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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung
Autoren: Simon Beckett
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wie sie wirken wollte, und es aufregend fand, einen Kriminalbeamten als Liebhaber zu haben. Bei einigen der Sätze musste sich Terry geschmeichelt gefühlt haben.
    Vielleicht hatte er das Tagebuch deshalb aufbewahrt.
    «Was Simms macht, ist nicht richtig», sagte Lucas, als wir die Kriminaltechniker bei den Leichen ließen und zurück zu unseren Wagen gingen. «Da bin ich richtig froh, dass ich in Rente gehe. Man sollte Ihnen dankbar sein und Sie nicht behandeln, als hätten Sie etwas Falsches getan.»
    «Was soll’s», sagte ich.
    Der Polizeiberater sah mich von der Seite an, sagte aber nichts. Da niemand mehr lebte, der meine Geschichte bestätigen konnte, tat Simms alles, um meine Darstellung der Ereignisse anzuzweifeln. Nachdem er sich seinen Ruf auf Kosten des zu Unrecht verurteilten Monk erworben hatte, warnun auch noch herausgekommen, dass er dem tatsächlichen Mörder die Verantwortung für die Suche nach den vermissten Opfern anvertraut hatte. Die Medien wollten Blut sehen, und Simms hatte wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben keine Lust, vor die Fernsehkameras zu treten. Aus Angst um seine Karriere hatte er sogar behauptet, ich würde nach den jüngsten Ereignissen unter posttraumatischem Stress leiden und wäre deshalb kein verlässlicher Zeuge. Bisher hatten mir seine Verleumdungen nichts anhaben können, aber meine Anwesenheit war nicht länger erwünscht. Er hatte dafür gesorgt, dass ich von der Ermittlung ausgeschlossen wurde, und nur dank Naysmiths freundlicher Genehmigung hatte ich die Polizei ins Moor begleiten dürfen.
    Aber ich war lange darüber hinaus, mich über Simms zu ärgern. Ich kam gerade wieder ins Hotel zurück, als mein Telefon klingelte. Die Frauenstimme am anderen Ende erkannte ich sofort.
    «Hier ist Maria Eliot, Sophies Schwester.» Sie klang erschöpft.
    Ich spürte, wie mein ganzer Körper sich anspannte. «Ja?»
    «Sie ist aufgewacht und möchte Sie sehen.»
     
    Obwohl ich gewusst hatte, was mich erwarten würde, war es ein Schock, Sophie zu sehen. Die dicke Haarmähne war abrasiert und durch eine weiße Bandage ersetzt worden. Sie sah dünn und blass aus, und ihre Arme, die voller Infusionen steckten, waren abgemagert und zerschunden.
    «Ich sehe bestimmt schrecklich aus   …»
    Ihre Stimme war ein Wispern. Ich schüttelte den Kopf. «Du hast es überstanden, das ist die Hauptsache.»
    «David   … ich   …» Sie nahm meine Hand. «Ohne dich wäre ich gestorben.»
    «Wärst du nicht.»
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. «Ich weiß von Terry. Naysmith hat es mir gesagt. Es tut mir leid, dass ich dir nicht alles gesagt habe. Das mit dem Tagebuch, das muss ich erklären   …»
    «Jetzt nicht. Wir können später reden.»
    Sie lächelte schwach. «Wenigstens wurden Zoe und Lindsey gefunden   … Ich hatte also doch recht   …»
    Ihr fielen bereits die Augen zu. Ich wartete, bis ich an ihrem Atem hörte, dass sie eingeschlafen war, und zog dann vorsichtig meine Hand aus ihrer. Sophie wirkte friedlich, der Stress der letzten Wochen war ihr nicht mehr anzusehen. Eine Weile blieb ich noch an ihrem Bett sitzen und betrachtete sie nachdenklich.
    Bisher war nicht klar, ob sie wegen des Zurückhaltens von Zoe Bennetts Tagebuch mit einer Anklage rechnen musste, hatte doch Terry gesagt, dass sie es erst an sich genommen hatte, nachdem Monk für die Morde verurteilt worden war – und sie gestanden hatte. Da nichts in dem Tagebuch auf einen anderen Sachverhalt hindeutete, konnte man argumentieren, dass es zu dem damaligen Zeitpunkt kein Beweismittel war. Sie würde ein paar unangenehme Fragen beantworten müssen, aber nach allem, was Naysmith mir gesagt hatte, war es unwahrscheinlich, dass sie belangt werden würde.
    Im Grunde hatte sie sich nicht strafbar gemacht.
    Sie kam schnell wieder auf die Beine. Die Ärzte rechneten damit, dass sie vollständig genesen und keine Folgeschäden davontragen würde. Angesichts dessen, was sie durchgemachthatte, hätte sie unglaubliches Glück gehabt, sagten sie.
    Das sah ich genauso. Dennoch gab ich ihr noch eine Weile, ehe ich beschloss, das Gespräch zu führen, das ich aufgeschoben hatte. Meine Schritte hallten durch den Krankenhausflur, als ich zu Sophies Zimmer ging. Es kam mir wie ein langer Weg vor. Eine Krankenschwester war bei ihr, eine der Stationsschwestern, die ich schon früher gesehen hatte. Sie lachten laut, dann grinste die Schwester Sophie an, sodass ich mich fragte, worüber sie gerade gesprochen hatten. «Ich
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