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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
Autoren: Marion Schreiner
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schlupfte viele Monate bei einem alten Mann und dessen Pflegetochter unter. In dieser Zeit erfuhr er durch die Medien, dass er seine Frau Sarah kurz vor dem Amoklauf noch geschwängert hatte. Er suchte und fand sie. Die Begegnung löste einen Schock und vorzeitige Wehen bei ihr aus. Gelton brachte sie in seiner Panik zu seiner ehemaligen Farm, wo er seinen Sohn zur Welt brachte. Es kam zu einer dramatischen Entwicklung:
Die Polizei ortete den Flüchtling Dane Gelton und erschoss ihn in Notwehr.
Sarah Gelton erlitt einen weiteren Schock, das Neugeborene überlebte.
Sie konnte keinen emotionalen Kontakt zu ihrem Sohn, den sie Christopher nannte, aufbauen. Dennoch wollte sie ihn großziehen. 
Christopher wuchs bei seiner tablettenabhängigen Mutter auf, ungewünscht, unbeachtet, zurückgewiesen, ausgestoßen aus ihrem Leben und ohne jegliches Gemeinschaftsgefühl. Von ihrem späteren Lebensgefährten Brad Livingston wurde Christopher anfangs sehr aufmerksam behandelt, später aber mehrmals unter Alkoholeinfluss geschlagen und misshandelt.
Brad Livingston war schwer alkoholkrank und lebte Christopher eine unangemessene, sexuelle Freizügigkeit vor, die den Jungen zusätzlich verwirrte.
Das Jugendamt holte den schwer misshandelten Jungen schließlich aus dem Haushalt heraus. Er hatte schwere Verletzungen am Kopf, im Gesicht und am gesamten Körper.
Der Junge verbrachte vier Wochen zur Genesung im Krankenhaus. Sein rechtes Auge ist fast erblindet.
Es wurde empfohlen, den Jungen in ein Heim für schwererziehbare Jungen unterzubringen, da erhebliche Reaktionen auf die letzten Geschehnisse zu befürchten wären.
    Soweit die Vorgeschichte von Christopher.
Mir machte die Geschichte seiner Eltern viel mehr zu schaffen als die des Jungen. Dabei habe ich hier noch nicht einmal alle Details erwähnt. Die Geschichte war vollgespickt mit Ereignissen, die mein Gehirn zum Kochen brachten. So etwas hatte ich noch nie gelesen. Wie sollte ich diese Informationsflut nun bei meiner Arbeit mit dem Jungen zusammenbringen? Konnte ein Mensch mit einer derart schlimmen Vorgeschichte überhaupt ohne psychiatrische Betreuung leben? Und: Was wusste Christopher überhaupt von dem Leben seiner Eltern? Was hatte seine Mutter ihm erzählt?
Ich verdaute den Bericht über mehrere Stunden und wusste nicht, wie ich dem Jungen begegnen sollte: mitfühlend, streng führend oder gelassen? Irgendwie hatte ich das Gefühl, viel zu viel von der Geschichte seiner Eltern erfahren zu haben. Wie sehr würde mich das bei meiner Arbeit mit ihm beeinflussen? 
Jetzt befand ich mich gerade erst in der vierten Woche bei meiner ersten Arbeitsstelle, und schon kroch Panik in mir hoch. Doch ich besann mich. Hier hatte jeder Junge eine schlimme Vorgeschichte. Meistens waren körperliche und psychische Gewalt in Elternhäusern an der Tagesordnung gewesen, auch unter Alkoholeinfluss. Und diese Eltern kamen auch wiederum aus gewalttätigen Elternhäusern. Also, was unterschied diesen Knaben von den anderen? Ganz einfach:
Diesmal hatte ich es mit dem Sohn eines potenziellen Mörders zu tun. Las ich nicht genetisch bedingte Neigung zur Psychopathie? Das musste ich unbedingt im Auge behalten. Das sind oftmals trickreiche und sprachgewandte Menschen oder auch Blender mit Charme. Sie haben ein übersteigertes Selbstwertgefühl und beherrschen oft ein sogenanntes pathologisches Lügen, was soviel bedeutet, dass sie es so geschickt anwenden, dass man es so gut wie gar nicht nachweisen kann. Es ist auf eine veränderte Hirnstruktur zurückzuführen. Diese Lügner haben kein Gewissen, keine Scham und kein Reuegefühl, wenn sie lügen und andere Menschen damit verletzen. Ihre mangelnde Bereitschaft und Fähigkeit, Verantwortung für eigenes Handeln zu übernehmen, führt oft zu betrügerischem Verhalten. Sie haben einen Mangel an Empathie und ihre Gefühle sind rein oberflächlich bis hin zur vollkommenen Gefühlskälte.
Ich will jetzt gar nicht von weiteren Dimensionen schreiben. Das bisher genannte ist schon fordernd genug und brachte mich völlig aus dem Konzept.
Ich stellte mir die Frage, ob all diese Merkmale seinem Vater zuzuordnen waren. Und wenn ja, wie stark waren die Merkmale ausgeprägt und aufgetreten?
Ich fragte mich, wie dieser Junge hier in dieses Heim überstellt werden konnte, ohne zuvor gründlich psychiatrisch untersucht worden zu sein.
Psychopathie ist ein sehr heikles Thema. Der daran erkrankt ist, hat nichts in der Freiheit verloren. Machen wir uns doch
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