    Ja, ehrlich gesagt, ich schon auch. Das war so eine wilde Zeit, und manchmal mein ich schon, es war damals auch irgendwie einfacher …
    Ich weiß nicht, vielleicht denkt man das immer über die Vergangenheit. Kann doch auch sein, dass wir nur einfach naiver und ahnungsloser waren und darum einfach mehr Schmarrn gemacht haben.
    Das weiß ich nicht. Aber was anderes weiß ich ganz genau.
    Was denn?
    Ich würd alles exakt genauso noch einmal machen.
    Ich auch, Heinz. Und weißt du was?
    Was?
    Am liebsten wieder bei dir.
    Das ist ja nett. Das ehrt mich.
    Nein. Mich. Und wie.

Bonusmaterial
    Ich hab da noch eine Anekdote, die nicht so direkt in die Westernthematik passt, sich aber während eines Messejobs mit dem Red Grizzly Saloon zugetragen hat. Nachdem in dem Vorgänger zu diesem Buch mit dem Namen »Das Vorzelt zur Hölle« auch schon ein
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