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Vertrau mir

Vertrau mir

Titel: Vertrau mir
Autoren: Julia Arden
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hielt Anna zuerst für die pure Berechnung. Nun lehnte Anna strikt ab, von ihr Geld zu leihen. Und wieso? Sie vertraute ihr einfach nicht. Warum war Anna überhaupt mit ihr zusammen, wenn sie nicht an das Funktionieren ihrer Beziehung glaubte? Denn nichts anderes sagte diese erneute Ablehnung schließlich aus. Wenn Anna sie nie wirklich an sich herankommen ließ, was für eine Chance hatten sie dann? Waren sie am Ende vielleicht doch zu verschieden? Oder umgedreht gefragt: Was verband sie eigentlich? Sie teilten weder Interessen noch Ansichten, lebten entgegengesetzte Ideen. Jedes gemeinsame Vorhaben erforderte einen Kompromiss. Maike kam sich die ganze Zeit vor, als ginge sie auf Zehenspitzen, in der Angst, etwas kaputt zu treten. Mit Anna über all das zu reden, traute sie sich nicht, weil Maike wusste, Anna würde sich bei einem derartigen Vorwurf noch mehr verschließen. Sie wollte Anna gern dazu bringen, sich mehr auf ihre Beziehung einzulassen. Aber wie?
    Maike änderte die Fahrtrichtung, fuhr zu Greta, in der Hoffnung, dass die ihr einen Rat geben könnte.
    Greta, nur mit einem Morgenrock über den Schlafanzug bekleidet, schaute Maike verschlafen an. »Ist was passiert?« fragte sie besorgt.
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken«, sagte Maike peinlich betreten, weil sie die Zeit ganz außer acht gelassen hatte. Immerhin war es schon halb zwölf.
    »Na los, komm rein. Ich mache uns einen Tee.« Greta ging in die Küche.
    »Sorry noch mal. Ich habe nicht an die Uhrzeit gedacht«, wiederholte Maike.
    Greta winkte ab. »Schon gut. Was ist denn los?«
    »Das ist nicht in einem Satz gesagt«, begann Maike. Wie sollte sie anfangen? Es nützte ja niemandem, wenn sie ihrer Unzufriedenheit freien Lauf ließ und Vorwürfe über Anna ausschüttete. »Ich habe das Gefühl, dass Anna mich auf Distanz hält. Nicht körperlich, sondern gefühlsmäßig, falls du verstehst, was ich meine. Sie vertraut mir nicht. Besser gesagt, sie traut mir nichts zu. Jedenfalls nichts Gutes. Du hast es ja selbst miterlebt, als sie mir vorwarf, ich hätte aus Berechnung mit ihr geschlafen.«
    »Ich dachte, das hättet ihr aus der Welt geschafft«, wunderte Greta sich.
    »Ja, haben wir auch. Ich erwähne die Geschichte nur, weil sie so typisch für Annas Einstellung zu mir ist«, erklärte Maike. »Im Augenblick ist Anna auf dem Trip, dass sie lieber bis zum Umfallen schuftet, um ihren Hof renovieren und das Projekt mit der Tagesstätte realisieren zu können, statt sich von mir finanziell unterstützen zu lassen und die Sache ruhig anzugehen. Sie legt damit praktisch unsere Beziehung lahm. Wir sehen uns kaum noch. Und wenn wir uns sehen, ist Anna völlig fertig. Kein Wunder bei dem Pensum, was sie sich auferlegt.«
    »Und du glaubst, der Grund, warum sie deine finanzielle Hilfe nicht annimmt, ist, dass sie nicht von dir abhängig sein will?«
    »Ja, was denn sonst? Sie denkt sicher, wenn unsere Beziehung auseinander gehen sollte, werde ich ad hoc alle Hilfe zurückziehen. Aber das ist totaler Blödsinn. Man sollte meinen, so gut müsste sie mich kennen und mir vertrauen, dass ich das nie tun würde.«
    Greta stellte zwei Tassen auf den Tisch und die Thermoskanne, in der sie den Tee nach dem Aufbrühen umgoss. Sie schenkte sich ein, schob Maike die Kanne zu.
    »Danke«, sagte Maike und fragte: »Hast du eine Idee, was ich machen soll? Mit Anna kann ich keine vernünftige Diskussion über das Thema führen. Weder was die Geldangelegenheit betrifft noch das mangelnde Vertrauen. Letzteres würde sie schlichtweg abstreiten.«
    Greta nickte verstehend. »Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Anna kann sehr stur sein. So habe ich sie oft erlebt. Darüber hinaus ist sie für sich zu der Erkenntnis gekommen, dass sie sich am besten nur auf sich selbst verlässt.« Greta trank einen Schluck ihres Tees. »Es ist nahezu unmöglich, sie davon abzubringen. Leider weiß ich auch nicht, was ich dir raten soll. Ob du die Konfrontation suchen oder es mit Geduld versuchen sollst. Geduld ist, denke ich, die bessere Strategie. Ich kann nur sagen, es ist für Anna nicht so einfach, Vertrauen zu haben. Du kennst ja ihre Geschichte. Ich habe dir davon erzählt.«
    »Heißt das, wenn ich mit Anna zusammen sein will, muss ich damit leben, dass da immer der Rest einer Barriere zwischen uns ist?«
    »So ungefähr. Zumindest wird es eine lange Zeit brauchen, bis Anna ihre Zurückhaltung ablegt. Darüber solltest du dir klar sein.«
    Maike stierte in ihre Teetasse.
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