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Vertraute Schatten

Vertraute Schatten

Titel: Vertraute Schatten
Autoren: Kendra Leigh Castle
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tausend Jahren zuvor. Lauf und lass ihn hier angekettet zurück.«
    »Nein«, gab Sariel mürrisch zurück.
    »Du verstehst nicht, Lucan«, zischte Chaos. »Du bist noch immer kalt. Mein Blut dagegen läuft heiß durch meine Adern. Das kann ich ihm geben. Das kann ich allen geben, die sich mir anschließen.« Er warf Sariel einen Blick zu, bei dem sich Ariane der Magen umdrehte. Damien drückte ein letztes Mal ihre Hand.
    »Denk jetzt nicht mehr an die anderen. Ich bin bereit. Mach mich los, damit ich an meine Nahrung komme und auferstehen kann.«
    Sariel zögerte nicht eine Sekunde. Aus der Tasche zog er einen Schlüssel, der aus demselben funkelnden Metall gemacht war wie Chaos’ Fesseln, und befreite mit einer merkwürdigen Serie von vier aufeinanderfolgenden Klicks den Dämon. Ariane duckte sich, als Chaos sich aufrichtete, seine Handgelenke rieb und sich umschaute, als würde er sein Gefängnis zum ersten Mal sehen. Langsam und offensichtlich unter Schmerzen versuchte er, seine übel zugerichteten Flügel zu spreizen.
    Als er sich zu Sariel umwandte, erhellte ein Lächeln sein ehemals schönes Gesicht, und für einen Moment war er wieder ein Engel.
    Dann fuhr er plötzlich an einer Hand die Krallen aus und streckte Sariel mit einem einzigen brutalen Schlag zu Boden. Aus mehreren Wunden neben Sariels Mund floss Blut in den Staub.
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Sariel zu seinem Bruder hinauf. »Wieso … wieso …?«
    »Weil ich es kann.«
    Irgendwo in der Finsternis hinter ihm schlugen Türen zu.
    Als Chaos’ Blick sich in der Dunkelheit auf Ariane richtete, gefror ihr das Blut in den Adern.
    »Ich glaube, du, kleiner Engel. Du als Erste.«
    Mit einer erstaunlichen Mischung aus Kraft und Geschmeidigkeit griff er nach ihr, seine Kiefer öffneten sich und schoben sich vor, bis er nicht länger schön, sondern nur noch ein abartiges Monster war. Ariane riss in einem verzweifelten Abwehrversuch die Arme hoch. Für etwas anderes blieb keine Zeit. Es gab nichts, was sie hätte tun können. Dass Damien nach vorne schoss, bekam sie gar nicht mit. Selbst als sie Chaos laut aufbrüllen hörte und sah, wie er sich aufbäumte, war ihr nicht klar, was Damien getan hatte.
    Damien hatte sich auf dem Rücken des Dämons festgekrallt und zog und riss an seinen bereits beschädigten Flügeln herum. Chaos’ schwacher Punkt, ganz wie Ariane ihm erzählt hatte. Das hatte er nicht vergessen.
    Sam stieß einen Kriegsschrei aus, dass Staub und kleine Steine von der Decke rieselten, dann spürte sie Flügel lautlos an sich vorbeistreichen: Lucan.
    Als Chaos in die Luft sprang und verzweifelt versuchte, Damien abzuschütteln, brach die Hölle los. Das wenige Licht verblasste, immer mehr Staub und Gesteinsbrocken lösten sich aus der Decke, und darunter mischten sich die wütenden Schreie gefallener Engel. Ariane wirbelte herum. Wo war Chaos? Sie sah, wie Sam Baraquel das Schwert entrang und Lucan sich gegen Ezekeel und Azazel verteidigte. Alles schien wie in Zeitlupe abzulaufen. Sie breitete die Flügel aus und drehte sich weiter, besessen von dem Gedanken, Damien finden zu müssen. Irgendetwas musste sie doch tun können, und sei es nur, dass sie Chaos mit bloßen Händen packte.
    Wie aus weiter Ferne hörte sie jemanden laut gegen eine Tür hämmern.
Armaros
, dachte sie. Er war zurückgeblieben, um die Zellen wieder zu verschließen, und somit gab es jetzt einen Ältesten weniger, mit dem sie es aufnehmen mussten.
    Sie erhaschte einen Blick auf wild um sich schlagende schwarze Flügel und sprang in die Luft, wurde jedoch sofort an den Haaren zurückgerissen und zu Boden geworfen. Sie schrie auf, mehr vor Überraschung als vor Schmerz.
    Dann stampfte Sariel mit seinem Stiefel auf ihren Flügel, und diesmal war es der Schmerz, der sie aufschreien und sich zusammenkrümmen ließ. Einen Moment lang konnte sie nichts mehr sehen außer weißen Blitzen, die die Schmerzwellen in ihren Flügeln begleiteten.
    »Nein!«, rief Sariel und starrte sie mit wütend funkelnden Augen an. Dann sah er nach oben, riss sein Schwert aus der Scheide zwischen seinen Flügeln und brüllte: »Chaos! Hier! Nimm sie und erhebe dich, Bruder!«
    Ariane heilte bereits, doch Sariel trat erneut zu und brach ihr die zarten Knochen. Diesmal heulte Ariane lauthals auf. Sie drehte sich auf die Seite und krümmte sich zusammen. Vor ihr krachte Chaos auf den Boden, aber Damien war nirgendwo zu sehen. Blut, schwarz wie seine Flügel, floss aus Chaos’ Wunden,
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