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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit
Autoren: Kate Wilhelm
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die Polizei nicht lange auf sich warten lassen würde; der Computer seines Vaters würde beschlagnahmt, sein Vater würde eine Strafe aufgebrummt bekommen, und der Sohn würde vor den Jugendrichter geführt. Das, was sein Vater daraufhin unternehmen würde, fürchtete er noch mehr als die Polizei. Das erste, das er jedesmal eingab, wenn er sich zu einem fremden Computer Zugang verschaffte, waren die ESCAPE-Schritte, und das hatte er im Fall von Big Mac vor drei Wochen ebenfalls gemacht.
    Während dieser drei Wochen hatten er und Big Mac sich allerlei Angriffs- und Verteidigungsmanöver und Gegenangriffe mit schwindelerregender Beschleunigung ausgedacht, und jetzt hatte er die Macht über den Computer, und das wußten sie beide. Und heute abend hatten die Wissenschaftler beschlossen, Überstunden zu machen oder eine Frühschicht einzulegen, je nachdem. Es reichte nicht, zu gewinnen; Big Mac mußte wissen, daß er geschlagen worden war. Ich bin Sieger, gab er so schnell ein, wie er mit zwei Fingern die Tasten drücken konnte. Dir bleibt eine Sekunde, mich zu finden und zu feuern. Dann gilt das Programm für Alarmstufe 1.
    Auf dem Bildschirm erschien nichts mehr, das Spiel war vorbei. Er wischte sich die Hände am Hemd ab und lehnte sich schwer atmend in seinem Stuhl zurück. Das war knapp. Aber er hatte den Mistkerl geschlagen, das wußte er, und Big Mac wußte es auch, auch wenn er es nicht bestätigt hatte. Ganz am Anfang hatte er den Computer gefragt, ob er jede Spur seines Eindringens löschen könnte, und er konnte es bis hin zu seiner Codesprache, und jetzt war er aus der Sicht des Computers tot. Nicht nur tot, sondern vollkommen vergessen, als ob er niemals existiert hätte. Er wußte nicht, wo Big Mac war oder für wen er arbeitete noch sonst irgend etwas; er hatte es nie gewußt. Die einzige Frage, die er jedesmal stellte, lautete, ob es sich um einen staatlichen Computer handelte, und Big Mac hatte das verneint. Wenn er ja gesagt hätte, wäre er sofort ausgestiegen. Er hatte genügend Filme gesehen, um die Gefahr zu kennen, die dort lauerte, und er war überzeugt, wenn das FBI einmal hinter einem her war, würde es niemals locker lassen. Doch jetzt war das Spiel zu Ende, und Big Mac hatte zu guter Letzt noch gemogelt. Als Hot Dog gefragt hatte, was er tun würde, wenn sich der Herr der Außerirdischen ihm näherte, hatte er geantwortet: Den modifizierten Laser abfeuern und ihn auslöschen. Und das war gemogelt, sagte sich der dickliche Junge zufrieden. Nach den Regeln war der Herr der Außerirdischen unsterblich, er konnte sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen und war unverwundbar. Big Mac hatte gemogelt. »Und wer mogelt, kann nicht gewinnen«, sagte er. Einen Moment lang überlegte er, was die Wissenschaftler von den mathematischen Formeln halten mochten, die Big Mac hervorgebracht hatte. Er grinste. Es konnte ihm egal sein. Er war der Herr der Außerirdischen, und er hatte die Erde besiegt.
     
    In dem Labor schwenkte der Computer die Vorrichtung herum, auf der der Laser angebracht war, und feuerte, wie befohlen. Eine Stoßwelle von Energie ließ die zentrale Anlage und ein Dutzend von angeschlossenen Computern durchbrennen. Durch die Wucht wurden Lichtstrahlen zu Bogen, sie flackerten, blitzten und erloschen. Der Geruch nach geschmolzenem Isolationsmaterial strömte von allen Wand- und Deckenverkleidungen der drei Stockwerke des Gebäudes aus. Innerhalb einer Sekunde war der Notgenerator in Betrieb, doch in dem Raum, wo Big Mac in aller Stille und sehr schnell und wirkungsvoll alle Spuren von Hot Dog und dem Spiel, das sie gespielt hatten, beseitigt hatte, war inzwischen das Inferno ausgebrochen. Doch alle Dialoge, alle Befehle, die Modifikation des Lasers, jedes Wissen von dem Spiel waren gelöscht.
     
    Als Lauren ihren Kaffee ausgetrunken hatte und sich anschickte, das Restaurant zu verlassen, hatte sie einen Entschluß gefaßt. Peter müßte ihr Patienten mit echten Beschwerden geben, oder sie würde kündigen. Was konnte sie für Leute tun, die ihren Job haßten, da sie doch selbst den ihren haßte? – würde sie als Argument anführen. Und sie hatte sich darauf vorbereitet, Menschen zu helfen, die sich aufgrund gestörter Beziehungen in einer emotionalen Zwangslage befanden, und nicht aufgrund von unbefriedigender Plackerei am Arbeitsplatz. Natürlich litten diese Menschen unter ihrem Problem. Doch was konnte sie für sie tun? Ihnen vielleicht Jobs beschaffen, die ihnen mehr
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