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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus
Autoren: Frank Demant
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selbst konnte es noch vermasseln. Glaubte er.
    Doch was dann geschah, hatte es in der Historie von Top-Terroristen und Auftragskillern noch nie gegeben. Wie auf ein Zeichen rannten alle drei Taxikunden ins Foyer, als sei der Teufel persönlich hinter ihnen her. Ein jeder versuchte, dem anderen den Weg abzuschneiden, und kämpfte dabei mit Ellenbogen und ganzem Körpereinsatz. Selbst der in der internen Hierarchie ganz klar oben stehende Milliardär schubste und krallte, daß es eine wahre Pracht war.
    Auf so ein Gehetze und Gewackel war Maxim natürlich nicht eingestellt gewesen. Nicht mal den Bruchteil einer Sekunde hatte er Michailovitschs Haupt im Fadenkreuz gehabt. Die Russen mußten sich offensichtlich mächtig sputen, weil sie sich aus irgendeinem Grunde auf ihrem Weg, den Flieger zurück nach Sankt Petersburg zu erwischen, verspätet hatten. Oder vielleicht hatten sie auch kürzlich erst von drei unerwartet freigewordenen Plätzen in der Spätmaschine erfahren.
    Wie auch immer, Maxim bewahrte einen kühlen Kopf. Den Gewehrlauf hielt er auf die Tür gerichtet. In geschätzter Kopfhöhe von Alexander Michailovitsch. Wenn sie schnell zum Flughafen wollten, müßten sie innerhalb weniger Minuten wieder auftauchen. Und diesmal würde er auf hektische Bewegungen gefaßt sein.
    Doch auch Top-Terroristen sind nur Menschen und machen Fehler. Wäre Maxims Vermutung nämlich richtig gewesen, hätte man doch den Taxler gebeten zu warten. So sollten noch mehrere Stunden ins Land gehen, ehe Maxim wieder zum Gewehr griff. Aber es sollte noch viel absurder kommen. So absurd, wie es nur in Sachsenhausen passieren konnte. Doch davon gleich mehr.
    Herr Schweitzer rieb sich den Schlaf aus den Augen. Seine müden Knochen zeugten davon, daß man gestern vielleicht doch etwas über die Stränge geschlagen hatte. In voller Montur lag er auf der Liege. Die Decke, die ihm Schmidt-Schmitt gestern kurz vorm Einschlafen noch überreicht hatte, lag zu seinen Füßen auf dem nackten Betonboden. Von einer Tanne zwitscherte ein Vöglein seinen Guten-Morgen-Gruß. Einen dicken Kopf hatte er nicht, dafür war die Menge des Apfelweins zu gering gewesen. Keine Sekunde lang dachte der Detektiv daran, daß er sich heute morgen noch die restlichen Piepen von Michailovitsch abholen sollte. Es ging ihm prächtig. Das marokkanische Dope, welches sie sich gestern im Laufe des Tages in Unmengen reingepfiffen hatten und das noch immer nicht ganz abgebaut war, wirkte entspannend wie eine ayurvedische Ganzkörpermassage. Ihm war nach Sex. Schade, daß Maria nicht da war.
    „Ein Joint am Morgen ist besser als altersvorsorgen.“
    Herr Schweitzer erschrak, so überraschend wurde die kontemplative Stille der Schrebergartenidylle von seinem aus dem Nichts auftauchenden Kumpel gestört. Schmidt-Schmitt war aus dem Halbdunkel der Hütte getreten und hielt einen bereits brennenden Joint in der Hand. Aus zweierlei Gründen war der Detektiv nun sehr irritiert. Zum einen kannte er den Oberkommissar bislang lediglich als Gelegenheitskiffer, der allenfalls mal am Abend einen mitrauchte, zum anderen kam es selbst bei Herrn Schweitzer nur alle Jubeljahre mal vor, daß er schon am frühen Morgen gleich nach dem Wachwerden zum Joint griff. „Den Spruch kenne ich aber anders.“
    „Na und! Habe halt meine kreative Ader entdeckt. Guten Morgen, übrigens. Und, was ist jetzt? Willst du oder willst du nicht?“ Schmidt-Schmitt streckte die Hand aus.
    Herr Schweitzer kämpfte mit sich. Es war ein ungleicher Kampf – quasi aussichtslos. „Kann ich wenigstens einen Kaffee vorher trinken?“
    „Kein Problem.“ Der Oberkommissar ging in die Laube und kam mit einer dampfenden Tasse wieder. „Hier.“
    Nachdem die heiße Flüssigkeit wohltuend die Speiseröhre hinuntergerauscht war, sagte Herr Schweitzer: „Über meine Altersvorsorge mache ich mir zwar keine Gedanken …“
    „Aber?“
    „Nix aber. Gib schon her.“ Der Detektiv war schon seit jeher stolz auf seine Flexibilität. Die hält nämlich jung. Nur bei Alten und solchen, die mit dem Leben bereits abgeschlossen hatten, passierte nie was Neues. Und Leben heißt Erleben, so einfach war das bei Herrn Schweitzer. Also pfiff er auf seine Prinzipien und nahm einen verdammt tiefen Zug. Aber nur einen, schließlich war ihm die Wirkung der Wunderwaffe von gestern noch in bester Erinnerung.
    „Wenn du deinen Kaffee ausgetrunken hast, gehen wir Brötchen holen. Bei der Gelegenheit schauen wir noch bei dem Russen vorbei und
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