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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen
Autoren: dtv
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Position? Und bleibt dabei sauber?
     Politik bei uns auf dem Lande, und das sind wir hier, ist ganz direkt, persönlich, alles läuft über Beziehungen. Bei uns sind
     die Politiker nicht so abgeschottet vom Volk, Eisenstadt ist mit zwölftausend Einwohnern winzig; man trifft sich auf der Straße
     oder hier zum Beispiel. Aber man tut sich nichts. Da wird kein Porzellan zerschlagen, was man hinterher nicht kleben könnte,
     dazu ist Österreich zu klein, man kann sich schlecht aus dem Weg gehen. Und wir sind nicht so rabiat wie ihr Deutschen. Manchmal
     bedauere ich das. Aber die Wahrheit sagt keiner – da wird gemauschelt und gedreht, eine endlose Packlerei, jeder mit und gegen
     jeden   ...
    »   ... Packlerei?«
    »Na, sie paktieren, mal mit diesem, mal mit jenem, Freindl- oder Vetternwirtschaft eben. Man sorgt halt für seine Leute. Und
     die sorgen für einen.«
    »Das macht doch jeder«, wiegelte Carl ab und sah, wie die Landeshauptfrau mit einem ihrer Berater einige Worte wechselte und
     der Mann daraufhin einen Block aus der Jackentasche zog und etwas notierte.
    »Nein, das macht nicht jeder, und vor allem nicht mit unserem Geld und nicht auf unsere Kosten!«, erwiderte Maria mit einer
     Härte und Entschiedenheit, die Carl überhaupt nicht bei ihr vermutet hätte. Jetzt bekam er den wütenden Blick ab, der für
     die Landeshauptfrau bestimmt war.
    »Dieses Autobahnprojekt, das sie realisieren will, ist der größte Blödsinn, den man sich vorstellen kann – besonders für uns
     Winzer wäre es eine Katastrophe. Die Demonstranten vorhin haben völlig Recht, diese Frau ist Gift!«
    Auf der Bühne am Kopf des Saals rollte ein Bühnenarbeiter Kabel aus, stellte ein Mikrofon auf und machte den ersten Soundcheck:
     »   ... eins   ... eins   ... eins   ... « Die Aufmerksamkeit des Publikums wandte sich vom Wein ab und der Landeshauptfrau zu, die mit einigen Offiziellen recht
     ungelenk |24| die wenigen Stufen zur Bühne hinaufstakste und sofort den Arm nach dem Mikrofon ausstreckte, als wäre ausschließlich ihr das
     Rederecht vorbehalten. Einer der Offiziellen kam ihr zuvor, zog das Mikrofon aus der Halterung und hielt eine kurze Begrüßungsrede,
     wobei er die Bedeutung der Anwesenheit der Landeshauptfrau herausstellte und ihre Verdienste um den lokalen Weinbau würdigte.
    Der Beifall war spärlich, ein großer Teil der Anwesenden war fremd hier, wollte Weine probieren und nicht Politikerreden lauschen,
     die überall ähnlich klangen. Dann ergriff die Landeshauptfrau das Wort, jegliches Gemurmel erstarb.
    »Liebe Gäste aus dem Ausland, liebe Weinfreunde und nicht zuletzt liebe Winzerinnen und Winzer! Ich begrüße Sie alle ganz
     herzlich und grüße natürlich vor allem unsere Winzerinnen und Winzer, denen wir diese wunderbaren Kreszenzen verdanken, die
     wir hier heute zur Freude aller   ... «
    Bis jetzt war die Landeshauptfrau Carl völlig gleichgültig gewesen, doch nach den wenigen Worten wuchs seine Ablehnung ihr
     gegenüber. Es war die Stimme. Eine Zumutung, ihr konnte selbst die Akustik eines Josef Haydn weder Schmelz noch Esprit verleihen.
     Machte nicht der Ton die Musik? Vielleicht lag hier das Geheimnis ihres Erfolges, dass die Widersacher ihr zustimmten, damit
     sie möglichst rasch den Mund hielt und man zur Abstimmung kam   ...
    »   ... finden wir uns heute hier in dieser wunderbaren Kulisse des Schlosses Esterházy zusammen. Wein hat man bei uns zur Zeit
     Haydns genauso geliebt und getrunken wie heute. Und immer waren es besondere Weine, die unsere Heimaterde und unsere Winzer
     hervorgebracht haben. Das Burgenland, eines der kleinsten Bundesländer Österreichs, aber auch mit das erfolgreichste, ein
     Bundesland der Aufsteiger, denn wir haben vieles gemeinsam auf den Weg gebracht, haben uns bis in die Weltspitze vorgearbeitet   ... «
    »   ... wir?«, hörte Carl jemanden fragen, und einige zaghafte Lacher waren zu hören.
    |25| »   ... Erfolg ist etwas, das mit dem Burgenland einherschreitet. Doch wenn der Erfolg allzu selbstverständlich erscheint, dann
     besteht die Gefahr, dass er nicht richtig wahrgenommen und geschätzt wird. Gerade deshalb sollten wir uns immer wieder vor
     Augen führen, wie viel Mühe, Anstrengung und nicht zuletzt Kapital in dieser Arbeit steckt.«
    Carl erinnerte sich daran, kurz vor der Abreise in einer Broschüre gelesen zu haben, dass die Europäische Union dem Burgenland
     die meisten Mittel zur Modernisierung des Weinbaus zugeteilt
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