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Verschwörung beim Heurigen

Titel: Verschwörung beim Heurigen
Autoren: dtv
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hatte.
    »   ... habe es zu Beginn meiner Amtszeit gesagt und wiederhole es heute: Der Wein ist ein wesentlicher Motor unserer Wirtschaft
     und bedarf der besonderen Förderung, wenn wir Arbeitsplätze schaffen wollen und das Wachstum im Blick haben und nur dem Wohl
     der Bevölkerung verpflichtet   ... «
    »Die hat nur ihr eigenes im Blick«, grummelte Maria, und er konnte sich das Grinsen nicht verbeißen. Wahrscheinlich hatte
     sie nicht Unrecht. »Politiker sollten die Zeit bezahlen müssen, in der sie uns mit ihren Werbesendungen vollquatschen   ... «, schob sie leise nach.
    »   ... Das ist der Rückhalt, den Sie, meine lieben Winzerinnen und Winzer, von meiner Regierung brauchen, und darauf müssen Sie
     sich verlassen können – grade wo immer neue Anbieter auf umkämpfte Märkte drängen, nicht zuletzt Australien und Südafrika.
     Die Welt ist vernetzt, wir alle rücken näher. Der Fall des Eisernen Vorhangs hat unserem Burgenland eine Schlüsselstellung
     gegeben, als Vermittler zwischen dem Osten und dem Westen Europas. Wir sind zur Drehscheibe geworden, zwischen dem Süden und
     dem Osten, zwischen dem Balkan und dem Westen, eine Drehscheibe zwischen Italien und Polen sowie der Slowakei   ... «
    »Oh, also darauf will sie hinaus«, rutschte es Maria heraus. »Wir sollen Transitland werden, den gesamten Verkehr wollen sie
     hier durchleiten   ... «
    »Können Sie denn nicht mal die Goschn halten!«, schimpfte |26| jemand hinter ihnen, und Maria war still, aber das grimmige Gesicht blieb.
    »   ... selbstbewusst für unsere Ansichten ein, allerdings werden wir die vorgebrachten Bedenken entsprechend berücksichtigen.
     Ich habe einen engen und vertrauensvollen Kontakt auch zu den Gegnern, und das wird so bleiben, da bin ich ganz zuversichtlich
     – bei gegenseitigem Respekt. Wir müssen lernen, unsere Ansichten und Gefühle wechselseitig zu respektieren, wir müssen uns
     ernsthaft bemühen   ... «
    »Damit meint sie bestimmt nicht sich selbst!«, fuhr Maria dazwischen.
    »Gehen ’S doch raus, wenn ’S das nicht hören wollen«, kam jetzt von links. »Aber bitte stören ’S net weiter.«
    »   ... bei einer kreativen Politik muss der Staat zwar an den richtigen Stellen eingreifen, aber auch an den richtigen Stellen
     wieder loslassen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur so gemeinsam die Ziele erreichen   ... «
    »Fragt sich nur, wessen Ziele«, grollte Maria weiter, diesmal leiser, sodass sich kein Protest mehr erhob.
    »   ... würde ich mich im Namen der Landesregierung freuen, nachher beim Empfang unsere ausländischen Gäste auf ein Glas Wein
     und einen Imbiss begrüßen zu dürfen, und wünsche besonders unseren ausländischen Gästen im Burgenland noch einen angenehmen
     Aufenthalt, gute Geschäfte und allen anderen einen guten und sicheren Heimweg   ... «
    Der Beifall ebbte rasch ab. Maria drehte sich um und kehrte schnurstracks zu ihrem Tisch zurück. »Den Wein liefern wir, kostenlos,
     aber die Frau tut, als wäre er ein Geschenk der Landesregierung. Gehst du zu dem Empfang?«, fragte sie.
    Bevor Carl antworten konnte, kam eine stattliche Frau auf sie zu, die Maria ihm als Karola vorstellte. Sie war Marias beste
     Freundin, Winzerin, und gehörte selbstverständlich zum Kreis der Sieben. Sie betrieb ihre Kellerei in Mörbisch, einem kleinen
     Ort am Neusiedler See, kurz vor der ungarischen Grenze.
    |27| Die rothaarige Frau, etwas älter als Carl, konnte mit Traktor und Pflug sicher zehnmal besser umgehen als er mit seinem Wagen.
     Und genauso war ihr Händedruck. Apropos Wagen   – Carl sah auf die Uhr. Wieso hatte Johanna nicht angerufen? Es war ihm zwar recht, aber ihm wurde mulmig. Sie hätte ihn längst
     abholen sollen. Er nahm sein Mobiltelefon aus der Tasche und stellte fest, dass es eingeschaltet war.
    »Du gehst sicher nicht zu dem Empfang«, sagte Karola zu Maria, die sich daran machte, den Tisch abzuräumen und Flaschen wie
     Prospekte für den Heimweg zu verpacken.
    »Nein, mir tut der Rücken weh, die ganze Zeit stehen, seit 14   Uhr sind wir hier, nein, ich muss morgen früh raus   ... «
    »Wie immer«, stöhnte Karola. »Und wann kommen Sie zu mir?«, wandte sie sich an Carl. »Maria hat mir von Ihren Plänen erzählt.
     Mal sehen, was wir Ihnen beibringen können. Wahrscheinlich werden Sie schneller zum Winzer, als dass ich eine von Ihren Sprachen
     lerne – was war das noch mal? Russisch und   ... «
    »Nein, nein, kein Russisch.« Er
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