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Versprechen der Nacht

Versprechen der Nacht

Titel: Versprechen der Nacht
Autoren: Lara Adrian
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ohne langsamer zu werden.
    Kaum hatte er das gesagt, brach einer der zweiköpfigen Bluthunde aus der Dunkelheit hervor und stürzte sich auf Drakor. Dabei verlor ich seine Hand. Ich hörte die Kampfgeräusche, das schreckliche Schnappen von Hundekiefern, die verletzliches Fleisch und Sehnen zerfetzten.
    »Drakor!«, rief ich, voller Pein angesichts seiner Qualen.
    Da schossen Flammen in die Nacht auf. In ihrem plötzlich aufflackernden Licht sah ich Drakor in seiner Drachengestalt, den dichten Wald vor sich, im Rücken die endlose Nacht. Er spie einen Feuerstrahl auf den angreifenden Höllenhund und verbrannte das Vieh zu Asche. Ein weiterer griff ihn an, beide Köpfe geifernd und zähneknirschend, und wurde auf ähnliche Weise abgeflammt.
    Zwei der schrecklichen Kreaturen waren besiegt, aber jetzt waren drei andere direkt hinter ihm.
    Und Drakor hatte sich wieder in seine Menschengestalt zurückverwandelt.
    Er keuchte und schwitzte, sein Gesicht war angespannt vor Anstrengung. Mir fiel das Herz in die Hose. Die Verwandlung hatte seine übernatürlichen Kräfte aufgezehrt.
    »Nisha, hinter dir!«
    Ich fuhr herum und sah in die zwei wilden Augenpaare eines riesigen Höllenhundes, der keine Armlänge entfernt vor mir stand. Er fletschte seine schrecklichen Zähne und Fänge und spannte die mächtigen Hinterbeine zum Sprung.
    Weglaufen war sinnlos. Ich griff nach meiner Waffe, aber es war zu spät.
    Der Höllenhund sprang mich an.
    Er warf mich um, und ich fiel nach hinten durch die dunkle Nachtluft. Ich wartete darauf, dass ich mit dem Rücken hart auf dem Boden aufprallte – doch da war kein Boden. Stattdessen fiel und fiel ich … in einen schwarzen Abgrund. Eine Schlucht, so tief und breit, dass sie mein ganzes Blickfeld einnahm.
    »Nisha!«, brüllte Drakor irgendwo hoch über mir. Sein Schrei hallte an den Steinwänden des Abgrunds, die mich umgaben, wider. »Nisha, nein!«
    Alle meine Ängste vor dem Fliegen – mein unerklärliches Entsetzen, mich in der Luft zu befinden – drückten mich wie ein Bleigewicht nieder. Ich stürzte schneller.
    Irgendwo tief in meinem Inneren wusste ich, dass mich jetzt meine Angst vernichten würde. Nicht der Höllenhund, der mit mir über die Klippe gefallen und inzwischen aus meinem Blickfeld verschwunden war, sondern ich allein.
    Ich dachte an meine Mutter, die sich geopfert hatte, damit mein Vater und ich weiterleben konnten.
    Ich dachte an meinen Vater, der an seinem gebrochenen Herzen gestorben war, weil das Schicksal sie ihm aus den Armen gerissen hatte.
    Und ich dachte an Drakor, den Sonderbaren und ehrenhaften Mann, den ich nicht lieben wollte, aber ohne den ich nicht mehr leben konnte. Ich wollte nicht, dass er den Schmerz meines Vaters erleben musste. Egoistisch wollte ich den Rest meines Lebens in Drakors schützenden Armen verbringen, solange das Schicksal es uns zugestand.
    Hoch über mir hörte ich ihn jetzt wieder nach mir rufen. Ich sah, wie er über den Rand des Abgrunds sprang, nicht in Drachengestalt, sondern als der Mann, den ich liebte.
    Voller Kummer und Entsetzen schrie ich auf.
    In diesem Augenblick löste sich etwas von mir. Ich spürte, wie meine Ängste schwanden und von der Brise davongetragen wurden, die um mich wehte, als ich fiel. Ich sah zu, wie Drakor in der leeren Dunkelheit nach mir griff, und etwas tief in mir schüttelte sich und warf seine Fesseln ab.
    Ich schloss die Augen, und als ich sie wieder öffnete, fiel ich nicht mehr. Ich schwebte. Ich flog, getragen vom Nachtwind, meine Arme und Oberkörper von prächtigen weißen Federn bedeckt.
    Und Drakor war jetzt unter mir. Seine mächtigen Flügel ausgebreitet, als wollte er mich auffangen, schwebte er wie ich in der Mitte des riesigen Canyons, der sich um uns erstreckte, so weit das Auge reichte.

7
    In schweigendem Einvernehmen flogen wir zusammen zum anderen Ende des Canyons, und die restlichen Höllenhunde und die Männer meines Klienten, die eben oben angekommen waren, konnten uns nur noch enttäuscht nachstarren.
    Drakor und ich landeten gleichzeitig auf festem Boden. Er schüttelte seine Schuppenhaut ab, und staunend sah ich zu, wie das schneeweiße Federkleid, das mich von meinem glänzenden Schnabel zu den Krallen an meinen Füßen bedeckte, wieder in meiner eigenen Haut verschwand.
    »Ein Adler«, sagte Drakor. Staunen lag in seiner tiefen Stimme. »Das hätte ich mir denken können.«
    »Wie denn?«, fragte ich. »Ich weiß es doch selbst erst seit jetzt.«
    Sein Lächeln war
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