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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung
Autoren: Simon Beckett
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das!» Sie sah mich ernst an. «Welchen Zweck hätte es gehabt, eine Menge unsinniger Probleme heraufzubeschwören? Gar nicht so sehr für ihn, sondern für seine Familie. Ich hatte ihnen sowieso schon genug angetan. Außerdem hatte ich schon früher Sachen gefunden, die seine Freundinnen vergessen hatten. Billigen Schmuck oder Schminksachen in seinem Wagen. Unterwäsche. Ich dachte, das Tagebuch wäre auch nur so eine Hinterlassenschaft!»
    «Sophie, du warst Expertin für Verhaltenspsychologie. Willst du mir erzählen, dass dir nie der Gedanke gekommen ist, es könnte mehr dahinterstecken?»
    «Nein! Ich wollte ihm eins auswischen, deswegen habe ich Zoes Tagebuch genommen. Ich wusste, dass er mit ihr geschlafen hat, aber mehr habe ich nie vermutet.»
    «Und warum hattest du dann Angst vor ihm?»
    Sie blinzelte. «Ich   … ich hatte keine Angst.»
    «Doch, hattest du. Als ich dich vom Krankenhaus nach Hause gebracht habe, hattest du furchtbare Angst. Trotzdem hast du so getan, als könntest du dich nicht erinnern, wer dich überfallen hat.»
    «Ich   … Wahrscheinlich wollte ich ihm keine Schwierigkeiten machen. Man kann seine Gefühle für einen anderen Menschen nicht einfach ausschalten, auch wenn er diese Gefühle nicht verdient.»
    Ich fuhr mir mit einer Hand übers Gesicht. Meine Haut fühlte sich rau an. «Ich werde dir sagen, was ich denke», entgegnete ich. «Du hast das Tagebuch aus einem Impuls heraus genommen, um Terry eins auszuwischen, wie du gesagthast. Du warst wütend und eifersüchtig, und damit hattest du ihn in der Hand. Erst später wurde dir klar, in welche Gefahr du dich begeben hast. Doch da konntest du nicht mehr zur Polizei gehen, ohne selbst Schwierigkeiten zu kriegen. Also hast du es versteckt und geschwiegen und gehofft, dass das Tagebuch ausreichen würde, damit er dich nicht auch töten konnte.»
    «Das ist doch lächerlich!»
    Aber ihre Empörung wirkte nicht echt. «Ich glaube, du hast Terry die Schuld am Scheitern deiner Karriere gegeben», fuhr ich fort. «Es muss schwierig sein, der Polizei dabei zu helfen, die Geheimnisse von anderen Leuten aufzudecken, wenn man selbst eines mit sich herumträgt. Deshalb hast du aufgehört, als psychologische Beraterin zu arbeiten, und einen Neuanfang versucht. Aber dafür braucht man Geld, oder?»
    Für eine Weile sah Sophie verängstigt aus. Sie verbarg es mit einem Aufbrausen. «Was willst du damit sagen?»
    Ich hatte in den letzten Tagen eine Menge Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Terry hatte Sophie eine ‹erpresse rische Schlampe› genannt, und obwohl ich seinen Worten nicht viel Glauben schenkte, hatte mich das hellhörig gemacht. Das bedeutete nicht, dass mir gefiel, was ich vorhatte. Aber ich war schon zu weit gegangen, um jetzt aufzuhören.
    «Das Haus, in dem du wohnst, war bestimmt nicht billig. Und du hast selbst gesagt, dass man von der Töpferei nicht leben kann. Trotzdem scheinst du ein ganz anständiges Leben zu führen.»
    Sophies Miene war trotzig, aber brüchig. «Ich komme zurecht.»
    «Du hast also Terry nie um Geld gebeten?»
    Sie schaute wieder auf ihre Hände, doch ich hatte noch gesehen, dass ihre Augen feucht geworden waren. Die Tür ging auf, und die Schwester, die vorhin im Zimmer gewesen war, kam herein. Ihr Lächeln erstarb. «Alles in Ordnung?»
    Sophie nickte schnell mit abgewandtem Gesicht. «Dan ke .»
    «Sagen Sie Bescheid, wenn Sie etwas brauchen.» Die Schwester warf mir einen kalten Blick zu, ehe sie wieder hinausging.
    Ich sagte nichts mehr, sondern wartete nur. Auf dem Flur konnte ich Schritte und angeregte Stimmen hören, aber in dem kleinen Zimmer war es völlig still. Der Lärm und die Energie draußen schienen einer anderen Welt anzugehören.
    «Du hast ja keine Ahnung, wie es war», sagte Sophie schließlich mit bebender Stimme. «Du willst wissen, ob ich Angst hatte? Und wie ich Angst hatte! Aber ich wusste nicht, was ich machen sollte! Das Tagebuch habe ich ohne nachzudenken genommen. Ich   … Es hat mich einfach
wahnsinnig
gemacht! Er hat diese   … diese siebzehnjährige Nutte in der Zeit gefickt, in der wir zusammen waren! Aber ich schwöre, dass ich zuerst immer noch glaubte, Monk hätte sie umgebracht! Erst später, da   … da habe ich   … O Gott!»
    Als ihr die Tränen kamen, bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen. Ich zögerte und reichte ihr dann ein Taschentuch vom Nachtschrank.
    «Ich wollte einfach nicht glauben, dass es Terry sein könnte. Ich habe mir immer wieder
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