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Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Titel: Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
Autoren: Tim Curran
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einem plötzlichen Knall implodierte. Denn jetzt hüllte die Medusa ihn in eine giftige dunkle Wolke der Verderbnis und drang dabei so in ihn ein, wie ihre Kinder vermutlich die menschlichen Zellen infiltrierten: indem sie ihre Tentakel in die Zellmembranen bohrten, die Zellen entkernten und sie mit dem hässlichen Virus schwängerten. So als legte die Medusa Millionen todbringender Eier, deren Inhalt sich nach dem Aufplatzen auf die Suche nach neuen Opfern begeben würden.
    16
    Janie schüttelte mich so heftig, dass ich auffuhr, und dafür war ich ihr dankbar, denn allein hätte ich vielleicht gar nicht mehr aus dem inneren Schreckensszenario herausgefunden. Als ich die Augen aufschlug, sah ich, dass sich die graue Wolke der Medusa über dem Tal zusammenzog. Und ich sah auch, dass ihre treuen Anhänger jubelten, und hörte sie vor Freude oder Furcht – vielleicht war es auch eine Mischung aus beidem – lauthals brüllen. Mir war klar, dass die Medusa bald wie ein Feuersturm über die Erde fegen und alles, was auf ihrem Weg lag, vernichten würde, wie sie es immer tat.
    Ich hatte sie in meinem Kopf gespürt, in meinen Träumen gesehen, und jetzt war ich wie alle anderen in diesem Tal mit ihrer stofflichen Präsenz konfrontiert.
    Über uns stand eine graue Wolke ohne erkennbare Form, die, so weit das Auge reichte, den Himmel einnahm und sich noch weiter auszudehnen schien. So leblos und leer wie fremdartiges Ödland, auf dem jedes Leben abgestorben war. Doch dann teilte sich der neblige Dunst, schwoll an, riss wie ein riesiger Geburtskanal auf und setzte mit Wellenbewegungen zahllose sich windende Tentakel frei, die sich über Meilen erstreckten – fast bis hinauf zu den Sternen, wie es mir vorkam. Die Welt verwandelte sich in Aas, durch das sich Millionen, nein, Milliarden hungriger Leichenwürmer fraßen. Ständig teilten sich die Tentakel zu weiteren, sich vernetzenden Exemplaren auf – in klebrige, mit Schleim überzogene Fäden und Stränge, die sich wanden und offensichtlich lebendig waren.
    Hinter ihnen stieg jetzt das todbringende Gesicht der Medusa wie das aus kühlem Marmor gemeißelte Antlitz eines fremden Mondes auf: ein sich ständig wandelndes gasartiges Gebilde purer Böswilligkeit, das den ganzen Himmel einnahm. Der länglichen Form nach erinnerte mich das Gesicht an ein weißes Blutkörperchen, das – dem giftigen Hauch der Seuche und Wirbeln von Leichenstaub ausgesetzt – dem Tode geweiht war.
    Doch zweifellos war die Medusa, diese Seuche aus Viruspartikeln, quicklebendig und auf nichts anderes aus, als ihren Hunger zu stillen. Anstelle von Augen saßen riesige dunkle Tunnel in diesem Gesicht, die nichts anderes als den Glanz unfruchtbarer Schattenwelten und die Leere zwischen den Sternen widerspiegelten.
    Die Gläubigen begannen zu schreien.
    Im Fieberdelirium hatten sie von der Medusa geträumt, seitdem auf sie gewartet, und jetzt war sie ihnen erschienen. Doch nun saßen sie nicht als Gäste an ihrem Tisch, sondern stellten den Hauptgang dar. Mit dem verzerrten Grinsen eines Totenschädels, das ihre Sägezähne entblößte, blickte sie auf die hier versammelten Opfer hinab. Ihre schrecklichen Augen pulsierten; sie hatten die giftig-gelbe Farbe von Abfallstoffen und strahlten kalten Fieberschein aus.
    Als sie sich entwirrte und zu ganzer Größe ausbreitete, klang es so, als zerrten tot geborene Winde an einem Leichentuch oder als huschten Friedhofsratten in unterirdischen Grabstätten herum. Sie nahm, was ihr angeboten wurde, verleibte sich ihre Opferlämmer ein.
    Ich sah und hörte, wie die Menschen aufschrien, als sie sich über sie senkte. Ein Opfer nach dem anderen platzte wie ein überreifer Kürbis oder eine verfaulte Melone auf. Blut, Gewebe und verseuchtes Fleisch wurden von einem chaotischen Mahlstrom absorbiert, denn nichts anderes war die Medusa. Sie ließ nichts als schwelende Knochen zurück, als sie sich durch das Tal bewegte und sich das nahm, was allein ihr zustand.
    Janie schrie, als der heiße Wind wie Rauch aus einem Verbrennungsofen über uns hinwegfegte. Sie schrie, schlug um sich und wurde völlig hysterisch, während ich sie weiter festhielt.
    Ich dagegen fühlte mich beim Anblick dieser dunklen Jagdgöttin wie gelähmt und innerlich leer.
    Schließlich umfasste Janie mein Gesicht und küsste es wieder und wieder. »Wenn du mich liebst«, sagte sie schluchzend, »dann lass nicht zu, dass sie mich mitnimmt! Um der Liebe willen, der Liebe zu unserem ungeborenen Kind und
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