Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
pflichtete
     Carl ihm bei – und hatte das Gefühl, sich anzubiedern, ein derartiges Urteil stand ihm noch lange nicht zu, altklug war es.
     Er war aus sich herausgegangen, was er sonst möglichst vermied, zumal auf einem so unsicheren Parkett wie der Beurteilung
     von Wein – und Menschen. Sich |12| in den Vordergrund zu drängen, dabei aufdringlich zu wirken oder gar mit seinem Wissen zu protzen, war ihm ein Gräuel. Es
     hätte nicht zu seinem Wesen gepasst. Er hielt sich lieber im Hintergrund, das entsprach auch seinem Beruf. Und bei der nächsten
     Frage des Fremden hatte er den Eindruck, als wären seine Selbstzweifel berechtigt.
    »Sind Sie Lehrer?«
    »Um Himmels willen, nein! Ich verstehe ein wenig von Wein, nicht viel, ich liebe ihn, aber ich bin kein, äh, Experte oder
     Kenner. Ich bin nur   ... «, Carl zögerte, war sich unsicher, ob er es sagen sollte, konnte nicht einschätzen, wie es ankommen würde, mochte sich
     aber auch nicht mit falschen Federn schmücken, rang sich dann schließlich doch mit einem Seufzer durch. »Ich bin Mitglied
     in einem Weinclub, bei uns in Stuttgart, nur so aus Spaß, lange kein Profi, aber deshalb bin ich nicht hier.«
    »Ist das ein Verein, dieser Weinclub?«
    Dem ironischen Blick nach zu urteilen, der Carl jetzt traf (oder war es ein skeptisches Lächeln?), war sein Gegenüber genauso
     wenig ein Freund von Vereinsmeierei wie er selbst. Der Übersetzerverband war unerlässlich, eine berufliche Notwendigkeit,
     dem Weinclub hingegen war Carl aus Freude am Probieren beigetreten, auch um dem täglichen Einerlei vor dem Computer zu entfliehen
     und der Welt der Worte zu entkommen.
    »Es ist im Grunde ein Freundeskreis, mit mehr oder weniger regelmäßigen Treffen. Wer von einer Reise besondere Weine mitbringt,
     stellt sie vor, wer bei einem Händler was Besonderes entdeckt, bringt es mit und lässt die anderen probieren – oder wir legen
     zusammen und leisten uns was Besonderes, was man sich allein nie kaufen würde   ... Hier, heute, das ist eine gute Gelegenheit, so viele Burgenländische Winzer trifft man sonst nirgendwo auf einem Haufen.
     Es ist gut für den Gesamteindruck, auch um Kontakte zu knüpfen, wenn man später die Kellereien besuchen will   ... «
    |13| Es war, als hätte er sich selbst das Stichwort gegeben, und zum zwanzigsten Mal an diesem Nachmittag suchten seine Augen nach
     dem Tisch von Maria Sandhofer. Die junge Winzerin hatte ihn auf die Idee gebracht, hier nach Eisenstadt zu kommen. Er hatte
     es als eine Einladung aufgefasst, und sie hatte ihm versprochen, ihn mit einigen Kollegen und besonders mit ihren Kolleginnen
     von der Gruppe Die Sieben bekannt zu machen, um deren Weingüter zu besichtigen. Doch wenn er ehrlich war, dann war er ausschließlich
     Marias wegen hier, einzig und allein ihretwegen. Sie hatte es ihm angetan, letzten Herbst, als im Hotel »Le Méridien« am Schlossgarten
     Burgenländische Weine vorgestellt wurden. Er hatte sie angesehen, sie waren ins Gespräch gekommen, und nach der Veranstaltung,
     auf der sie sich ein wenig verloren gefühlt hatte, waren sie essen gegangen: Sympathie auf den ersten Blick, wenn nicht mehr,
     bei ihm jedenfalls   ...
    Carl konnte sie nirgends entdecken, Maria Sandhofer war nicht besonders groß, er wusste zwar, wo ihr Tisch stand, aber der
     war so dicht umlagert, dass sie hinter den Gästen verschwand, die ihre Weine probieren wollten. Maria hatte mit ihrem Weißburgunder,
     an dem Carl besonders das dezente Fruchtaroma und seine Trockenheit schätzte, erinnerte er ihn doch an die Weine des Burgund,
     die meisten Preise gewonnen. Mit dem Blaufränkischen, dem fürs Burgenland typischen Rotwein, kam sie bestens zurecht, wie
     sie es ausgedrückt hatte. Sein Favorit allerdings war Marias Pinot Noir, mit dem sie auch international gepunktet hatte.
    Trotz dieser Erfolge war Maria Sandhofer bescheiden, das war zumindest sein Eindruck, erhascht in flüchtigen Momenten eines
     ersten zaghaften Zusammentreffens, das nicht länger als drei Stunden gedauert hatte und bei dem beide versucht hatten, sich
     so viel wie möglich voneinander mitzuteilen, nachdem die anfängliche Scheu überwunden war. Bescheiden, ja, so hatte er sie
     in Erinnerung, aber engagiert, fasziniert von ihrer eigenen Arbeit, umtriebig und aufmerksam |14| , mit dem Herzen dabei. Sie war vollständig von dem überzeugt, was sie tat, zeigte nicht den geringsten Zweifel. Sie wirkte
     so jung dabei, voller Tatendrang. Dieses
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher