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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus
Autoren: Frank Demant
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an. Der Eingang des Hotel King lag hell erleuchtet direkt in der Schußlinie. So, wie die Dinge lagen, mußte er damit rechnen, daß Michailovitsch demnächst abreiste. Vielleicht heute abend noch, vielleicht morgen früh. Was sollte er hier auch noch? Allem Anschein nach war sein Versuch, bei Eintracht Frankfurt einzusteigen, mehr als erbärmlich gescheitert. Maxim erwärmte sich bei diesem Gedanken. Gut, daß es Dinge gibt, die man mit Geld nicht kaufen konnte. Doch so rundum glücklich war er nicht. Die Chancen, auftragsgemäß des Russen dicken Doppelgänger zu töten, erachtete er als nicht sehr groß, Michailovitsch brauchte ihn ja nicht mehr. Warum also sollte der hier noch mal auftauchen? Nichtsdestotrotz mußte Blut fließen. Er war doch nicht den weiten Weg von Grosny nach Frankfurt gereist nur wegen einer gescheiterten Entführung. Das war, als ginge man ohne Geschenke zu einer Weihnachtsfeier. Und Michailovitsch hatte seinem Land schon genug Schaden zugefügt. Natürlich wäre Tschetschenien mit dem Tod des russischen Ausbeuters und Imperialisten noch lange keine eigenständige Republik, aber aller Anfang ist ja bekanntlich schwer. Außerdem, so zitierte er nun seinen Chef Albert, ist der Kampf die Gesetzmäßigkeit des Lebens. In Echt war das aber von Heraklit, und nicht vom Oberterroristen.
    Da Maxim nicht wußte, wann Michailovitsch nun wirklich abreiste, hatte er sich darauf eingestellt, die Nacht in der Ruine zu verbringen. Ohne Schlaf. Er ging davon aus, nur noch eine oder zwei Möglichkeiten eines gezielten Todesschusses zu haben. Die wollte er sich nicht entgehen lassen. Wie gesagt, Weihnachten ohne Geschenke …
    Bei Herrn Schweitzer und Kumpel Schmidt-Schmitt wurd’s indessen heftig. Aus ausgeklügelten taktischen Gründen hatte man sich in einem kleineren Nebensaal des Eichkatzerls ausgebreitet. Vorne hatte es viel zu viele bekannte Schnapsdrosseln, als daß man in Ruhe hätte dummbabbeln können. Der Detektiv und der Oberkommissar hatten durch den Joint eine gemeinsame Bewußtseinsebene erreicht, die anderen Sachsenhäuser Dummbabblern, die lediglich dem Ebbelwei frönten, schleierhaft sein würde. Nicht daß sich die beiden Ebbelwei versagten, ganz im Gegenteil, man war inzwischen beim dritten Bembel angelangt, und dabei war es erst sieben Uhr dreißig. Gestärkt hatten sie sich zwischendurch mit je zwei Tellern der legendären Frankfurter Soße. Im Prinzip hätte je einer gereicht, aber die Joints suggerierten, man käme gerade aus der Hungerhaft – vier Monate bei Wasser und einer Scheibe Brot täglich. Daß es mehrere Joints geworden waren, lag daran, daß Herr Schweitzer alle naslang einen neuen drehte, geradenwegs so, als habe er etwas aufzuholen. Bei näherer Betrachtungsweise stimmte das sogar. Da sie die einzigen in dem kleinen Raum waren, griff auch das offizielle Rauchverbot nicht. Zumindest nicht offiziell. Und inoffiziell war’s aufgehoben respektive man hatte es intern aufgelockert, was marokkanisches Hasch betraf.
    „Ich dreh dann mal noch einen“, bestimmte Herr Schweitzer.
    „Noch einen?“ wurde es Schmidt-Schmitt langsam mulmig.
    „Das wird nicht der letzte sein, Hombre, nicht der letzte …“
    „Denk ich mir. So eine Geiselhaft ist ziemlich scheiße, oder?“
    „Ziemlich.“ Herr Schweitzer verteilte bröselnd das Zeug auf dem Zigarettenpapier. „Da kannste ziemlich einen drauf lassen. Den lieben langen Tag lang nüchtern. Es müßte ein Gesetz geben, das Kidnapping ohne Dope und Ebbelwei verbietet.“
    „Was macht dann aber der Kölner? Der mag doch keinen Apfelwein. Kriegt der dann Kölsch während der Haft?“
    Herr Schweitzer legte den Kopf schief und dachte nach. „Kein vernünftiger Entführer entführt Kölner. Hast du die schon mal babbeln hören? Was heißt babbeln? Die schreien ja nur. Ich sag dir mal was“, er rückte dem Oberkommissar auf die Pelle, „wer Kölner entführt, ist selber schuld.“
    Auch Schmidt-Schmitt überlegte eine Weile, ehe er erwiderte: „Sachsen tät ich auch nicht entführen.“
    Der Detektiv fuhr mit einem „Ouuuh weia“ dazwischen.
    „Sachse – die tun ja net ma richtisch Hochdeutsch könne. Tun die net“, erklärte der Polizist. Er schüttelte seinen Kopf mit den mittlerweile geröteten und glasigen Augen.
    „Alles klar bei euch?“ tönte es von der Tür her. Es war Helmut, der Wirt, der den Nachschub sicherstellen sollte. Das hatte Herr Schweitzer ihm so aufgetragen.
    „Alles klar. Aber“, der Detektiv
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