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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
Autoren: Marion Schreiner
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das ich mal mit meiner Mutter besucht habe, ausgelöst haben. Traumata fangen schon ganz früh an. Direkt nach der Geburt.
Das Haus war auch wirklich rabenschwarz. Bob sagte, das ist wie ein Déjàvu, das in mir tobte.
Ich sage mal was: schwarz ist die schönste Farbe für mich, neben rot und weiß.
Damit bin ich beim nächsten Dilemma. Alle Kinder sollten blaue Sportsachen tragen. Ich wollte das nicht. Ich wollte schwarze. Ich bekam blaue und bockte so lange herum, bis die Tante meine schwarzen Sportsachen erlaubte. Danach rannte ich wie ein Wiesel durch die Halle und war nicht zu stoppen. Bis zu dem Tag, als die Praktikantin eine Bank mit der Tante trug, die ihr aus der Hand rutschte und auf den Boden knallte. Der Knall löste einen Stillstand in mir aus. Ich sah die Praktikantin an, rannte auf sie zu und prügelte schreiend auf sie ein.
Von dem Moment an musste meine Mutter mich wieder früher abholen.
„Ich weiß nicht, was er hat“, sagte die Schrumpeltante und hielt mich gewaltsam an den Handgelenken fest. Mein Gesicht sprühte vor Zorn. Tränen und Rotz liefen über mein Gesicht. Die Praktikantin heulte auch. Wie konnte sie nur so einen Knall verursachen?
Bob sagte, das könnte ein Trauma von meiner Geburt sein. Der Schuss, der meinen Vater tötete.
Ich bekam noch lange Zeit großen Zorn, wenn ich einen Knall hörte.
Der Maltisch wurde mir wieder für ein paar Tage verboten, dafür, dass ich die Praktikantin geschlagen hatte. Ich konnte doch nichts dafür! Es war einfach über mich gekommen.
Ich hatte keine Freunde, so wie Patrick, der immer Freunde um sich hatte.
Ich saß alleine in irgendeiner Ecke und biss mir in den Daumen. Da kam plötzlich dieses rote Zeug raus, was ich mit großen Augen betrachtete. Toll! Je mehr ich drückte, je mehr Farbe kam heraus. Jetzt hätte ich gerne ein Blatt gehabt. Ich wollte die Farbe doch nicht vergeuden und drückte meinen Daumen zusammen. Eine kleine Lache lief auf dem Boden zusammen. Irgendwann kam nichts mehr heraus und ich beschloss, diese Farblache zu formen. Mit allen Fingern schmierte ich darin herum. Bis sich die Tante über mich beugte und ganz leise fragte: „Christopher, was tust du da?“
Ich zeigte auf mein Kunstwerk und sagte: „Malen.“ 
Sie hob mich vorsichtig hoch und rief die Praktikantin zu sich. „Holen Sie schnell ein Handtuch! Christopher hat sich irgendwo verletzt.“
Susan, die Praktikantin, rannte sofort los, weil sie wohl Schlimmeres bei mir erwartete. Die Tante, ich kann mich an ihren Namen nicht mehr erinnern, hielt mich wie einen nassen Hund auf Abstand. Vielleicht tropfte meine Farbe noch irgendwo.
Ich war enttäuscht. Niemand bewunderte mein Kunstwerk auf dem Boden. Die Praktikantin wischte es einfach mit Handschuhen, Lappen und Wasser weg.
Ich musste die ganze Zeit auf einem Stuhl sitzen und auf meine Mutter warten.
Bob sagte, das mit dem Blut könnte ein Trauma von meiner Geburt sein. Der Schuss, der meinen Vater in den Hals traf, hatte eine große Blutlache verursacht.
    Also, jetzt will ich an dieser Stelle mal was sagen, Bob: Ich habe in einem Buch nachgeschaut. Ein neugeborenes Baby kann gar nicht richtig sehen. Und … Weißt du wie viele Kinder mit schwarzen Stiften kritzeln, wie viele Kinder schreien, wenn sie etwas hassen und wie viele Kinder ihr eigenes Blut toll finden? Warum war alles so schlimm und falsch bei mir?
    Ich lernte sehr schnell, dass schwarze Stifte, laute Schreie und Farbe aus dem Daumen im Kindergarten falsch sind, denn jedesmal verbot man mir danach den Maltisch. Meinen liebsten Platz.
Ich hatte so viel Angst, noch mehr falsch zu machen, dass ich nichts mehr anderes tat, als didaktische Puzzle zusammen zu basteln. Ich malte mit allen Farben, außer mit schwarz.
Einmal fragte Susan, die Praktikantin: „Warum malst du das Dach vom Haus nicht schwarz?“
Ich sah sie erschrocken an. Wollte sie mich verarschen?
Ich mochte die Praktikantin und die Schrumpeltante überhaupt nicht. Was auch immer ich tat, sie holten mich da weg. Sie waren nie freundlich zu mir oder haben mir etwas erklärt.
Es dauert eine Weile, bis man herausbekommt, was funktioniert.
Ganz schlimm für mich war, dass ich nie die Dinge machen durfte, die mir wirklich Spaß machten. Immer wollten sie, dass ich etwas anderes machte. Langweilige Dinge, die jeder machte.
Da Patrick den ganzen Vormittag mit mir im Kindergarten war, kam er nicht mehr zu mir nach Hause zum Spielen. Irgendwie war der Kontakt zu ihm abgebrochen. Auch Jim, der Freund meines
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